Bügelmaschinen und Fixierpressen

 

und ihr Einsatz in der Oberbekleidungs-Industrie

 

Manuskript einer Vorlesung, gehalten 1987 im Rahmen eines Lehrauftrages an der

Universität Hannover

 

von Dipl.-Ing. Horst Wiethüchter

 

 

Seit 1987 wurde dieses Manuskript nicht mehr gepflegt, diente jedoch als Grundlage einer Loseblatt–Sammlung von Schriften, der m. E. einzigen Form, in der sich Informationen über dieses Sachgebiet einigermaßen aktuell halten lassen. Die folgende Liste stellt gegenüber:

 

Inhaltsverzeichnis von 1987:                                            Aktuelle Informationsschriften:

 

1                Begriffsbestimmungen                                    Begriffe    

 

2                Der Bügeleffekt                                               

2.1             Anforderungen

2.1.1          Wölben

2.1.2          Falten

2.1.3          Glätten

2.2             Einflußgrößen

2.2.1          Materialeigenschaften

2.2.2          Vorbehandlungen

2.2.2.1      Warenfeuchte

2.2.2.2      Vorangegangene Bügelarbeiten

2.2.3          Bügelfaktoren

2.2.3.1      Kraft                                                                   Flächenpressung

2.2.3.2      Temperatur                                                       Wasserdampf

2.2.3.3      Feuchtigkeit

2.2.3.4      Stabilisierung des Bügeleffektes                   Vacuum

 

3                Konstruktiver Aufbau von

                   Oberbekleidungs-Bügelmaschinen

3.1             Formplatten

3.1.1          Gestalt

3.1.2          Beheizung                                                         Vapor

3.1.3          Kondensat-Ableitung                                       Condens, UM74(1)

3.1.4          Dämpf-Ventile

3.1.5          Absaug-Ventile                                                 EP427, EP428

3.1.6          Blasventile

3.1.7          Bezüge                                                              Textil

3.2             Antrieb

3.2.1          Kraft-Weg-Diagramm

3.2.2          Muskelkraft

3.2.3          Preßluft-Antrieb                                                Pneumatic, Preßluft

3.2.4          Luft-Verbrauch

3.3             Bauarten                                                           Bauarten

3.3.1          Klapparm-Bauart                                             MA S Function

3.3.2          Linear-Antrieb

3.3.3          Zirkular-Linear-Antrieb

3.3.4          "Schubladen"-Bauart

3.3.5          Zeitanalyse                                                       Leistung

3.3.6          180°-Karusselle                                               MA C/A Function

3.3.7          120°-Karusselle

3.4             Entlade-Geräte

3.4.1          Problemstellung

3.4.2          Lösungsbeispiel

3.4.3          Weitertransport

3.5             Steuerung

3.5.1          Aufgabe

3.5.2          Zeitschaltuhr

3.5.3          Programmkarte

3.5.4          Mikro-Computer                                               MA Prospect

3.5.5          Ausblick

3.6             Sicherheitseinrichtungen                                Secur

3.6.1          Schutzverkleidungen

3.6.2          Hand-Folgeschaltung

3.6.3          Schutzeinrichtungen mit

                   Annäherungs-Reaktion

3.6.3.1      Sicherheitsrahmen

3.6.3.2      Druckwellen-Leiste

3.6.3.3      Lichtschranke

 

4.               Marktübersicht

                   Oberbekleidungs-Bügelmaschinen

4.1.            Ordnungs-Gesichtspunkte

4.1.1.         Art des zu bügelnden

                   Kleidungsstückes

4.1.2.         Zone

4.1.3.         Arbeitsgang

4.1.4.         Mengen-Leistung

4.2             "Großstücke":

                   Sakkos, Kostümjacken und Mäntel

4.2.1          Rücken

4.2.1.1      Dressieren

4.2.1.2      Nähte ausbügeln

4.2.1.3      Fertigbügeln                                                     Rumpf fertig

4.2.2.         Vorderteile                                                        Vorderteile vorbügeln

4.2.2.1      Nähte ausbügeln

4.2.2.2      Vorbügeln

4.2.2.3      Fertigbügeln                                                     Rumpf fertig

4.2.3.         Kanten                                                               Kanten

4.2.3.1      Nähte ausbügeln

4.2.3.2      Pressen

4.2.4.         Taschenpatten                                                 PTS Prospect, PTS Function

4.2.5.         Ärmel                                                                 Ärmel

4.2.5.1      Vor dem Einsetzen      

4.2.5.1.1   Konventionelles Verfahren

4.2.5.1.2   "Schildkröten"-Verfahren

4.2.5.1.3   "Röllchen" vorbügeln

4.2.5.2      Nach dem Einsetzen

4.2.5.2.1   Armkugelnaht ausbügeln

4.2.5.2.2   Anbügeln

4.2.5.2.3   Nachbügeln

4.2.6.         Schultern                                                           Schultern

4.2.6.1      Nähte ausbügeln

4.2.6.2      Vorbügeln

4.2.6.3      Fertigbügeln

4.2.7          Kragen                                                               Kragen und Revers

4.2.8          Revers

4.2.8.1      Sakkos und Herrenmäntel

4.2.8.2      Kostümjacken und Damenmäntel

4.3             Hosen

4.3.1          Beine

4.3.1.1      Dressieren                                                        Dressieren

4.3.1.2      Nähte ausbügeln

4.3.1.3      Säume vorbügeln                                            HUS Prospect, HUS Instruct

4.3.1.4      Fertigbügeln                                                     HBein fertig

4.3.2          Bunde                                                                Wilhelm Busch, MA Sequence

4.4             Röcke                                                                Röcke

4.4.1          Markieren

4.4.2          Nähte ausbügeln

4.4.3          Fertigbügeln

4.5             Krumpf-Prüf-Bügelmaschine

 

5                Sonstige Bügelgeräte

5.1             Manuelle Bügelgeräte  

5.1.1          Dampfbügeleisen                                             DD / DB BT

5.1.2          Elelektro-Dampf-Bügeleisen

5.1.3          Bügeltische                                                       DD / DB BT

5.2             Finish-Geräte                                                   Finisher

5.2.1          Kragen-Dämpfapparat

5.2.2          Ärmelbläser

5.2.3          Hosen-Topper

 

9                Literaturverzeichnis

 

                   Das Kapitel

 

6                Fixieren

6.1             Aufgabe

6.2             Verbindungs-Techniken

6.2.1          Nähen

6.2.2          Kleben

6.2.2.1      Kleber

6.2.2.2      Beschichtungsformen

6.3             Fixierpressen

6.3.1          Heiz-Systeme

6.3.1.1      Widerstandsheizung

6.3.1.2      Hochfrequenz-Heizung

6.3.2          Preßkraft-Erzeugung

6.3.3          Bauarten

6.3.3.1      Klapparm-Bauart

6.3.3.2      Schiebetisch-Bauart

6.3.3.3      Transfer-Straße

6.3.3.4      Durchlauf-Presse

6.3.3.5      Ausblick

 

                   wurde, da der Verfasser sich auf diesem Sachgebiet nicht für kompetent hält, in der Vorlesung nur auf ausdrücklichen Wunsch des Lehrstuhls behandelt und hier nicht gedruckt. Die Abschnitte

 

7                Versorgungs-Aggregate  

7.1             Dampfkessel

7.2             Absaug-Ventilatoren                                       VG

7.3             Kompressoren                     und

 

8.1             Dampfleitung                                                    Installation         

8.2             Kondensatleitung                                            

8.3             Absaugleitung                                                 

8.4             Preßluftleitung

 

                   waren geplant, wurden aber aus Zeitmangel nicht ausgeführt.


1       Begriffsbestimmungen

Unser Thema umfaßt 2 Komponenten, nämlich die Bügelmaschinen einer­seits und die Fixier­pressen andererseits, die miteinander ver­klam­mert werden durch gewisse konstruk­tive Gemein­sam­keiten und durch den Ort ihres Ein­satzes, nämlich den Oberbekleidungs-Industrie­betrieb. Um Klar­heit über dieses Sachgebiet zu gewinnen, bedarf es vorab der Klar­heit der Begriffe. Grenzen wir zunächst das Thema ab gegenüber seinen Nachbar­gebieten. Nicht behan­deln  wer­den wir

 

1.1    Haushalts-Bügelmaschinen

Ebenfalls nicht zum Thema gehören

 

1.2    Wäsche-Pressen

die zwar mit Oberbekleidungs-Bügel­maschinen gewisse konstruktive Gemein­­­sam­keiten haben, sich aber aufgrund des andersartigen Bügelgutes und der daraus resultierenden Aufgabenstellung beträchtlich von ihnen unter­­scheiden. Kurz befassen werden wir uns allerdings mit

 

1.3    manuell betätigten Bügelgeräten

die zwar keine Maschinen, oft aber zu ihrer Ergänzung unabdingbar sind und manchmal eine erwägenswerte Alternative zu ihnen dar­stellen. Streng genommen gehören auch

 

1.4    Finisher

nicht zum Thema. Unter diesem „neudeutschen“ Begriff verstehen wir Geräte, die mit Bügelma­schinen zwar den Zweck und einige technische Details gemein haben, denen aber ein ganz anderes Funktions-Prinzip zugrunde liegt. Wir werden einen kurzen Blick auf sie werfen, um den Standort der Bügelmaschinen im Markt besser zu lokalisieren.

 

Die Entscheidung, was denn zum Thema gehört und was nicht, hängt natür­lich entscheidend davon ab, wie wir Bügeln und Fixieren denn defi­nieren.

 

1.5    Bügeln

ist das Umformen textiler Flächengebilde im heißen und feuch­ten Zu­stand durch Pressen zwi­schen formbestimmenden Platten.

 

Die Bezeichnung „textiles Flächengebilde“ wirkt etwas gespreizt (und schließt streng genommen Leder, das ja auch gebügelt wird, noch nicht einmal mit ein), doch ist es wohl schwierig, als Ober­begriff für Gewebe, Gewirke und Vliese eine bessere zu finden.

 

Der Begriff „Umformen“ selbst ist in DIN 8580 definiert als Fer­tigen durch bild­sames (plastisches) Ändern der Form eines festen Körpers. "Fest" ist in diesem Zusammenhang zu verste­hen als Gegen­satz zu "gas­förmig" oder "flüssig", nicht als "starr" oder "steif", denn die Materialien al­ler Klei­dungs­­stücke sind zwar "biege­­schlaff", aber doch eben fest!

 

Nach dem Ergebnis des Umformvorganges lassen sich Bügelarbeiten wei­ter unterteilen in

 

1.5.1 Glätten

Durch diesen Arbeitsgang werden unerwünschte Knitterfalten besei­tigt. Typisches Beispiel ist das Fertigbügeln der Rümpfe von Regen­mänteln.

 

     Das Gegenteil davon ist

 

1.5.2 Falten,

     die gewollte Erzeugung einer Falte oder eines "Bruches", z.B. in einem Hosen­­bein.

 

1.5.3          Wölben

Während man Glätten und Falten als 2-dimensionale Probleme betrachten kann, muß man viele Bügelarbeiten als 3-dimensionale Auf­gaben angehen: die Erzeugung oder Bewahrung einer räumlichen Wöl­bung. Textile Flächen­ge­bilde sind in ihrem Ausgangszustand eben, die aus ihnen gefertigten Kleidungs­stücke hingegen sollen den 3-dimen­sionalen menschlichen Kör­per umhüllen. Der hat (glück­licherweise ?) kaum zylindrische, kegelige oder prisma­tische Oberflächenbereiche, die sich ohne weiteres in die Ebene abwickeln ließen. Gerade die kritischen und interessanten Zonen eines Kleidungs­stückes lassen das nicht zu. Um die für sie erfor­derlichen räumlichen Wöl­bungen zu erzeu­gen, müssen bestimmte Fasern ver­kürzt oder verlängert werden gegenüber ande­ren, die am ebenen Aus­gangs­­material gleich lang sind. Grundsätzlich gibt es dafür 2 Möglich­keiten: Abnäher oder Dressur.

 

1.5.3.1 Abnäher

Arbeitet man mit Abnähern, so besteht das Bügeln darin, die von ihnen erzeugte Wölbung, die der Schneider auch als "Länge" oder "Weite" be­zeich­net, zu verteilen, zu egalisieren, harmonisch in angrenzende Berei­che übergehen zu lassen. Als Beispiel sei das Bügeln eines durch Abnäher gewölbten Vorderteiles genannt.

 

1.5.3.2 Dressur

Wo Abnäher aus ästhetischen oder fertigungstechnischen Gründen nicht angezeigt sind, lassen sich Längendifferenzen zwischen ursprüng­­lich gleich langen Fasern dadurch erzielen, daß man einen Teil von ihnen einer Zugspannung unterwirft, die ihre Streckgrenze überschreitet. Dadurch kommt es über die - zurückspringende - elastische Dehnung hinaus zu einer bleibenden Faserver­längerung und damit zu einer räumlichen Ver­formung des ursprünglich ebenen Werkstückes. Typi­sches Beispiel für diesen als "Dressieren"  bezeich­neten Umformvorgang ist die Erzeugung der für das Schul­ter­blatt benötig­ten Wölbung im Rücken eines Sakkos.

 

1.5.4          Stauchen

Die gegenläufige Operation, nämlich Fasern eines Werkstückes durch Stau­chen zu ver­kür­zen statt zu dehnen, ist nur in sehr beschränk­­tem Aus­maß möglich. Dazu müßten sie nämlich einer Druck­spannung aus­gesetzt werden, und da Textilien nur eine mini­male Biegesteifigkeit besitzen, weichen sie einer Druck­spannung durch Ausknicken aus, was leicht zu unerwünschten Falten führt. Das "Kurzbügeln" der "Länge" rings um die oben schon erwähnte Schul­­ter­blatt-Wölbung herum ist ein Bei­spiel eines Stauchvor­gan­ges.

 

1.6    Fixieren

- präziser das Klebe-Fixieren - schließlich ist eine in der Beklei­dungs-Industrie ange­wandte Technik, die mit dem Bügeln gemein hat, daß textile Flächengebilde zwischen heißen Platten gepreßt werden; der Unterschied beider Verfahren liegt in ihrer Zielsetzung: das Fixieren dient nicht der Umformung, sondern der Verbindung zweier oder mehrerer textiler Schich­ten mittels eines Klebers, ist also ein Füge-Verfahren.

 

2       Der Bügeleffekt

2.1    Anforderungen

Bügeln muß seinen Aufwand an Zeit, Energie und Kapi­tal durch sein Ergeb­nis recht­fertigen: ein wohlgestaltetes, schön anzusehendes und anzu­­­­fühlendes Kleidungsstück, das sein gutes Aussehen auch bei inten­siver Trage-Beanspruchung möglichst lange behält. Was aber ist "schön"? Wie kann man diesen subjektiven Begriff objek­ti­vieren und quanti­fi­zie­ren?

 

2.1.1 Wölben

Die Frage, ob durch wölbendes Bügeln eine gewollte Form erzielt wurde, ist nicht exakt zu beant­worten, da die Werkstücke nicht geometrisch definiert sind. Deshalb kann man meistens weder Soll-Maße vorgeben noch die beim Bügeln erzielten Ist-Werte nach­messen, wie es auf fast allen ande­ren Gebie­ten der Ferti­gungs­technik möglich und üblich ist. Immer­hin werden sich erfah­rene Fachl­eute darüber verständigen können, ob z.B. ein dressier­ter Rücken die nötige "Länge" gewon­nen hat, wenn­gleich dieser Ent­schei­dung schon ein gut Teil Subjektivität anhaftet.

 

2.1.2 Falten

Wenn durch Bügeln Falten erzeugt werden, so kann man deren "Güte" mit einer zwar mühsa­men, aber objek­tiven Meßmethode ermitteln, die am Deutschen Woll­forsch­ungs-Institut e.V. an der Technischen Hochschule Aachen erarbeitet und in [9.1] beschrieben wurde:

 

Als Gütekriterium eines erzeugten Bruches zieht man den Winkel heran, der zwischen einem Schen­kel der Falte und der Ausgangsebene dauerhaft verbleibt; die ideale Bügel­falte ist durch einen Winkel von 180° charak­terisiert, der ungefaltete Stoff hat den Winkel 0°.

 

Der Begriff "dauerhaft" muß relativiert werden. Welcher Falten­winkel  unter welchen Bedin­gungen auch immer erzielt wird, er ver­min­dert sich allein durch Lagerung bei Normalklima innerhalb der ersten 24 Stunden beträcht­lich und bei weiterer Lagerung bei 80 % relativer Luft­feuchte und 22 °C in den folgenden 24 Stunden noch weiter. Bei totaler Durchfeuchtung, z.B. durch 15-minütiges Ein­legen in ein Wasserbad mit Benetzungsmittel, bleibt von der Falte wenig über. Trivialer ausge­drückt: wenn die Hose ein­mal "quatschnaß" wurde, ist ein Aufbügeln fällig!

 

2.1.3 Glätten        

Ob ein Kleidungsstück durch Bügeln geglättet, d.h. von uner­wünsch­ten Fal­ten befreit wurde, ver­mag selbst ein Laie mit bloßem Auge recht ein­fach zu beurteilen. Ein Dilemma liegt hier nur in der Ta­t­sache, daß die gleichen Bügel­faktoren, die sowohl zum Falten als auch zum Glätten not­wendig sind, an bestimmten Stellen des gebü­gel­ten Berei­ches neue, uner­wünschte Uneben­­­heiten her­vor­rufen. Man denke an die Markierungen, die überall dort an einem Werk­stück entstehen, wo dessen Dicke sich sprunghaft ändert: an Nähten, Pat­ten, Schlit­zen, Säumen, Aufschlägen etc.

 

Glättung bewirkt in der Regel zwangsläufig auch eine Verminderung der Stoff­dicke. Diese könnte man zwar nach DIN 53855 messen, doch bringt das wenig, da die Verringerung der Dicke allein für das gute Erschei­nungs­bild des Werkstückes ohne Belang ist.

 

Von weitaus größerer Bedeutung ist die damit Hand in Hand gehende Ver­än­de­rung des "Glan­zes" der Stoffoberfläche. Einerseits ist Glanz neben den bereits erwähnten Markierungen als Bügel­fehler gefürch­tet; ande­rer­seits wird in der Textilausrüstung ein ganzer Arbeits­gang, nämlich die Dekatur auf­ge­wandt, um der Ware Glanz zu ver­leihen. Wie verträgt sich das mitein­an­der? Bevor diese Frage beant­wortet wer­den kann, müssen wir uns zunächst darüber klar wer­den, was Glanz denn ist.

 

Textilien werfen wie jeder andere feste Körper darauf fallen­des Licht zumindest teilweise zurück. (Wenn das nicht so wäre, könnte das Auge sie ja nicht sehen!) Stoffoberflächen besitzen von Haus aus eine gewisse Rauhigkeit; sie wirken optisch "matt", weil sie so struk­turiert sind, daß sie das ein­fallende Licht annähernd gleichmäßig in alle Rich­tungen reflek­tieren. Wenn textile Oberflächen aber durch zuvor erlittene Flä­chen­pres­sun­gen oder Verschleiß ein­ge­­ebnet sind, wenn insbesondere ihr aus vielen klei­nen Fäserchen gebildeter Flor nicht mehr vorhanden oder niedergewalzt ist wie ein Getrei­­de­feld nach Hagelschlag, verhalten sie sich ähnlich wie ein Spie­gel: sie reflektieren das einfal­lende Licht in bestimmte bevorzugte Rich­­tun­gen stärker als in andere (zur Erinnerung: ein­fallender und reflek­tierter Strahl liegen in der gleichen Ebene wie das Einfallslot und bil­den mit diesem gleiche Winkel). Diese Erschei­nung empfindet das mensch­­­liche Auge als "Glanz".

 

Mit dem Gonio-Photo­meter der Fa. Zeiß kann er gemessen werden; wie ein gemes­sener Wert zu beurteilen ist, steht auf einem anderen Blatt: ob er als will­kommener Veredelungs­effekt oder aber als unan­ge­neh­me Beein­­träch­tigung des ästhetischen Eindrucks zu bewerten ist, hängt erstens von sei­ner Inten­si­tät ab und zwei­tens davon, ob er sich gleich­mäßig auf dem gesam­­­ten Kleidungs­stück zeigt.

 

Wenn Glanz beim Bügeln entsteht, dann überwiegend dort, wo das Klei­dungs­­stück Verdickun­gen aufweist, die zu ungleichmäßiger Ver­tei­­­­lung und damit in bestimmten Bereichen zu einer Über­schrei­tung der zulässigen Flächen­­pressung führen. Bügelglanz ist deshalb immer ungleich­mäßig über die Werkstückoberfläche verteilt, wird deshalb als unschön empfunden und muß folglich ver­mie­den werden.

 

Wenn man ein wohlgeformtes, ausschließlich gewollte Falten auf­wei­sendes, an­son­sten glattes, glanz- und markierungs­freies Klei­dungs­stück herstellen will, muß man die für das Bügeln rele­van­ten

2.2    Einflußgrößen 

kennen. Diese auf ein optimales Bügelergebnis hin zu steuern hat der Bekleidungs-Betrieb nur zu einem Teil in der Hand. Oft haben Markt-, Mode- oder Preiserwägungen Vorrang.

 

     Nicht beeinflussen (außer durch seine Entscheidung, eine bestimm­te Ware garnicht erst einzu­kau­fen) kann der Kleiderfabrikant all das, was seine Vor­liefe­ranten, der Spinner, Weber und Aus­rü­ster bereits festgelegt haben, nämlich die

 

2.2.1 Materialeigenschaften

Immerhin hat er Kenntnis oder kann sie sich verschaffen über

 

2.2.1.1        Fasersubstanz(en): Wolle, Baumwolle, Leinen, Seide, Synthetics

2.2.1.2        Faser-Mischungs-Verhältnis: jeweils von 0 bis 100 %

2.2.1.3        Garn-Zwirnung

2.2.1.4        Garndicke

2.2.1.5        Gewebebindung

2.2.1.6        Stoffdicke

2.2.1.7        Flächengewicht

2.2.1.8        Färbeverfahren, insbesondere den dadurch bedingten ph-Wert

2.2.1.9        Ausrüstung

 

Dabei darf die Frage auf sich beruhen, ob eine Dekatur die Materialeigen­schaf­ten verändert  oder nicht schon zu den

 

2.2.2          Vorbehandlungen

zu zählen ist, auf die der Bekleidungs-Betrieb nur begrenzten Ein­fluß hat:

 

2.2.2.1      Warenfeuchte

Die in [9.1] und [9.2] beschriebenen Unter­such­ungen haben gezeigt, daß die Stabilität des erziel­ten Bügeleffektes bei rein syn­the­tischen Fasern nicht von deren Feuchtegehalt abhängt. Das leuch­tet ein, da diese Fasern über­haupt keine Feuchtigkeit aufnehmen. Bei Geweben aus reiner Wolle hinge­­gen ist der Bügeleffekt dann am stabilsten, wenn die Ware zuvor eine Feuch­­tigkeit von ca. 20 % hat. Nur - wem nützt diese Erkenn­tnis? Eine so hohe Warenfeuchte ist nämlich nur durch Be­sprühen mit Wasser zu erzie­len, einen Arbeits­gang also, den man wohl bei Laborversuchen, nicht aber in der industriellen Praxis auf­wen­den kann.

 

Ein recht stabiler Effekt wird auch noch erzielt, wenn die Aus­gangs-Feuchte etwa 11,5 bis 12,9 % beträgt. Dazu bedarf es allerdings einer vorhergehenden Lagerung bei 65 bzw. 80 % rela­tiver Luftfeuchtigkeit. Selbst wenn nun eine Kleiderfabrik in der Lage ist, ihre Stoffballen in opti­malem Klima zu lagern, so hat der für die Fertig-Bügelei Verant­wort­liche damit allein noch wenig gewon­nen; denn bis die Werkstücke in seine Obhut gelan­gen, sind sie mindestens einige Tage lang dem Klima ausgesetzt gewe­sen, das in den Produktions-Räumen eben herrscht und primär natür­lich auf die Bedürf­nisse der dort arbeitenden Menschen und nicht des verar­bei­­teten Materials abge­stimmt ist. Deswegen muß es dem Produkt ja nicht unzu­träg­lich sein, nur kann es eben nicht nach techno­lo­gischen Gesichts­punkten beein­flußt werden.

  

2.2.2.2 Vorhergegangene Bügelarbeiten

können selbstverständlich das Ergebnis darauf folgender beein­flussen, z.B. dadurch, daß nach einem Dressier-Arbeitsgang innere Spannungen im Gewebe verbleiben, die sich erst im nächsten Bügel-Prozeß abbauen. Weiter­­hin: die Warenfeuchte, mit der ein Werk­stück eine Bügelmaschine verläßt, plus die Feuchtigkeit, die es anschließend aus der Umgebung auf­nimmt (bzw. minus derje­nigen, die es an sie abgibt), ergeben seine Anfangs-Feuchtigkeit für den folgenden Bügelarbeitsgang. Der für die Bügelei Verantwortliche muß sich bewußt sein, daß es diese Einflüsse gibt; aus­schalten oder zugunsten eines möglichst guten Endergebnisses beein­flussen kann er sie nicht.

 

Wirklich in der Hand hat der Bekleidungs-Betrieb nur die

 

2.2.3          Bügelfaktoren

mit denen er seine Bügel­maschinen auf seine Werkstücke einwirken läßt: Kraft, Temperatur und Feuchtigkeit. Sicherlich hängen diese im fol­gen­den zu analysierenden Bügelfaktoren sowohl in ihrer Höhe als auch in ihrer Dauer von den vorgegebenen Einflußgrößen ab; präziser: jeder von ihnen ist eine Funktion mehrerer Variablen. Es fragt sich nur, ob diese Funktionen mathe­­ma­­tisch dar­stell­bar sind, etwa als Gleichungs-Paare in der Form

 

     Gb    =       Größe d. Bügelfaktors   b       =       f1      (Materialeigenschaften, Vorbehandlungen)

     Tb     =       Dauer d. Bügelfaktors   b       =       f2      (Materialeigenschaften, Vorbehandlungen)

 

Gleichungs-Paare, nämlich je eine für die Höhe und die Dauer jeder Einflußgröße müß­ten es schon sein. Mit der pauschalen Kenntnis etwa des Produktes Gb * Tb wäre uns nämlich noch immer nicht gedient. Es bedarf wohl keines Beweises, daß man die Einwirkdauer z.B. der Tempera­tur nicht beliebig dadurch verkürzen kann, daß man sie selbst entsprechend herauf­setzt.

 

Unsere Frage, ob es Formeln gibt, mit denen man aus den vorgege­benen Daten das in der Bügelei zu Tuende errechnen kann, hat Hamlet sicherlich nicht beantworten wollen, als er von einem "Ziel, auf’s Innigste zu wün­schen" sprach, doch hat er damit das Problem treffend beschrieben. Leider trennen uns, wie wir sehen wer­den, von dessen Lösung noch Welten!

 

Wenn das Ideal, die mathematische Gleichung, nicht erreichbar ist, muß man einen Pflock zurück­stecken und fragen, ob die nötigen Aussagen denn nicht empirisch erarbeitet und in Form von Tabellen und/oder Kurven nieder­gelegt werden können. Wozu haben unsere Computer schließlich Massen­speicher?

 

Viele Köpfe haben sich an dieser Aufgabe ver­sucht, u.a. die Verfas­ser von [9.1] und der dort genann­ten Literatur. Wichtige Erkennt­nisse wurden gewonnen, doch ein auch nur annähernd erschöpfendes Aus­kunfts­werk ist bis heute nicht verfügbar. Das kann auch nicht verwun­dern, wenn man ein­mal versucht, auch nur in gröbster Annähe­rung den zu erwartenden Umfang einer solchen Datenbank abzuschätzen: in 2.2.1 wurden ohne Anspruch auf Vollständigkeit 9 Einflußgrößen genannt; die Warenfeuchte nach 2.2.2.1 ist die zehnte. Rechnet man die Art des Bügelarbeitsganges (Naht-Pressen, Dressieren, Fertigbügeln etc.) als elfte Einflußgröße und unter­stellt, daß jede von ihnen auch nur 5 verschiedene Werte annehmen kann, so ergäben sich

 

511 =  48.828.125 Kombinationen!

 

Für jede müßte etwas ausgesagt werden über Größe und Dauer von 3 Bügel­faktoren. Die Zahl der daraus resultierenden, sich voneinander unter­schei­denden und in der Praxis wirklich benötigten Bügel­pro­gramme wäre aller­dings nur ein lächerlicher Bruchteil davon.

 

Doch nicht nur die schiere Zahl steht dem Wunsch nach einem uni­ver­salen "Bügel-Kochbuch" ent­gegen, auch das stete Kommen und Ver­schwin­den modischer Stoffe machte die laufende Aktua­li­sierung eines solchen Werkes zu einer Sisyphus-Arbeit.

 

Außerdem muß bezweifelt werden, ob alle unabhängigen Variablen, insbe­son­dere die von Vor­liefe­ran­ten festgelegten Einflußgrößen dem letztlich Verantwortlichen überhaupt und rechtzeitig und genau genug bekannt sind.

 

Noch ein letzter frustrierender Umstand sei genannt: der Streit zwischen Qualität und Quan­ti­tät! Im Vorwort wissenschaftlicher Unter­suchungen, die von der Bekleidungs-Industrie zumindest mit­finan­ziert wurden, wird "Qualität vor Rationalisierung" als hehres Ziel verkündet. Kommt eine solche Untersuchung dann zu dem Ergebnis, daß der beste Bügeleffekt erst bei relativ langer Preß- und Dämpfzeit erzielt wird, so kümmert das viele Betriebe eben­dieser Industrie über­haupt nicht: unter tatsächlichem oder ein­ge­­bil­de­tem wirtschaft­lichem Sachzwang bügelt man in der Hälfte der als optimal ermit­telten Zeit. Basta!

 

Aus alledem folgt, daß wir bis heute gezwungen sind, die optimale Dosie­rung und Kombination der Bügelfaktoren durch Probie­ren heraus­zufinden! Notgedrungen schrauben wir unseren wissen­schaft­lichen Ehrgeiz darauf zurück, dafür Grenzwerte und gewisse Regeln zu finden! Auch Dr. Faust hat's anders gemeint, als er niederschrieb: Am Anfang war die

 

2.2.3.1 Kraft             

Wenn Bügeln eine Umformarbeit ist, dann ist dabei sicherlich - wie bei jeder physikalischen Arbeit - eine längs eines Weges wirkende Kraft die primäre Einflußgröße. Wir bezeichnen die Kraft, die entweder eine Maschine über ihre Preßplatten oder eine mensch­liche Hand über ein Bügel­eisen auf das Bügel­gut ausübt, als Preßkraft P und messen sie in der Einheit [N] (Newton).

 

Da durch Bügeln textile Flächen -Gebilde umgeformt werden sollen, ist es oft notwendig, dieje­nige Kraft zu kennen, die auf die Flächeneinheit, z.B. auf 1 [cm2] des Bügel­gutes ein­wirkt. Betrach­ten wir dazu eine

 

2.2.3.1.1   Experi­mentier-Maschine,

die zwar zu simpel ist, um damit wirklich zu bügeln, die aber nützlich ist, uns klare Begriffe zu erarbeiten.

 

Siehe Info „Flächenpressung“, die aus diesem Kapitel entstand!

 

Wer eine Bügelmaschine zu pro­gram­mieren hat, muß sich also auf Erfah­rungs­werte stützen, die in aller Regel ja für jeden Maschinentyp auch vor­liegen. Generell empfiehlt es sich, bei Versuchen sowohl die Höhe als auch die Einwirkdauer der Bügelfaktoren von kleinen zu größeren Werten zu steigern, bis die optimalen gefunden sind. Zweckmäßiger­weise wählt man zunächst den kleinsten, gerade noch Erfolg versprech­en­den Wert der Flächen­­­pressung und stellt danach die Preß­­kraft der Maschine ein. Zeigt sich beim anschlie­ßenden Bügel­versuch, daß beispielsweise eine Naht noch nicht flach oder ein Rücken noch nicht glatt genug ist, korrigiert man den Einstell-Wert solange nach oben, bis ein befriedigender Bügel­effekt erzielt wird. Oftmals ist es allerdings ein schwieriges Unter­fangen, zwischen der Scylla einer roh gebliebenen Kante und der Charybdis des Glanzes den rich­ti­gen Kurs zu steuern!

 

Ein Trost bleibt: moderne Steuerungen, die wir noch ausführlich behandeln werden, stellen dem Anwender einen Fundus bewährter Programme zur Ver­fü­gung und bieten ihm einen solchen Komfort, sie gemäß seinen indivi­duellen Ansprüchen abzuwandeln und zu optimieren, daß er durch Probieren genau so schnell zum Ziel kommt wie durch das Wunschtraum bleibende Studie­ren!

 

Die Einwirkzeit der gewählten Flächenpressung hingegen ist nicht kritisch, da die gesamte Dauer eines Bügelprozesses nicht von ihr abhängt, sondern von der mindestens zu erreichenden

 

2.2.3.2 Temperatur

Keine noch so große Flächenpressung wird eine dauerhafte Umfor­mung bewir­ken, wenn diese nicht bei einer genügend hohen Tempe­ratur erfolgt. Das leuchtet bei synthetischen Fasern, die ja ther­mo­plastisch sind, unmit­tel­bar ein. Die chemischen und physikalischen Vorgänge bei der Erwär­mung von Wolle sind außerordentlich kompli­ziert. Durch Wärme und Feuchtigkeit werden "Brüc­ken", d.h. chemische Bindungen  zwischen Atomen und Mole­kü­len aufge­brochen. In der Vorle­sung "Textilveredlung" werden diese kompli­zier­ten Prozesse von Prof. Dr.–Ing. J.H. Dittrich detail­liert behandelt. Für unsere Zwecke genügt statt einer "mikroskopischen" Betrach­­tung eine "Makro-Aufnahme".

 

Als erste erhebt sich die Frage, welche Tempera­tur in Abhängigkeit von der Faserart minde­stens erreicht werden muß und höchstens erreicht werden darf, um einen guten Bügel­effekt zu erzielen. Es wird sich zeigen, daß mit vertretbarem Aufwand und in wirtschaft­lich akzeptablen Zeiten nur eine relativ schmale Temperaturzone erreicht werden kann, nämlich der Bereich von etwa von 100 bis 110 [°C], daß aber gerade dieser sowohl für Wolle als auch für Synthetic-Fasern gut geeignet ist, um den gewünschten Umform-Effekt zu erzielen, unangenehme Nebenwirkungen wie Glanz aber gering zu halten und Schädigungen wie Vergilben oder gar Versen­gen ganz zu ver­meiden.

 

Das Bügelgut hat Raumtemperatur, wenn es auf die untere Form­platte gelegt wird. Aufgabe der Maschine, genauer: ihrer Preßplat­ten ist es nun, ihm eine Wärme­menge zuzuführen, die seine Tempe­ratur soweit erhöht, daß die Faser bildsam wird. Da Wärme von einem Körper nur auf einen kälteren übergehen kann, müssen die Preß­platten auf eine Temperatur beheizt sein, die deutlich über der angestrebten Werkstück-Temperatur liegt. Die Preß­platten von Ober­be­kleidungs-Bügel­maschinen sind deshalb etwa 140 [°C] heiß. Nun ist Wärmetransfer grundsätzlich auf 3 Weisen möglich:

 

2.2.3.2.1       Strahlung

Die genannte Preßplatten-Temperatur ist nicht hoch genug, um durch Strah­­lung einen nen­nens­werten Beitrag zur Erwärmung des Werk­stückes zu leisten. (Andererseits ist ihre Wärme­strahlung so hoch, daß sie bei bestim­m­­­ten Bügelmaschinen-Bauarten von der Bedie­nungs-Person als lästig empfunden wird, womit wir uns noch zu befassen haben werden.)

 

2.2.3.2.2       Wärmeleitung

von den Preßplatten an das Kleidungsstück findet infolge des bestehen­den Temperaturgefälles schon statt, doch setzen die für eine möglichst gleich­mäßige Vertei­lung der Flächen­pressung so nütz­lichen Bezüge dem Wärme­strom einen uner­wünscht hohen Wider­­stand entgegen. Wenn z.B. eine freistehende Unter­platte zum Fertigbügeln selbst zwar 140 [°C] heiß ist, so beträgt die Oberflächentemperatur ihres weichen, d.h. dicken und somit gut isolie­renden Bezuges doch nur etwa 60 [°C], wenn sie nicht durch vor­heriges Absau­­gen sogar noch weiter abgesun­ken ist. Sobald sich nun die Oberplatte auf sie abgesenkt hat, steigt die Temperatur in der Bügelfuge zwar kontinuier­lich an, doch sehr, sehr lang­sam mit einer Rate von nur etwa 1 [°C/s]. Die End-Temperatur, die verständ­licher­weise nahe an der Eigentemperatur der beiden Preßplatten liegt, würde erst nach mehreren Minuten erreicht; selbst um nur auf 100 [°C] zu kommen, bedürfte es einer Zeitspanne, die weit länger ist als jede in der Praxis vorkommende Bügel-Prozeßzeit. Was also kann man tun? Nun, sich des 3. Weges erinnern, nämlich der

 

2.2.3.2.3       Konvektion

So nennt man das Mitführen einer Wärmemenge durch ein strömen­des flüssiges oder gas­förmi­ges Medium. Nun bedarf es keiner üppi­gen Phantasie um zu erraten, welches Mediums wir uns denn wohl vor­teilhafterweise bedienen, um in möglichst kurzer Zeit eine aus­reichende Wärme­menge in das Bügelgut zu transportieren: Wasser­dampf ist ideal für diese Aufgabe, und warum er das ist, verstehen wir leichter, wenn wir uns zunächst einige elementare Kenntnisse über die

 

2.2.3.2.4   Verdampfung und Kondensation von Was­ser

aneignen bzw. in die Erinnerung rufen.

 

Siehe Infos „Wasserdampf“ und „Vapor“, die aus diesem Kapitel entstanden!

 

Nachdem Wärme und Feuchtigkeit das Bügelgut formbar gemacht und die Kraft es umgeformt haben, ist es an der Zeit, die Einwirkung dieser Einflußgrößen zu beenden und für die

 

2.2.3.4 Stabilisierung des Bügeleffektes      

zu sorgen. Um die Umformkraft zeitlich zu begrenzen, genügt es, sie im richtigen Augenblick auf Null zu brin­gen; schlichter gesagt: mit dem Pressen einfach aufzuhören.

 

Die durch Erhöhung von Temperatur und Feuchtigkeit herbeigeführte Plasti­zität des Kleidungs­stückes aber kann nicht einfach beendet werden, son­dern es bedarf aktiver Maßnahmen, um sie rückgängig zu machen. Denn es muß selbstverständlich vorgebeugt werden, daß unerwünschte, aber beim Transport und Tragegebrauch auch unver­meid­bare Kräfte das Kleidungs­stück noch im gleichen, leicht ver­form­­baren Zustand vorfinden; sie hätten dann leichtes Spiel, den mühsam erziel­ten Bügeleffekt schnell wieder zuschanden zu machen. Durch einfaches Lagern unter Normklima-Be­ding­un­gen dau­erte das zu lange; um den erzielten Form­gebungs­effekt in einer wirt­schaftlich vertretbaren Zeitspanne zu fixieren, bedarf es zweier akti­ver Maßnahmen, nämlich der

 

2.2.3.4.1       Trocknung und Kühlung.

Wiederum bedient man sich - nunmehr zum Abtransport von Wärme und Feuchtigkeit - eines strömenden Mediums: wenn man im Innenraum der Formplatten einen Unterdruck erzeugt, strömt die Umgebungs-Luft durch das Werkstück und die Bezüge in sie ein und nimmt dabei Wärme und Feuchtigkeit mit. Wenn man den Unterdruck und den Querschnitt des Absaugleitungs-Systems richtig bemißt, bildet sich ein so kräftiger Luft­strom, daß das eben noch dampfen­de Kleidungsstück innerhalb von 5 bis 8 Sekunden auf unter 60 [°C] abkühlt. Zugleich wird ihm dabei min­destens die beim Dämpfen - in welcher Form auch immer - zugeführte Feuchtigkeit wieder entzo­gen. Bei hin­reichender, wenn auch in praxi nicht erreichter Absaug­dauer bildet sich ein Gleichgewichtszustand zwischen der Luft­feuch­tigkeit des Arbeits­raumes und dem ver­blei­benden Feuchte­gehalt des Werkstückes heraus; wenn es eine hohe Anfangs-Feuchte besaß, kann es nach dem Bügeln troc­kener sein als zuvor. In jedem Falle ist die Absaugdauer so zu bemessen, daß es kalt und trocken genug ist, um uner­wünschten Verformungen durch folgende Arbeits­gänge, Transport, Ver­packen etc. zu widerstehen.

 

Die für einen wirksam kühlenden und trocknenden Luftstrom erfor­der­liche Druck­differenz zwi­schen der Umgebungsluft und dem Innen­­­­raum der unteren Formplatte wirkt ähnlich wie die oben unter­­suchte mechanische Flächen­pressung auf das zunächst noch feuchte, warme und daher bild­same Werk­stück ein. Dicken-Unter­schiede, die es an Nähten, Taschen­beuteln, Beset­zen usw. auf­weist, werden deshalb vom Staudruck der durchströmenden Luft als Stufen herausmodelliert und dann auch noch fixiert, die das angestrebte glatte Oberflächenbild sehr stören. Der Gedanke liegt also nahe, den Luft­strom von innen nach außen durch das Kleidungsstück zu lenken, so daß er den äußeren Oberstoff von den darunter liegenden Uneben­heiten abzu­heben trachtet. Da beim beson­ders kritischen Fertigbügeln immer die Innen­seite des Kleidungs­stückes auf dem unteren Bügel­körper liegt, hieße das, nicht durch ihn, sondern durch die Oberplatte hindurch abzusaugen. Wenn diese aber auf dem Bügelgut aufliegt, kann die Raumluft weder sie noch die Unter­platte durch­strö­men; ist sie abgehoben, saugt sie "falsche" Luft an, die über das Werkstück hinwegstreicht, es aber nicht durchströmt.

 

Zu verwirklichen ist der Gedanke, die Luft von unten nach oben durch die Bügelkörper und damit von innen nach außen durch das Kleidungs­stück strömen zu lassen, aber dennoch: man bläst Luft in die Unter­platte und saugt sie zugleich durch die auf dem Bügelgut liegende und es in Posi­tion haltende Ober­platte ab. Der so gerich­tete Luftstrom wirkt tendenziell glät­tend; zwar ist er kein Allheil­mittel gegen die gefürchteten Markierun­gen, ergibt aber bei vielen empfindlichen Stoffen deutlich bessere Ober­flächen, als sie beim einfachen Absaugen nach unten erzielbar sind.

 

Da die in die Unter­platte geblasene Luft dort unvermeidbar aufge­heizt und dem Werkstück durch die auf ihm liegende Ober­platte wieder etwas Wärme zugeführt wird, läßt sich durch "Blasen mit O-Vac" (Branchen-Jargon) keine so niedrige Endtemperatur errei­chen wie mit "U-Vac". Wenn aber nach einigen Sekunden des Blasens die Feuchtigkeit bereits überwiegend aus dem Bügelgut vertrieben und dessen Temperatur auf ca. 80 [°C] abgesenkt ist, hat es auch seine Plastizität weitge­hend verloren, so daß ein nun fol­gen­des Absaugen keinen Schaden mehr anrichten, sondern nur noch die erwünschte weitere Abkühlung bringen kann.

 

2.2.3.4.2       Chemische Einflüsse

Immer wieder einmal in der Geschichte des Bügelns hat man sich Gedanken gemacht, ob denn nicht die Errungenschaften der Chemie genutzt werden können, um den mühsam erarbeiteten Bügeleffekt für möglichst lange Zeit, am liebsten auf Lebensdauer des Klei­dungs­­­stückes zu bewahren. Es sind Chemikalien bekannt, mit denen man Textilfasern so behandeln kann, daß sie eine einmal erlittene Umformung nicht mehr verlieren.

 

So machte vor Jahren z.B. das sogenannte SIROSET-Verfahren von sich reden, mit dem sich die "permanente Bügelfalte" in Wollstoffen erzeugen ließ. Laienhaft ausgedrückt wirkte es ähnlich wie die Substanz, die den Haaren - schöner ? - Damen - und Herren ? - eine Dauerwelle verleiht. Da diese Chemikalie in flüssiger Form verfüg­bar ist, liegt natürlich der Gedanke nahe, das Bügelgut damit einzu­sprühen. Diese Tätigkeit ist kaum zu automatisieren und kostet folglich zusätzliche manuelle Arbeitszeit. Der Bügelprozeß selbst verlängert sich, da die einge­sprühte Flüssigkeit zunächst bis auf Bügeltemperatur mit aufge­heizt wer­den muß und erst ab dann die notwendige, ebenfalls längere Einwirk-Zeit gerechnet werden darf.

 

Das Einsprühen ist aber nicht nur Arbeit, sondern auch besonders belasten­de Arbeit, da die SIROSET-Flüssigkeit einen unangenehmen Geruch ent­wickelt und der menschlichen Haut nicht zuträglich ist. Persön­liche Schutz­­mittel wie Atem-Masken und Handschuhe können dieses Pro­blem nicht wirklich lösen; vielmehr sind Anlagen zum Absaugen des Sprüh-Nebels notwendig, die dann ihrerseits einen gan­zen Rattenschwanz von klimatechnischen Fragen nach sich ziehen.

 

Die SIROSET-Chemikalie belästigt jedoch nicht nur den damit arbei­­ten­den Menschen, sondern wirkt auch korrodierend auf die Bügelmaschine und deren Absaug-Anlage. Obgleich im Laufe der Entwicklung die Geruchsbelästigung vermindert werden konnte, wird das Verfahren heute nicht mehr angewandt.

 

Beim KORATRON-Verfahren wird bereits die Flächenware in der Ausrüstung chemisch vor­behandelt und so dem Konfektionär ange­liefert, der sie zunächst normal verarbeitet. Erst in der Fertig-Bügelei muß dann mit einer wesentlich höheren Temperatur gepreßt werden, die sich nicht mit dampf-, sondern nur mit zusätzlich elektrisch beheizten Platten erreichen läßt, und auch dann nur bei langen "Backzeiten". Den "Zugewinn" an Glanz kann man sich leicht vorstellen!

 

Weil ihre Nachteile die Vorteile überwogen, haben sich chemische Bügelverfahren am Markt nicht durchsetzen können.

 

3       Der konstruktive Aufbau von Bügelmaschinen      

Da wir jetzt wissen, welche physikalischen Einflußgrößen beim Bügeln auf Kleidungsstücke einwirken, können wir den grundsätz­lichen konstruk­tiven Aufbau von Bügel­maschinen leicht ver­ständ­lich aus ihnen ableiten.

 

3.1             Die Formplatten

3.1.1          Gestalt

Die wichtigsten Bauelemente einer Bügelmaschine sind ohne Frage ihre Formplatten. Sie bilden ein als Matrize und Patrize zusam­menwirkendes Werk­zeugpaar, das seine Form dem zwischen ihnen liegenden Bügelgut auf­prägt.

 

Nur in seltenen Fällen sind Formplatten plan. Einige haben eine einfach zu beschreibende, z.B. zylindrische Form. In den weitaus meisten Fällen gehorcht ihre Oberfläche jedoch keinen geome­trischen Formeln, sondern leitet sich letztlich von der Form des zu bekleidenden menschlichen Körpers ab. Ihre Her­stel­lung erfordert deshalb form­gebundene Werkzeuge. Außerdem sind die Stück­zahlen fast immer klein oder sehr klein, und Variationen aufgrund spezi­eller Kundenwünsche nicht eben selten. Deshalb stellt man sie über­­wiegend im Sandguß-Verfahren aus Aluminium her, was ent­sprechende Modelle voraus­setzt.

 

Beim Erstarren des flüssig in die Sandform gegossenen Aluminiums treten unvermeidlich Span­nungen in ihm auf, die wiederum zu unge­woll­ten Verfor­mungen führen können. Betrachtet man eine ein­zelne Formplatte für sich allein, wäre eine leichte Abweichung von der im Modell verkör­perten Ideal­form nicht schlimm; schlimm wird sie dadurch, daß ja immer mindestens 2 Formplatten paarweise zusam­men­wirken müssen und nicht erwartet wer­den darf, daß beider Verfor­mungen sich gegenseitig kompensieren. Die rohen Abgüsse müssen also an ihren Wirkflächen nachbearbeitet werden, damit Ober- und Unterplatte zusammenpassen.

 

Zu beachten ist dabei, daß ein Formplatten-Paar nicht im nackten, sondern im bezogenen Zustand zusammenpassen muß. Seine Wirk­flächen müssen deshalb "äquidistant" sein, d.h. überall gleichen Abstand von einander haben, der wiederum von der Dicke der Bezüge und des Werkstüc­kes abhängt.

 

     Daß die Formplatten hohl sein müssen, ver­steht sich von selbst, denn sie sollen ja von Dampf und Luft durch­strömt werden, und damit diese Medien aus ihnen aus- und in sie ein­strömen kön­nen, sind ihre Wirkflächen, zwischen denen das zu bügelnde Kleidungs­stück liegt, perforiert. So rück­ständig das erscheinen mag: das Bohren dieser Perforations-Löcher ist bei den meisten Form­platten Handarbeit, weil die Vielfalt der Formen einerseits und die minimalen Stückzahlen anderer­seits einer Automati­sierung ent­gegen­stehen.

 

In der Regel wird die überwiegend konvexe Formplatte als untere montiert, weil sich auf sie das Werkstück bes­ser auflegen läßt. Darauf senkt sich die - meist überwiegend konkave - obere Form­platte herab.

 

3.1.2          Beheizung

Um das Bügelgut erwärmen und damit dauerhaft verformbar machen zu können, müssen die Formplatten ihrerseits beheizt werden. Weil Dampf ohnehin zur Befeuchtung der Textilfasern benötigt wird, liegt es nahe, ihn auch als Träger der Heizenergie heranzuziehen. Um diese auf die Form­platten zu übertragen, bieten sich dem Kon­struk­teur 2 Wege:

 

Er kann sie auf der ihrer Wirkfläche gegenüberliegenden Seite mit Heiz­­kammern ver­sehen, die selbst ebenfalls vom Dampf durch­strömte Hohl­körper sind.

 

Eine elegantere Lösung ist es, ein Heizrohr direkt in die Formplatte ein­zu­gießen. Da es sich sehr innig mit dem umgebenden Mate­rial verbindet, ist der Wärmeübergangs-Widerstand gering, so daß schon eine erstaunlich kleine Rohr-Oberfläche eine Form­platte innerhalb kurzer Zeit auf Betriebstemperatur brin­gt. Bei einem Betriebs-(Über)-Druck von ca. 5 [bar] herrscht im Heiz­rohr eine Temperatur von 158 [°C]. Schon 1 Windung eines Rohres aus nicht­rostendem Stahl mit einem Durchmesser von 10 [mm] und einer Wandstärke von 1 [mm] genügt, um auch eine große Mantel­platte in etwa 15 Minuten auf ca. 140 [°C] aufzu­heizen.

 

Außerdem ist die Masse eines eingegossenen Heiz­rohres wesentlich kleiner als die eines aus Stahlblech geschweißten Dampfkastens, so daß zum Beschleu­nigen und Abbremsen bewegter Bügelplatten geringere Kräfte und/oder Zeiten genügen. Schließlich bleibt die Oberfläche einer rohrbeheizten Formplatte kleiner und glatter und läßt sich deshalb gegen Wärmeverluste ein­facher und wirkungsvoller iso­lieren.

 

3.1.3          Kondensat-Ableitung

Die Form­platten geben durch Leitung, Konvektion und Strahlung laufend Wärme an die Umge­bung ab. Dieser Wärmeverlust wird dadurch gedeckt, daß in ihnen kontinuierlich eine bestimmte Dampf­menge pro Zeiteinheit zu Was­ser kondensiert, wobei die im Dampfkessel zugeführte Ver­dampfungs-Wärme wieder frei wird. Das Kondensat, das sich als Film an den Innen­wänden der Heizrohre niederschlägt, muß aus ihnen ab- und zum Dampf­kessel zurück­geleitet werden. Dazu ordnet man am Ende des Dampfsystems einen Kondensat-Ableiter an, dessen Aufgabe es ist, Was­ser passieren zu lassen, Dampf aber zurückzuhalten. So einfach diese Aufgabe zu formulieren ist, so schwierig ist sie zu lösen. Es gilt, den besten Kompro­miß zwischen mehreren, teilweise einander widersprechenden For­de­rungen zu finden.

Neben dem Wunsch nach möglichst kleinen Einbau­maßen und gering­sten Wartungsansprüchen steht die Bedingung, daß mit dem abzu­lei­tenden Wasser möglichst wenig Frischdampf entweicht, da das einen unmittel­baren Energieverlust bedeutet. Vor allem aber ist von Kondensatableitern an Bügelmaschinen zu fordern, daß sie das Kondensat ohne jede Verzöge­rung abführen; denn es darf beim Dämpfen nicht mitgerissen werden und nicht als Wasser in das Bügelgut gelan­gen, weil dieses zwar befeuchtet oder mindestens feucht gehalten, aber keineswegs "gewaschen" werden  soll.

 

Es gibt mehrere Bauarten von Kondensatableitern. Schwimmer-Kon­dens­töpfe nutzen das Archimedische Prinzip, nach dem jeder Körper in einem flüssigen oder gasförmigen Medium einen Auftrieb erfährt, der gleich dem Gewicht des von ihm verdrängten Mediums ist. Da das spezi­fische Gewicht von Wasser sehr viel höher als das des Dampfes ist, bewegt sich der Schwimmer in einem solchen Topf aufwärts und öffnet dabei ein Ablaßventil, wenn Kondensat vor­han­den ist, während er unten bleibt und das Ventil geschlossen hält, solange nur Dampf oder Luft anwesend ist. Damit ist aber auch schon gesagt, daß ein Schwimmer-Kondenstopf nicht in der Lage ist, die beim Anhei­zen einer Bügelanlage im System vorhandene Luft abzuführen. Da er außerdem sperrig und störan­fällig ist, strei­chen wir ihn aus der Liste der Kandidaten.

 

Auch Kondensatableiter, die ihr Auslaßventil mittels eines Bimetall-Paketes steuern, sind nicht ideal: wir erinnern uns, daß Wasser im Augen­blick seiner Kondensation die gleiche Tempera­tur hat, wie der Dampf, aus dem es ausfällt. Bimetall-gesteuerte Kon­den­sat-Ableiter müssen des­halb so eingestellt sein, daß sie sich erst unterhalb der Sättigungstemperatur öffnen, um ein Durch­schlagen von Frischdampf zu vermeiden. Das aber hat zur Folge, daß sich immer erst eine bestimmte Kondensatmenge anstaut, bevor der Ableiter reagiert; eine solche Ableit-Charakteristik aber ist an Bügel­­maschinen nicht zu gebrauchen.

 

Am besten bewährt hat sich ein sogenannter thermo-dynamischer Konden­satableiter, dessen Schnitt die Abbildung UM74 zeigt: Sein Kernstück ist eine plangeschliffene Scheibe, die zwei kon­zen­trische Sitze abwechselnd freigibt oder abschließt. Das aus der Bügelmaschine kommende Kon­densat drückt, nachdem es den einge­bau­ten Schmutzfänger passiert hat, durch die zentrale Boh­rung die erwähnte Scheibe von den konzentrischen Sitzen ab. Durch eine weitere Bohrung zwi­schen den beiden Sitzen gelangt es zum Aus­gang. Sobald kein Kondensat mehr vorhanden ist, nimmt eine kleine Dampf­menge den gleichen Weg. Sie bildet jedoch sofort auf der anderen Seite der Scheibe ein Dampfpolster, das diese gegen die Sitze drückt. Da der äußere Sitz weitaus größer ist, als die zen­trale Bohrung, bleibt der Ableiter solange geschlossen, bis das Dampf­polster durch Abkühlung kon­den­­siert. Nach wenigen Sekunden gewinnt dann wieder der Druck des inzwischen angesammelten Kon­den­sates die Oberhand, die Scheibe wird ange­hoben und das Spiel wiederholt sich. Diese Kondensatarmatur wird noch komplettiert durch ein nachgeschaltetes Schauglas, in dem man seine typische, rhytmisch-spuckende Funktion kontrollieren kann. Ein einge­bautes By-Pass-Ventil ermöglicht es, eine Bügelmaschine im Reparaturfall schnell drucklos zu machen. Der Kon­densatableiter selbst ist in seiner Wartung äußerst anspruchslos, er ist kompakt, arbeitet ver­zö­ge­rungsfrei und läßt nur geringe Frischdampf-Verlustmengen passieren.

 

Keinem Kondensatableiter darf man die sogenannten Brüden-Dämpfe anlasten, die man aus Kondensat-Sammelgefäßen aufsteigen sieht. Konden­sat, das in einer mit pü = 5 bar arbeitenden Bügelmaschine mit einer Temperatur von 158,8 °C anfällt, hat eine Enthalpie von 670,4 [kJ/kg]. Wenn es dann vom Kondensatableiter ausgespuckt wird, entspannt es sich auf Atmosphärendruck, bei dem Wasser nur noch 100 [°C] heiß sein und eine Enthalpie von 417,5 [kJ/kg] haben kann. Der Enthalpie-Überschuß bewirkt, daß ein Teil des abgeleiteten Kon­densates nachverdampft, wodurch die erwähnten Dampf­schwa­den entstehen. Zu ihnen können, sollten freilich nicht noch solche Dampfschwaden treten, die als Frischdampf-Verluste aus dem System entweichen.

 

Kondensat hat zunächst die gleiche Temperatur  wie der Dampf, aus dem es ausfällt. Da ein Bimetall-Paket Dampf von Wasser natürlich nur über deren Temperatur-Differenz unterscheiden kann, reagiert es erst, wenn das Kon­den­sat bis einige Grade unter die Sättigungs-Temperatur abge­kühlt ist; das bedeutet aber zugleich auch, daß es erst mit einiger Verzögerung abgelei­tet wird.

 

Die Menge des in einer Bügelmaschine anfallenden Kondensats hängt selbst­verständlich ent­scheidend von der Zahl und Größe ihrer Form­platten und deren mehr oder weniger wirkungs­vollen Isolierung ab. Sie reicht z.B. von ca. 3 kg/h an einer Ärmel-Anbügelmaschine mit 2 kleinen Bügel­körpern bis zu ca. 15 kg/h an einer Karussell-Bügel­maschine mit 6 oder gar 8 großen Form­platten.

Grundsätzlich steht nichts im Wege, beliebig viele von ihnen in Reihe zu schalten. In ihrer Länge begrenzt ist eine Reihenschaltung  nur dann, wenn mehr als 2 Formplatten mit Dämpf-Venti­len ausge­stattet werden müssen; mit zunehmender Länge des Heiz­stranges nimmt natürlich auch der Feuchtegehalt des Dampf-Kondensat-Gemisches in ihm zu. (Wissen Sie noch, was x - 1 ist?) Das Bügelgut aber darf Feuchtigkeit nur in äußerst feiner Vertei­lung, nicht aber in Tropfenform zugeführt bekommen. Bei einer größeren Zahl von Dämpf­ventilen muß deshalb das Dampfsystem in 2 oder auch 3 zueinander parallele Stränge aufgespleißt werden, deren jeder einen eigenen Kon­densat-Ableiter beansprucht.

 

3.1.4          Dämpf-Ventile

3.1.4.2 Wirkungsweise

Wenn es auch ein wenig paradox klingt: Den Dampf zur Befeuchtung der Ware zapft man am besten dort ab, wo er am trockensten, also x möglichst nahe an 1,00 ist. Das ist dort der Fall, wo ihm noch keine Wärme zu Heiz-Zwecken entzogen wurde. Also sieht man unmittel­bar vor dem Eintritt des Dampfes in das Heizrohr der Formplatte ein T-Stück vor, dessen Abzweig zu einem Dämpfventil führt. Das ist oft ein Magnetventil, wie es Abbildung 2160DL60 im Schnitt zeigt. Solange seine Spule nicht von Strom durch­flossen wird, gelangt der von unten in den Ventilkörper eintretende Dampf nur bis zum Ventilsitz. Der an seiner unteren Stirnfläche mit einer Dichtungs­scheibe versehene Magnetkern wird nämlich durch sein Eigenge­wicht, eine schwache Feder sowie den Dampfdruck selbst mit einer Kraft p*F auf den Sitz gedrückt und sperrt ihn ab. (p ist der Dampf-(Über-)Druck, F der lichte Sitzquerschnitt). Legt man nun elek­trische Spannung an die Spule, so wird sie von einem Strom durch­flossen, der seinerseits ein Magnet­feld aufbaut, das den Magnetkern in sich hineinzieht: er hebt sich an und gibt damit den Ventilsitz frei. Der Dampf kann nun durch die zentrale senk­­rechte sowie die waagerechte Bohrung und die kurze sich an­schließende Leitung in den Hohlraum der Formplatte und durch deren Perfo­ration schließ­lich in das Bügelgut strömen.

 

3.1.4.2 Dampfverbrauch

Für die Planung des notwendigen Dampfkessels und des Dampf-Leitungsnetzes sowie zur Berechnung der Betriebskosten muß man den Dampf­verbrauch der Bügelmaschinen kennen.

 

Die Formeln, mit denen die pro Sekunde aus einem Dämpf-Ventil ausströ­mende Dampfmenge sich berechnen läßt, wollen wir uns schenken, denn erstens sind sie ohne solide thermo­dynamische Kenntnisse nicht zu ver­stehen, und zweitens ist es nicht sinn­voll, mit ihnen eine Genauigkeit zu erjagen, die man in den sich anschließen­­den Rech­nungen doch nicht durch­halten kann. Jedenfalls gehen in die Rechnung ein:

 

3.1.4.2.1   Der freie Ventilquerschnitt

Bei dem vorgestellten Dämpf-Ventil beträgt er maximal etwa 30 [mm2], kann jedoch mittels der konisch angespitzten Drosselschraube ver­min­dert und damit einer gegebenen Form­platten-Größe angepaßt wer­den.

 

3.1.4.2.2   Der Dampfdruck

Prinzipiell steigt die pro Sekunde ausströmende Dampfmenge mit der Differenz ∆p zwischen Anfangsdruck po und Enddruck pe, doch gilt diese Aussage nur oberhalb eines bestimm­ten Ver­hältnisses pe/po. Der Anfangs­druck po im Dampfsystem sinkt während des Dämpfens zwar um etwa 1 bis 1,5 [bar] unter den Nenn-Betriebs­druck von 5 [bar], doch kann sich im Inneren der Formplatte nur ein minimaler (End-)Überdruck von wenigen [mbar] gegenüber der Atmo­sphäre aufbauen. (Es stellt sich ein Gleich­gewicht derart ein, daß die aufgrund des Überdrucks in der Form­platte pro Zeiteinheit aus ihr ausströmende Dampf­menge gleich der­je­ni­gen ist, die aufgrund der Druckdifferenz zwischen dem Dampfsystem und ihr in sie ein­­strömt.) Mit für die Praxis aus­reichender Genauigkeit kann man sagen, daß der Dampf sich beim Austritt aus dem Dämpfventil auf den Atmosphärendruck entspannt. Das Verhältnis zwischen diesem und dem Anfangs­druck bleibt aber weit unter dem sogenannten Laval-Druckverhältnis, das bei trocken-gesättigtem Dampf 0,577 beträgt. In diesem Falle erreicht der ausströmende Dampf im engsten Querschnitt des Dämpf­ventils Schall­geschwin­digkeit, und da dessen Austritts­öffnung nicht als schlank sich erwei­ternde Düse ausgebildet ist, kann die Schall­geschwin­digkeit auch nicht über­schrit­ten werden.

 

     Das Magnetventil 2160DL60 läßt bei voller Öffnung ca. 42 [kg|h] = 12 [g/s] Dampf ausströ­men.

 

3.1.4.2.3   Die Zahl der Dämpf-Ventile

an einer Bügelmaschine kann variieren zwischen 1 und ca. 6.

 

3.1.4.2.4   Die Dämpfzeit pro Ventil und Arbeits-Zyklus

kann, abhängig vom zu bügelnden Material, ein- oder mehrmals je einige Sekunden betragen; ein Unterdampf-Ventil aber wird je nach Aufgaben­stel­lung vielleicht auch garnicht betätigt.

 

3.1.4.2.5   Die Zahl der Arbeits-Zyklen pro Stunde

errechnet man, indem man die 3600 [s] einer Stunde dividiert durch die Dauer eines Zyklus: z.B. sind es 240 in der Stunde bei15 [s], aber nur 150 bei 24 [s].

 

3.1.4.2.6   Beispiel       

Jetzt dürfte deutlich geworden sein, daß es sinnlos ist, genauer rechnen zu wollen als die Annahmen, die man nolens-volens treffen muß. Das folgende Beispiel mag verdeutlichen, was man errechnen kann und was über den Daumen gepeilt werden muß.

 

Eine Karussell-Bügelmaschine habe 1 obere und 2 untere Form­plat­ten mitt­lerer Größe mit je 1 Dämpf-Ventil. Ein Arbeits-Zyklus dauere 20 [s], so daß davon 180 pro Stunde ablaufen. In jedem werde das obere und 1 unteres Dämpf-Ventil 5 [s] lang voll geöffnet. Dann werden zum Dämpfen ver­braucht:

 

     2 * 5 * 0,012 =  0,12 [kg] pro Zyklus bzw.      0,12 * 180 = 21,6 [kg/h]

 

Addiert man noch ca. 6 [kg/h] für den Heizdampf, so ergibt sich aufgerundet  ein Gesamt-Dampf-Bedarf von ca. 30 [kg/h].   

 

3.1.5          Absaug-Ventile

Der Innenraum jeder unteren und vieler oberer Formplatten ist über ein Ventil an eine zentrale Absaugleitung angeschlossen, in der ein Exhaustor einen Unterdruck ∆p gegenüber der Atmo­sphäre aufrecht erhält. Wenn das Absaug­ventil (siehe Abb. EP427) geöffnet werden soll, beauf­schlagt man dessen Servo-Zylinder über ein Magnetventil mit Preßluft. Der Servo-Kolben zieht über eine Kolbenstange den mit einer Gummidichtung beleg­ten Ventilteller gegen die Schließ­kraft einer Feder und die Kraft ∆p * F zurück, so daß der Sitz freigegeben wird. Jetzt strömt die Raum­luft durch das Werkstück, dem sie dadurch Wärme und Feuchtigkeit entzieht und wei­ter durch die Bezüge, die Formplatte, das Absaug­ventil und das Leitungs­­system zum zentra­len Absauggebläse, das sie und die in ihr ent­hal­­tenen Schwa­den ins Freie befördert. Um die auf diesem Wege auf­tre­ten­den Reibungs­­widerstände zu überwinden und die Absaugluft auf eine solche Geschwin­digkeit zu beschleu­nigen, daß sich ver­tret­bare Leitungs­quer­schnitte ergeben, ist im Absaugsystem ein Unter­druck ∆p von ca. 100 - 200 [mbar] gegenüber der Atmosphäre notwendig. Wählt man für das Absaug­ventil und die Absaugleitung innerhalb einer Bügel­maschine die Nenn­weite NW 40 [11/2"], so strömen durch eine normal bezogene Form­platte mitt­lerer Größe ca. 30 [dm3/s] Luft. Das ent­spricht einer mittleren Luftgeschwindigkeit von 24 [m/s]. Dieser Luftstrom reicht aus, um das Werk­stück vor dem Bügeln auf der Unterplatte sicher zu positionieren und nach dem Bügeln inner­halb einiger Sekunden abzukühlen und zu trocknen.

 

3.1.6          Blasventile

3.1.6.1 Installation

Wie in Abschnitt 2.2.3.4.1 gezeigt, empfiehlt es sich beim Fertig­bügeln markierungs–empfindlicher Stoffe vor dem Absaugen durch die Unterplatte in umgekehrter Richtung aus ihr heraus einen Luft­strom gewissermaßen von innen nach außen durch das Kleidungs­stück zu blasen. Zu diesem Zweck entnimmt man dem Preßluft-System über wiederum ein Magnetventil einen Luftstrom und schickt ihn in den Innenraum der Unterplatte. Bequem, wenn auch keineswegs notwendig ist es, den Blasluftstrom in die Saugseite des unteren Absaugventils einzuleiten. Da sich gleichzeitiges Blasen und Unter­absaugung gegenseitig ausschließen, nimmt die Blasluft bei geschlos­­senem Absaugventil den umgekehrten Weg wie die Absaugluft, strömt also in den Hohlraum der Unter­platte und durch sie, ihre Bezüge und das Werkstück hindurch.

 

3.1.6.2 Luftverbrauch

Es sei nicht verschwiegen, daß es Energieverschwendung ist, den Blas­luftstrom dadurch zu erzeugen, daß man Preßluft sich auf Atmosphärendruck entspannen läßt. Um einen hinreichend inten­siven Blaseffekt zu erzielen, genügte sicherlich ein Überdruck in der gleichen Größenordnung wie der Absaugunterdruck, also ca. 0,1 bis 0,2 [bar]. Unter Energie-Gesichtspunkten ist es nicht zu verant­worten, dazu Luft zunächst auf ca. 7 [bar] zu vernichten und mittels des Kompressors in sie Energie hinein­zupumpen, die dann beim Blasen ungenützt verpufft. Wollte man keine Energie verschwenden, müßte man allerdings in jeder Bügelei ein zusätz­liches Gebläse installieren und durch ein entsprechend dimensioniertes Leitungs­­netz mit allen Bügelmaschinen verbinden, an denen Blasluft benö­tigt wird. Das wäre in der Tat zunächst ein beträchtlicher Investi­ti­ons­auf­wand. Da ist es bei kurzfristiger Betrachtungsweise viel bequemer, das ohne­hin vorhandene Preßluftnetz auch zur Entnahme der benötigten Blasluft anzuzapfen. Bereits im Jahre 1982, als der Ölpreis noch hoch und das Wort "Energiesparen" in aller Munde war, habe ich ca. 50 ausgewählte Kunden, bei denen ich ein ausgeprägtes Kostenbewußtsein glaubte voraus­setzen zu dürfen, darauf hingewiesen, wie unwirtschaftlich es ist, teure, energie-geladene Preßluft zu verplempern. In einer wenigstens der Größen­­ordnung nach richtigen Amortisations-Rechnung konnte ich darlegen, daß der Investitions­aufwand für ein eigenes Niederdruck-Blassystem sich in ca. 3 Jahren bezahlt machte. Nun ist es eine Regel, daß meine Kunden-Branche nicht gern etwas investiert, was nicht in spätestens 2 Jahren amor­­tisiert ist. Eine solche Denkweise mag ja auch für Maschinen und Geräte im allgemeinen ver­nünftig sein, doch darf man nicht verkennen, daß die Versorgung einer Kleiderfabrik - und hier ihrer Bügelei - mit Dampf, Preß­­luft und anderen energie-tragenden Medien eine Aufgabe ist, die sich so lange stellt, wie ein Betrieb existiert, und das dürfte in der Regel ein Viel­­faches von 3 Jahren sein. Jedenfalls habe ich aus dem Kreise der von mir angeschriebenen Kunden weder Zustimmung noch Ableh­nung erfahren, son­dern nicht eine einzige Antwort erhalten. Da es nun nicht mein Geld ist, was durch Blasventile in die Luft gepustet wird, habe ich dann das Buch über den Energieverbrauch beim Blasen an dieser Stelle zugeklappt.

 

Wiederum kann der Luftverbrauch nicht genauer errechnet werden, als die Annahmen sind, mit denen man in die Rechnung einsteigt. Aus einem handels­üblichen Magnetventil mit einem lichten Sitz­durch­messer von 10 [mm], entsprechend 0,8 [cm2] strömen bei einem Überdruck von 7 [bar] ca. 180 [Nm3/h], entsprechend 50 [l/s] Preßluft in die Atmosphäre. Die Bezeichnung [Nm3] ist nun nicht etwa das Produkt aus [N] und [m3], sondern spricht sich „Norm-Kubikmeter“ und weist darauf hin, daß sich diese Mengen­angabe auf Luft im Normalzustand, nämlich von 0 °C und Atmo­sphä­ren­druck bezieht, nicht etwa auf Luft im komprimierten Zustand. Ein solcher Luftstrom ist also knapp doppelt so stark, wie ein durchschnitt­licher Absaug-Luftstrom. Nimmt man nun an, daß ein Arbeitszyklus 24 [s] dauert und daß innerhalb eines jeden Arbeitszyklus 4 [s] lang geblasen wird, errechnet sich ein Blasluft-Verbrauch von 30 [Nm3/h]. Wer aber bei der Planung eines Kom­pressors und der Aus­legung des Preßluft-Leitungs­netzes so rechnet oder sich auf die Angaben eines Bügelmaschinen-Herstel­lers stützt, muß sich vor Augen halten, daß Rechnung und Wirk­lichkeit weit auseinander klaffen können, wenn pro Zyklus länger oder kürzer oder in manchen Fällen gar nicht geblasen wird, oder wenn die Zyklus-Zeit eine andere als die der Rechnung zugrunde gelegte ist.

 

3.1.7          Bezüge

3.1.7.1      Aufgaben

3.1.7.1.1   Dickenausgleich

Eine wichtige Aufgabe der Formplatten-Bezüge, nämlich den Aus­gleich von Dickenunterschieden innerhalb eines Werkstückes, haben wir in Abschnitt 2.2.3.1.2 ausführlich behandelt und gesehen, daß Polyurethan-Schaumstoff dafür gut geeignet ist. Ebenso gleicht er geringe Herstel­lungs-Toleranzen der Formplatten-Paare aus.

 

     Den Bezügen fällt aber noch eine andere wichtige Aufgabe zu, nämlich die

 

3.1.7.1.2       Dampfverteilung

Der Dampf tritt in vielen kleinen, scharf gebündelten Strahlen aus den Form­platten aus und muß, damit sich deren Perforationsmuster nicht auf der Bügelgut-Oberfläche abzeichnet, möglichst fein ver­teilt werden.

 

3.1.7.2 Materialien

Es ist kein Material bekannt, das alle Eigenschaften in sich verei­nigt, die von einem Formplatten-Bezug zu fordern sind. Man muß ihn deshalb aus mehreren Schichten aufbauen, um die Summe der gewünschten Eigen­schaf­ten zu erhalten. Dabei verdienen im Hinblick auf Kosten und Lieferzeit Materi­alien, die als Meter- oder Platten­ware lieferbar sind, den Vorzug vor speziellen "Maßanferti­gungen".

 

Der Bezug, dessen ver­schie­­­dene Lagen wir nun analysieren wollen, stellt ein empfehlens­wertes Beispiel für eine Fertig-Bügel­ma­schine dar, doch ist einzu­räumen, daß es auch andere Wege gibt, die nach Rom führen:

              ------------ Obere Formplatte

              ------------ Messingdraht-Köpergewebe

              ------------ Synthetischer Nadelfilz

              ------------ Messingdraht-Köpergewebe

              ­------------ Werkstück

              ------------ Stretch

              ------------ Schaumstoff

              ------------ Synthetischer Nadelfilz

              ------------ Messingdraht-Köpergewebe

              ------------ Untere Formplatte

In aller Regel liegt das Kleidungsstück mit seiner rechten, äußeren Seite nach oben auf dem unte­ren Bügelkörper. Dessen Bezug soll darum weich sein, d.h. lange elastische Federwege ermöglichen, damit sich die Dicken-Unter­­schiede des Werkstücks in ihn hinein­drücken können. Der Bezug der Ober­platte hingegen soll hart sein, damit die Werkstückoberfläche glatt wird. Bei dieser Aufga­ben­stellung empfiehlt sich folgender Schichtaufbau: Zu unterst liegt auf der unteren Formplatte ein Köpergewebe aus Messing­draht. Es verhindert, daß die nächste Bezugsschicht sich pfropfenartig in die Perforation der Formplatte drückt. Außerdem trägt das Draht­gewebe zur feinen Verteilung des Unterdampfes bei, falls dieser vorhan­den ist. Die Köper- hat gegenüber der Leinwandbindung den Vorteil, daß das Gewebe unter etwa 45 Grad zur Kett- und Schuß-Richtung verzerrt und deshalb leichter auf kompliziert gestaltete Formplatten aufgebracht werden kann. Den­noch bleibt es eine mühsame Arbeit, kompliziert gestaltete Form­plat­ten faltenfrei zu beziehen.

 

Die nächste Schicht besteht aus einem synthetischen Nadelfilz, der selbst nur wenig zur Elastizi­tät beiträgt, jedoch die unmittelbar darüber liegende Schaumstoff-Schicht vor der unmittelbaren Hitzeeinwirkung der Form­platte schützt. Der in Abschnitt 2.2.3.1.2 vorgestellte Schaumstoff hat zwar günstige elastische Eigen­schaf­ten; auch besitzt er miteinander ver­bun­dene Poren, ist deshalb dampf- und luftdurchlässig, verliert diese Eigen­schaften aber unter der Einwirkung von Temperatur und Flächen­pressung innerhalb einiger Wochen. Auch ist seine mechanische, insbeson­dere seine Abrieb­festigkeit gering. Er ist nicht teuer, doch verursacht häufiger Wechsel der Bezüge ja nicht nur Material-, sondern auch beträcht­liche Lohn­kosten. Deshalb muß man seine Lebensdauer dadurch steigern, daß man ihn durch eine zusätzliche Textilschicht an seiner Oberfläche vor zu schnellem Verschleiß und auf seiner Unter­seite gegen die unmittelbare Hitze­einwirkung durch die untere Formplatte schützt. Für die erste Aufgabe ist ein Stretch-Gewirk sehr gut geeignet, für die zweite ein synthetischer, wärme­bestän­diger Nadelfilz.

 

Von den Bezügen der oberen Formplatte wird keine Elastizität gefordert, wohl aber, daß sie den ausströmenden Dampf hinreichend fein verteilen, damit sich das Perforations-Bild nicht auf der Werk­stückoberfläche abzeich­net. Diese Aufgabe erfüllt der bereits erwähnte synthetische Nadel­filz, den man zwischen zwei Lagen eines Köpergewebes aus Messingdraht ein­schließt.

 

Während das Bezugspaket mit Hilfe von Zugfedern straff um eine konvexe untere Formplatte gespannt werden kann, ist das bei aus­ge­prägt konkaven Oberplatten nicht möglich. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß er sich ja nicht wie ein Trommelfell spannen darf, weil er dann erstens ungleich­mäßig auf das Bügelgut ein­wirkte und selbst auch in kürzester Zeit ver­schlissen wäre. Er muß sich vielmehr spannungsfrei und "selbsttragend" in die Oberplatte hineinschmiegen. Das erreicht man, indem man ihn ringsum mit kleinen Spannpratzen gegen die seitlichen Formplatten-Wände klammert.

 

3.2    Antrieb

Damit die Bedienungsperson das Werkstück unbehindert in die Bügel­­ma­schi­ne einlegen, exakt positionieren und vielleicht noch gewisse manuelle Arbeiten an ihm ausführen kann, muß die Ober­platte einen ausreichenden Abstand zur Unterplatte haben. Erst dann dürfen beide sich aufeinander zube­wegen und anschließend Kräfte auf­einander und das dazwischen­lie­gende Teil ausüben. In jeder dieser beiden Phasen ist die zu leistende Arbeit re­lativ gering: während der Schließ­bewegung über einen mehr oder minder langen Weg sind nur geringe Kräfte zur Beschleu­nigung der Massen und  Überwindung der Reibung erforderlich; zur Erzeugung der gewünsch­ten Flächen­pressung bedarf es anschließend zwar einer höheren Kraft, doch nur längs eines sehr kurzen Weges, der sich näm­lich aus der Zusammen­drückung der Bezüge und des Werkstückes selbst ergibt. Das

 

3.2.1          Kraft–Weg–Diagramm

ist deshalb eine zunächst sehr flach verlaufende, zum Schluß aber steil ansteigende Kurve. Die getönte Fläche unter ihr ist ein Maß für die beim Schließen und Pressen zu leistende mechanische Arbeit.

 

3.2.2          Muskelkraft

In der "guten alten" Zeit mußte der Bügler diese Arbeit mit seiner Körper­kraft leisten. Alle Bügelmaschinen hatten Hand- und Fuß­hebel, mit denen der Oberschuh dem unteren Bügelkörper angenähert und dann auf ihn gepreßt wurde. Zweckmäßigerweise bediente man sich dabei eines Knie­hebel-Mechanismus, der der gewünschten Bewe­gungs-Charakteristik recht nahe kommt.

 

Seit Jahr und Tag steht es außer Frage, daß es weder human noch wirt­­schaft­­lich ist, den an einer Bügelmaschine arbeitenden Men­schen noch zusätzlich dadurch zu belasten, daß man ihn die not­wendigen Bewegungen und Preßkräfte mit der Kraft seiner Muskeln erzeugen läßt. Als Energieträger stehen elektrischer Strom, Preßluft oder Preßöl zur Wahl. Da - wie wir noch sehen werden - an Bügel­maschinen Rotationen nur in Form intermit­tie­render, kurzer kreis­bogenförmiger Bewe­gungen von nicht mehr als 180° Dreh­winkel vorkommen, außerdem aber eine Reihe linearer Bewe­gungen, kommen Elektromotoren als Antriebsorgane nicht in Betracht. Da die linearen und kreis­bogenförmigen Bewegungen möglichst schnell aus­ge­führt werden sollen, die dabei auftretenden Kräfte und Momente jedoch ver­glichen mit anderen Gebieten der Technik relativ gering sind, ver­dient ein

 

3.2.3          pneumatischer Antrieb

den Vorzug gegenüber dem hydrau­lischen.

 

Drücke in flüssigen und gasförmigen Medien wie Dampf und Luft haben die gleiche physikali­sche Dimension wie eine Flächen­pres­sung, nämlich eben­falls Kraft pro Flächen­einheit. Um Ver­wechs­lungen zu vermeiden, ver­wen­den wir dafür das Kurz­zei­chen p und mes­sen sie in den Einhei­ten [bar] und [mbar], die mit dem [N] wie folgt verknüpft sind:

 

     1 [bar] = 1000 [mbar] = 10 [N/cm2]

 

Es muß also sauber unterschieden werden zwischen dem Druck der Preß­luft im Antriebszylinder einer Bügelmaschine und der Flächen­pressung, die dadurch zwischen ihren Formplatten erzeugt wird.

 

     Die Abbildung P80 x 200 zeigt einen längsgeschnittenen pneumatischen Arbeitszylinder: Das Zylinderrohr bildet mit dem Zylinderboden einerseits und dem Zylinderdeckel andererseits einen geschlossenen Raum, der von dem darin sich hin und her bewegenden Kolben in 2 Kammern unter­teilt wird. Leitet man in die bodenseitige Kammer Preßluft, bewegt er sich in Richtung Deckel und schiebt die Kolbenstange nach außen. Dabei wird die Luft in der deckelseitigen Kammer in die Atmosphäre verdrängt. Um Kolben und Kolbenstange in die Ausgangslage zurückzuholen, beauf­schlagt man die deckelseitige und entlüftet die bodenseitige Kammer. Beiderseits des Kol­bens ist auf der Kolbenstange je eine federnd gelagerte Dichtungs­scheibe angeordnet, die dem Kolben um einen bestimmten Betrag voraus­eilt. Trifft eine dieser beiden Dichtungsscheiben auf den Kolbendeckel bzw. beim Rückhub auf den Kolbenboden, verschließt sie den darin angeordneten ringförmigen Entlüftungskanal. Die jetzt in der betreffenden Zylinderkammer noch vorhandene Luft kann nun nur noch durch eine kleine Bohrung ent­weichen, deren wirksamer Querschnitt durch eine Drossel­schraube be­ein­flußt werden kann. Durch diese Endlagendämpfung wird ein Teil der im System befindlichen kinetischen Energie abgedrosselt, d.h. in Wärme umge­setzt. In vielen Fällen erreicht man damit ein weiches Abbremsen der Kol­benbewegung in einer oder beiden Endlagen.

 

Ein pneumatischer Arbeits­zylinder wird vor allem charakterisiert durch seinen inneren Durch­messer D und den Hub seines Kolbens. Beaufschlagt man diesen mit dem Druck p, wird damit eine Kraft

                                 K = p * F = p * D2 * π/4      erzeugt.

Auf der anderen Seite wird die wirksame Kolbenfläche durch den Quer­schnitt der Kolbenstange vermindert. Der Preßluftdruck p kann hier nur auf die ringförmige Fläche

              F' =  (D2 - d2) * π/4   einwirken.

 

3.2.4          Luft-Verbrauch

Das Produkt F * h aus wirksamer Kolbenfläche F und Kolbenhub h heißt bei allen Kolbenma­schinen "Hubvolumen". Es muß bei jedem Hub mit Preßluft des gewünschten Druckes gefüllt werden, die beim Rückhub wieder ausge­schoben wird. Um 1 [dm3] Hubvolumen mit Preß­luft von n [bar] Überdruck zu füllen, müssen n + 1 [dm3] Luft vom Atmosphärendruck 1 [bar] zuvor durch einen Kompressor auf n [bar] verdichtet werden. Wenn man nämlich bei gleichbleibender Tempera­tur das Volumen V einer bestimmten Gas­menge verändert, so ändert sich nach dem Gesetz von Boyle und Mariotte auch der darin herrschende Druck p, wobei das Produkt p * V konstant bleibt. Beispiel: Wenn ein Kompressor 1 [dm3] Luft beim absoluten Druck von 1 [bar] ansaugt und auf 7 [bar] Überdruck, entsprechend 8 [bar] absolut komprimiert, beträgt das Volumen dieser Luftmenge nur noch 1/8 = 0,125 [dm3]. Wenn in einer Maschine der Arbeits-Zylinder einen Durchmesser von 80 [mm] und einen Hub von 200 [mm], also ein Hubvolumen von 1 [dm3] hat und 3mal in einer Minute mit 7 [bar] Überdruck beaufschlagt wird, beträgt die vom Kompressor effektiv zu liefernde Luftmenge, bezogen auf den Ansaug-Zustand

 

     1 [dm3] * 8 * 3 [min-1] = 24 [dm3 min-1] = 1,44 [Nm3/h]

 

Wenn der Rückhub zum Öffnen der Maschine nicht durch Federkraft, sondern durch die 2. Kammer des Arbeits-Zylinders bewirkt wird, muß der Luft-Verbrauch dafür zusätzlich in Rech­nung gestellt wer­den. Da aber längst nicht immer mit dem maximal möglichen Preß­druck gearbeitet wird, ist das Ergebnis auch hier "cum grano salis" zu nehmen. Immerhin wird deutlich, wie sehr die Liefermenge des Kom­pressors, den eine Bügelei zum Antrieb der Maschinen benötigt, in die Höhe getrieben wird durch den Preßluft-Verbrauch beim Blasen.

 

3.3             Bauarten

3.3.1          Klapparm-Bauart

Die simpelste Möglichkeit, die Oberplatte so von der Unterplatte fortzu­bewegen, daß der Bedie­nungsperson Zugriff und Blick auf das Werkstück freigegeben werden, ist eine zirkulare Bewegung, bei der sich der Ober­schuh sowohl nach oben als auch gleichzeitig nach hinten bewegt. (Abb. Universalbügelmaschine ULS).

 

Diese Klapparm- oder Scheren-Ausführung ist der Urtyp der Ober­be­klei­dungs-Bügelmaschine. Sie wurde von einem deutschen Schneider namens Hoffmann, der in der 2. Hälfte des vorigen Jahr­hunderts in die Vereinigten Staaten auswanderte, dort erfunden. Viele tausend Maschinen dieser Bauart sind in aller Welt im Einsatz und werden auch noch laufend produziert. Weil ihr konstruk­tiver Aufbau simpel ist, sind sie kostengünstig zu bauen, leicht zu warten und gegebe­nen­falls zu reparieren. Wenn ihre Bügelkörper nicht zu groß, insbe­son­­dere nicht zu breit und zu hoch sind, ist die Klapparm-Aus­führung eine durchaus bewährte und wirtschaftliche Bauart.

 

Wenn jedoch die Tiefe der Formplatten, d.h. ihre Ausdehnung in Blick­rich­tung des Büglers ein gewisses Maß überschreitet - und Hand in Hand damit geht oftmals auch eine starke Profilierung und damit größere Pakethöhe des Formplatten-Paares -, treten zwei prinzipielle Nachteile der Klapp­arm-Bauart  zutage: ein technischer und ein ergonomischer.

 

Befassen wir uns zunächst mit dem erstgenannten. Die Oberschuhe von Bügelmaschinen werden in aller Regel an zwei Kugelgelenken aufgehängt, mit denen man sie feinfühlig so einjustieren kann, daß sie im geschlos­senen Zustand an allen Stellen den gleichen Abstand zur Unterplatte auf­weisen. Da sich der Oberschuh einer Klapparm-Maschine aber zirkular auf die untere Formplatte zu- bzw. von ihr wegbewegt, kann diese Justage nur für eine ganz bestimmte Stel­lung korrekt sein. Wenn nun aber die Bezüge und das Werkstück dicker und die Preßkraft geringer sind als die Werte, die man der Justage zugrunde gelegt hat, dann kann die Oberplatte sich der Unterplatte nicht so weit nähern, wie angenommen. Da sie sich aber auf einem Kreisbogen bewegt, heißt das, daß der Abstand zwischen Ober- und Unterplatte während des Pressens in der Nähe der Drehachse kleiner ist, als in größerem Abstand von ihr. Betrachten wir zur besseren Veranschau­lichung eine Klapparm-Bügelmaschine mit planen Formplatten. Diese sollen so eingestellt sein, daß sie bei einer bestimmten Bezugs- und Werkstückdicke und einer bestimmten Preßkraft parallel zueinander stehen. Statt eines überall gleichmäßigen, schließen Ober- und Unterplatte jetzt einen keil­förmigen Spalt ein; mit anderen Worten, die Oberplatte ist gegenüber der Unterplatte verkantet und übt auf sie eine örtlich ungleich­mäßig ver­teilte Flächenpressung aus.

Ein weiterer Fehler kann hinzutreten: Bei exakter Einstellung trifft jedes Flächenelement einer planen Oberplatte senkrecht auf das zu ihm gehörige Flächenelement der Unterplatte auf. Sind die Form­platten jedoch nennens­wert gewölbt, so gilt das nur für die annähernd waagerechten Bereiche. Betrachten wir die kinema­tischen Verhältnisse an einem schräg im Raum, nahe der Drehachse, aber tiefer als sie liegenden Flächenelement, z.B. eine Rücken-Bügel­platte. Wenn das Werkstück gerade von dem zugehörigen Flächen­­­element der Oberplatte berührt wird, steht dessen Bewe­gungs-Vektor zwar senkrecht auf der Verbindungslinie zur Dreh­achse, aber keines­­­wegs senkrecht zur Werkstückoberfläche. Man kann ihn vielmehr zerlegen in eine dem Bügelzweck förderliche Normal-Kom­po­nente und eine schädliche Tangential-Komponente. Mit schlich­teren Worten heißt das, daß die Oberplatte nur noch teil­weise pressend, teilweise aber auch schiebend auf das Bügelgut einwirkt. Die Tatsache, daß bei gewölbten Formplatten die Ober­platte nur in sehr eng begrenzten Bereichen senkrecht, in allen anderen Zonen aber schräg auf die Werkstückoberfläche auftrifft, ist unver­­meid­bar. Bei der Klapparm-Bauart ist es außerdem unver­meid­lich, daß dieser grundsätzliche Fehler sich in bestimmten, zumeist den hinteren Bügel­bereichen stärker als in anderen nach­teilig auswirkt.

 

     Günstiger werden die Verhältnisse, wenn man den Oberschuh mit einem

 

3.3.2          Linear-Antrieb

versieht. Unterschiede in der Preßkraft oder in der Dicke der Bezüge und des Werkstücks kön­nen dann nicht mehr zu Verkantungen der Oberplatte gegenüber der Unterplatte führen. Bei gewölbten Platten bleibt zwar der Nachteil bestehen, daß der Oberschuh nur in waagerechten Bereichen senk­recht, in allen anderen aber mehr oder minder schräg auf das Werkstück auftrifft, doch sind wenig­stens die Auftreff-Verhältnisse an einer hinte­ren Formplatten­flanke nicht noch ungünstiger als an einer gleich steilen Vorder­­flanke.

 

Doch muß sich der Linear-Antrieb im Vergleich zum Zirkular-Antrieb einen Minuspunkt ankreiden lassen: Der Oberschuh hebt sich zwar nach oben, nicht aber zugleich nach hinten von der Unterplatte ab. Damit die Bedienungs-Person Sicht- und Hantier-Freiheit gewinnt, müßte er bis über Kopfhöhe fahren, also große Wege durcheilen; die aber kosten Zeit und Preßluft. Also liegt der Gedanke nahe, die Vorteile beider Antriebe miteinander zu einem

 

3.3.3          Zirkular-Linear-Antrieb

zu kombinieren. Die Abbildung FSRL21S zeigt eine Maschine zum Fertig­bügeln der Revers von Herrensakkos oder -Mänteln mit einem solchen Antrieb. Der Oberschuh bewegt sich aus der offenen Stel­lung zunächst in bekannter Weise auf einem Kreisbogen auf den hier zwei-geteilten unteren Bügelkörper zu. Etwa 30 mm oberhalb der Unterplatten geht diese Zirkular-Bewegung in eine geradlinig senk­rechte über, mit der die Oberplatte dann auf die zu bügelnden Revers auftrifft. Die beiden Teilbewegungen ergänzen sich also in vorteilhafter Weise, doch darf man nicht ver­kennen, daß es eben zwei sind: Der Antriebszylinder für die Zirkular-Bewegung ist auf der Rück­seite der Maschine angeordnet und auf der Abbildung nicht zu sehen; der Linear-Antrieb hingegen ist oberhalb der Oberplatte montiert und gut erkennbar. Man sagt auch, daß ein so angetrie­bener Oberschuh zwei Freiheits-Grade habe, nämlich einen rota­torischen und einen trans­lato­rischen. Freiheitsgrade aber kosten Geld, und jeder konstruktive Aufwand ist sorgfältig darauf­hin zu prü­fen, ob seine Vorteile die Kosten recht­fer­tigen.

 

Bei dem Typ FSRL21S kann man die Frage bejahen: Die beiden Holme für das linke und rechte Revers sind jeder für sich zwar schmal, doch mit einem gewissen Abstand zueinander angeordnet, damit zwischen ihnen der Rumpf des Sakkos Platz findet. Die Gesamttiefe der Bügelkörper, die man am Ober­schuh gut abschätzen kann, ist also beträchtlich, und das wäre auch die Verkantungs-Gefahr, wenn man diese Maschine nur mit einem Zirkular-Antrieb baute. Bei dem Baumuster FSRL23S hingegen sind die beiden ähnlich geformten Unterplatten nicht hinter-, sondern neben­einander ange­ordnet. Ihre Tiefe ist also wesentlich geringer und so sei nicht verschwie­gen, daß der Aufwand für den zusätzlichen Linear-Antrieb keinen meß­baren Gewinn an Bügelqualität erbringt. Beim Bügelmaschinenbau aber ist es nicht viel anders, als beim Häusle-Bau: Es gibt immer einen, der nichts weiß, aber alles kann: Das ist bei uns der Schlosser. Ein anderer weiß alles, aber kann nichts: Das ist der Konstrukteur. Dann gibt es einen, der alles weiß und alles kann, und der nennt sich Meister. Und dann ist da schließlich noch einer, der weiß nichts und der kann nichts, aber als Käufer hat er das Geld und folglich wird die Maschine so gebaut, wie er sie will!

 

Trotz ihrer zwei Freiheits-Grade und der damit erkauften Vorteile ist die Bügel­maschine mit kombiniertem Zirkular-Linear-Antrieb aber noch nicht die ideale Lösung. Erstens sind die mit ihr erzielbaren Preßkräfte begrenzt; zum anderen aber hat sie mit der Bauart mit nur einem zirkularen Antrieb einen schon erwähnten ergonomischen Nachteil gemeinsam: Die Bedie­nungs­person steht recht dicht vor dem offenen Maul der Maschine und wird von ihr mit  heißem Atem angehaucht; mit ihren Armen und Händen muß sie gar in diesem heißen Maul hantieren. Wenn man schon den Aufwand für zwei Freiheits-Grade zu treiben bereit ist, kann man Nägel mit Köpfen machen  und die zwei Antriebe so miteinander kombinieren, daß eine

 

3.3.4          Schiebetisch-Bügelmaschine

entsteht, wie sie die Abbil­dung VE zeigt: Sie ist dadurch charakte­ri­siert, daß die Unterplatte nicht mehr ortsfest auf dem Maschi­nen­gestell montiert ist, sondern sich waage­recht um etwas mehr als ihre eigene Breite von der Bedie­nungs­person fort- und später  wieder auf sie zubewegen kann. Wenn sie ihre hintere Endlage erreicht hat, bewegt sich die Oberplatte geradlinig senk­recht auf sie herab; deren Hub braucht nur gerade so groß bemessen zu sein, daß die Unterplatte nicht mit ihr kollidiert. Diese Konzeption hat viele Vorteile, insbesondere stellt sie einen komfortablen Arbeits­platz dar. Die Bedienungs­person kann nicht nur völlig ungehindert mit dem Werkstück han­tieren und hat nicht nur freie Sicht darauf, sondern steht auch räumlich getrennt von der Hitze abstrahlen­den Oberplatte. Außerdem ist es bei dieser Bauart nicht schwierig, den Oberschuh zu verklei­den und dadurch den Bügler oder die Büglerin noch weiter gegen Belästigung durch Dampfschwaden und Wärmestrahlung zu schüt­zen.

 

Nur leider sind die Produktions-Kosten für eine so schöne Maschine deut­lich höher als für die altmodische Klapparm-Ausführung, wäh­rend ihre Mengen-Leistung wegen der sicherlich etwas geringe­ren Ermüdung der Bedienungsperson nur geringfügig höher ist.

 

     Es drängte sich also die Frage auf, ob die Schubladen-Bauart wirklich das Nonplusultra ist, oder ob sich nicht jenseits von ihr eine wirk­lich ideale Lösung finden läßt. Dazu ist eine

 

3.3.5          Zeitanalyse

der im System Mensch-Maschine ablaufenden Vorgänge nützlich. Deshalb zer­legen wir jetzt einen vollständigen Arbeitszyklus in seine Zeit­ele­mente.

 

Im ersten Schritt wird ein rohes Kleidungs­­­stück auf die Unterplatte gelegt und auf ihr ausgerich­tet. Dazu gehört auch, daß eventuell unter dem Ober­stoff sich zeigende Futterfalten oder ein unkorrekt liegender Taschen­beutel glattge­strichen werden; in vielen Fällen sind noch andere manuelle Verrich­tungen (z.B. Arbeiten mit einem Dampfbügeleisen) erfor­der­lich.

 

Dann erst kann mit dem Schließen der Oberplatte die zweite Phase ein­ge­leitet werden, in der die Maschine - eine leistungsfähige Steuerung setzen wir voraus - automatisch die Preßkraft auf- und später wieder abbaut, dämpft, absaugt, bläst, kurz alles tut, was man von ihr erwartet.

 

Wenn sie damit fertig ist, ist wieder die Bedienungsperson am Zuge, die oftmals noch gewisse Nacharbeiten verrichten, z.B. einen Pattenabdruck mit dem Dampfbügeleisen entfernen muß. Schließ­lich hat sie noch das gebü­gelte Teil zu nehmen und für den Weiter­transport zum nächsten Arbeits­platz bereitzustellen, wenn ihr nicht ein automatisches Entlade­gerät diese Arbeit abnimmt. Die einzelnen Zeitelemente, aus denen sich ein Bügelzyklus zusam­men­setzt, summieren sich also zu der Zeit für

 

     manuelle Tätigkeiten                               Tman   einerseits und

     automatisierbare Maschinenarbeit        Tauto   andererseits.

 

Bei den bislang betrachteten Bauarten addieren sich diese beiden Teilzei­ten zur Gesamtzeit (Zykluszeit) Ttotal = Tman + Tauto.

 

Während Tman ist der Mensch unentbehrlich, die Maschine jedoch zur Be- und Entladestation degradiert; während Tauto wird zwar die Maschine für ihren eigentlichen Zweck genutzt, jedoch wäre der Mensch zur Untätigkeit verdammt, wenn man ihm nicht doch die Möglichkeit böte, auch während dieser Zeitspanne produktiv zu sein. Menschliche Arbeitskraft ist zu teuer, als daß man sie mit Warte­zeiten verplempern könnte. Niemand braucht mir zu sagen, daß der Mensch weit mehr als nur ein Produktionsfaktor ist; unbestreitbar ist er aber auch ein Produktionsfaktor. Mit Pro­duktions-Faktoren aber ist, wie mit allen knappen Ressourcen, sparsam umzugehen. Nur was pro­duziert ist, kann verteilt und konsumiert werden. Wie denn gerecht verteilt und sinnvoll konsu­miert werden kann, sind interessante, schwierige, jedoch hier nicht zu erörternde Fragen. Unsere Aufgabe ist es, optimale Produktionsmittel zu entwickeln und anwenden zu lernen. Das mag etwas kaltschnäuzig-materi­alistisch klingen, doch wird man sicher meiner Überzeugung zustim­men, daß ein Arbeitsleben nicht dadurch bereichert wird, daß man es zur Hälfte vor einer dampfenden Bügelmaschine stehend und Däumchen drehend verbringt.

 

Zwei Möglichkeiten gibt es, einen Bügelplatz so zu gestalten, daß der Mensch während Tauto produktiv sein kann: Am nächstliegenden ist es, ihm eine zweite Maschine zu geben, an der er tätig sein kann, während in der ersten der Bügelprozeß automatisch abläuft. Die beiden abwechselnd zu bedie­nenden Maschinen können vom genau gleichen Typ sein, wenn die Pro­duk­tions-Menge das sinnvoll erschei­nen läßt. Sie können sich aber auch ergänzen, z.B. in der Art, daß eine Kragen- mit einer Fasson-Bügelmaschine gepaart wird. Weit verbreitet sind Zwei-Maschinen-Sätze aufgrund der Tatsache, daß der menschliche Körper zu seiner Mittelebene symmetrisch ist (wenigstens äußer­lich). Deshalb benötigt man spiegelbildliche Form­plat­ten-Paare, z.B. zum Bügeln von Vorderteilen, Rücken, Schultern etc. Es liegt dann nahe, je eine Maschine für die rechte und linke Körperseite ein­zu­setzen, und abwechselnd von einer Person bedienen zu lassen, so daß Tauto an der rechten Maschine zeitlich zusammenfällt mit Tman an der linken und umgekehrt. Diese Arbeitsweise nennt man überlappend.

 

2-Maschinen-Sätze bieten zwar der Bedienungsperson die Mög­lich­keit, ihre volle Arbeitskraft einzusetzen, ändern aber nichts an der Tatsache, daß das in ihnen investierte Kapital schlecht ausge­nutzt ist. Während mehr als der Hälfte der gesamten Arbeitszeit liegen die Oberplatte, ihr Antrieb und die Steuerung brach. Wenn man die Abbildung VE genügend lange betrachtet, erwacht irgend­wann der Wunsch, daß der untere Bügelkörper in doppelter Ausfer­tigung vorhanden sein möge, nämlich einmal vorn in der Maschine als Be- und Entladestation und gleichzeitig ein zweites Mal hinten, zusammen mit der Oberplatte die Preßstation bildend.

 

Diesen Wunsch erfüllt eine Bauart, für die die in Abbildung ULC gezeigte Universalbügelmaschine ein Beispiel gibt: Während die Bedie­nungs­person damit beschäftigt ist, den vorn in der Maschine befind­lichen unteren Bügel­körper A zu ent- und beladen (Tman), wird ein anderes Werk­stück zwischen Unterplatte B und der Ober­platte hinten in der Maschine automa­tisch gebügelt  (Tauto). Wenn in beiden Stati­onen das Nötige geschehen ist, muß nur noch dafür gesorgt werden, daß Unterplatte A in die Preßstation hinein­fährt und gleichzeitig Unterplatte B aus ihr in die vor­dere Be- und Entladestation zurückkehrt. Wie kann das gehen?

 

Alle, auch die dünnsten Form­platten sind zu dick, und es hängen zu viele Leitungen an ihnen, als daß sie sich übereinander hinwegbewegen könnten. Ein Kon­struk­teur, der sie, um Kollisionen zu ver­meiden, im Viereck anein­ander vorbeibewegen wollte, spränge im Dreieck! Einfacher geht´s, wenn man beide Unterplatten auf einem gemeinsamen Tisch anordnet, der sich um eine senkrechte Achse um 180° dreht:

 

3.3.6          Die 180°-Karussell-Bügelmaschine

ist geboren! A propos: Ein richtiges Kirmes-Karussell ist sie nicht, da sie sich natür­lich nicht fort­laufend im Kreise dreht, sondern einmal im Uhr­zei­ger­sinne hin- und dann gegen den Uhr­zeiger herfährt. Das bewirken 2 "eiserne Hände" (wer ruft da "Götz von Berlichingen?"), die von Preß­luft-Zylin­dern angetrieben werden. Eine von ihnen übt einen Drehimpuls auf den Karussell­­tisch aus; wenn der sich daraufhin um ca. 170° gedreht hat, ergreift ihn die andere und zieht ihn in die neue Endlage; beim nächsten Arbeitsspiel ist es umgekehrt.  Fassen wir die Vorteile des Karussell-Prinzips nochmals zusam­men:

 

3.3.6.1        Der Qualitäts-Verantwortliche ist zufrieden, weil senkrecht ge­führ­te Ober­­schuhe das Bügelgut in kinematisch bestmöglicher Weise behandeln.

3.3.6.2        Die Bedienungsperson ist zufrieden, weil sie nicht zwischen zwei Arbeits­plätzen pendeln muß, sondern einen Arbeitsplatz hat, der ihr freie Sicht auf das Werkstück sowie ungehindertes Hantieren damit bietet, und sie nur einer minimalen Belästigung durch Wärme­strahlung aussetzt.

3.3.6.3        Last not least ist auch der Kapitalist zufrieden, weil ein Karussell zwar keine billige Maschine ist, aber doch ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auf­weist, weil alle seine Teile fast pausenlos im Einsatz sind, das investierte Kapital sich also schnell amorti­siert.

Die schwach zylindrischen Formplatten des Universal-Karussells ULC sind zu ihrer Längsachse symmetrisch. Deshalb kann man mit ihnen beispiels­weise sowohl rechte als auch linke Regenman­tel-Kanten bügeln. Es genügen also die beiden für ein 180°-Karussell typischen, einander gleichen unteren Formplatten A und B, die abwechselnd mit der nur in einem Exemplar vor­han­denen Ober­platte zusammen arbeiten.

 

Andere spiegelbildliche Zonen eines Kleidungsstückes erfordern, wie bereits dargelegt, zwei Form­­platten-Paare, nämlich je eines für die linke und rechte Körperhälfte. Wenn sie relativ groß sind, wie z.B. beim Bügeln von Mantel­vorderteilen, muß man zwei 180°-Karusselle einsetzen; dafür möge das Baumuster MBLC als Beispiel gelten, zu dem natürlich eine spie­gel­­bildliche Maschine MBRC gehört.

 

Formplatten zum Vor- und Fertigbügeln der Rümpfe von Sakkos oder Kostüm­­jacken, die ja nicht so groß sind, kann man hingegen paarweise in einer Station zusammenfassen, wie es z.B. in dem Karussell RRLC zum Fer­tig­­bügeln von Sakkorücken geschieht. Für solche Rechts-Links-Kombina­ti­onen hat sich die Bezeichnung Tandem-Ausführung eingebürgert. Da bei einer Karus­sell-Bügel­maschine die unteren Formplatten in doppelter Aus­fer­­tigung vorhanden sein müssen, verfügt ein solches Tandem-Karussell über vier untere und zwei obere Bügelkörper. Beim Drehen fährt die Unter­platte, die sich in der Belade-Station zur linken Hand der Bedienungs­person befin­det, in die diagonal gegenüber liegende Preßstation hinten rechts in der Maschine, aus der ihr Zwil­ling gleichzeitig nach vorn zurückkehrt. Sobald die 180°-Drehbewegung durchgeführt ist, beginnen die beiden Ober­schuhe zwar gleichzeitig zu arbeiten, müssen das aber unab­hängig vonein­ander tun und deshalb auch unabhängig voneinan­der ange­trieben und gesteu­ert sein. Warum? Die eine Preß­station bügelt den linken Rücken des Sakkos Nr. 1, die andere den rechten Rücken des Sakkos Nr. 2. Die beiden Werk­stücke können aus unter­schied­lichen Materialien sein und deshalb unter­schied­li­che Behand­lung erfordern. Wie wir noch sehen werden, ist das für eine Micro-Prozessor-Steuerung ein Kinderspiel; nur muß der Konstrukteur der Maschine die Antriebe richtig auslegen, der Pro­gram­mierer die rich­ti­gen Programme bereitstellen und der Bügler für jede der beiden Stationen das richtige auswählen. Man braucht nicht Kalkulator zu sein, um auf den ersten Blick zu erkennen, daß Tandem-Karusselle einen beträchtlichen Investi­­tions-Aufwand pro Arbeitsplatz erfordern. Außer den darge­legten quali­tativen und ergonomischen Vorteilen, die jedes 180°-Karussell besitzt, bietet die Tandem-Version jedoch noch einen handfesten wirt­schaft­lichen Vorteil durch die an ihr mögliche, sehr rationelle Griff- und Lege-Technik.

 

Dieser Vorteil wird besonders deutlich im Vergleich mit einer anderen, in vielen Punkten gleichwertigen konstruktiven Lösung. Die Abbildung VED-01 zeigt eine Bügel­maschine zum Fer­tigbügeln rechter und linker Sakkovorderteile in der oben beschriebenen Schubladen-Bauart. Nehmen wir an, daß ein von links antransportiertes rohes Sakko zunächst mit seinem rech­ten Vor­derteil auf den links vorn im Bild sichtbaren Bügel­körper gelegt wird. Wenn es nach dem Bügeln in der dahinter liegenden Preßstation zurück­kehrt, muß es abgenommen und mit seinem linken Vor­derteil auf die zweite untere Formplatte gelegt werden. Diese befindet sich aber mit dem voran­ge­gangenen Sakko noch in ihrer Preßstation. Folglich bleibt der Bedie­nungs­person nichts anderes übrig, als das halb gebügelte Sakko zunächst auf eine Zwischenstation, z.B. in Form eines Knaufes, abzuhängen. Diese "Zwischenlagerung" ist nicht mit Risiken behaftet und auch nicht ganz so kostenintensiv, wie die von strahlendem Molkepulver, kostet aber Griffzeiten für das Weg­hängen und spätere Wiederer­greifen.

 

Bei einem Tandem-Karussell entfällt jegliche Zwischenlagerung zwischen den Bügeloperationen an der linken und rechten Körper­hälfte. Mit jedem Takt kehren zwei Sakkos in die Be- und Entladestation zurück. Das eine, bereits fertiggebügelte, wird abgenom­men; das andere, erst halb gebü­gelte, wird von der Unterplatte, auf der es liegt, abgezogen und unmittelbar auf die soeben frei gewor­dene Formplatte gelegt. Damit ist wieder Platz für ein neu einzu­legendes Werkstück, so daß sich der Zyklus wieder­holen kann. Ver­lust­zeiten für das Ablegen auf und Wiederergreifen von einer Zwischen-Station entfallen also. Außerdem stellen die zwei Formplatten pro Station sicher, daß das "Handling" länger dauert, als das längst-mögliche Bügel-Programm in einer Preß­station, und daß deshalb die Bedienungsperson niemals auf die Maschine warten muß.

 

Aufgrund ihrer technischen, ergo- und ökonomischen Vorteile lassen Tandem-Karussell-Bügel­maschinen eigentlich keinen Wunsch mehr offen, ausgenommen den des Herstellers, sie nun auch zu verkaufen. Und nun tropft in den Becher der Freude darüber, endlich die optimale Maschine entwickelt zu haben, der Wermutstropfen der Marktgegebenheiten:

 

Rechte und linke Formplatten für Vorderteile, Rücken usw. benötigen alle Betriebe, die über­haupt Großstücke produzieren; in den Genuß der technischen und ergonomischen Vorteile der 180°-Karussell-Bauweise möchten viele kom­men; die damit möglichen Mengenleistungen nutzen können nur wenige. Also erhebt sich, so paradox das klingen mag, ein Ruf nach weniger leistungs­fähigen Bügelmaschinen!

 

Eine Bauart, die alle Vorteile mit Ausnahme einer maximalen Mengen-Leistung bietet, haben wir in der Tandem-Schiebetisch-Ausführung bereits kennengelernt. Konstruktiv haben sie mit Karus­sell-Bügelma­schinen zwei Frei­heitsgrade gemein, deren erster in der geradlinig-vertikalen Bewe­gung der Oberplatten besteht. Der Unterschied liegt im zweiten Freiheitsgrad, der sich bei der "Schubladen"-Ausführung in einer ebenfalls linearen, bei Karussellen jedoch in einer Rotationsbe­wegung verkörpert. Jeder Her­stel­ler von Bügelmaschinen kommt nicht darum herum, sowohl die Klapparm- als auch die Karussell-Ausführung im Programm zu haben. Er wird sich jedoch überle­gen, ob er seine ohnehin zu kleinen Produktions-Stückzahlen noch dadurch weiter aufsplittern soll, daß er zusätzlich die Schubladen-Ausführung anbietet. Wirtschaftlicher ist es, unter weitgehender Verwen­dung der Teile und Baugruppen eines Karussells eine Variante zu produzie­ren, die auf eine kleinere Mengenleistung zielt, ansonsten aber alle geschil­­der­ten Vorteile dieser Bauart beibehält. Diese Überlegungen führen zu einem

 

3.3.7          120°-Karussell

wie es die Abbildung MBRLA zeigt: Sie besitzt je eine Unter- und Ober­platte zum Fertigbügeln rechter und linker Mantelvorderteile. Die beiden Oberplatten sind links und rechts seitlich vom C‑förmigen Maschinen­gestell jede mit einem eigenen Antrieb montiert. Die beiden Unterplatten sind auf einem Drehtisch um 120° gegeneinander versetzt angeordnet: Eine befindet sich immer in der vorderen Be- und Entladestation, die andere in der zu ihr gehören­den Preßstation. Eine Tandem-Legetechnik ist deshalb nicht mög­lich; zwischen den Arbeitsgängen am rechten und linken Vorder­teil muß das Werkstück also auf eine Zwischenstation gehängt werden. Die wirkliche Schwäche der 120°-Karussell-Bauweise liegt aber darin, daß immer nur eine der beiden Preß-Stationen arbeiten kann, während die gegenüber liegende Zwangs­pause hat. Das Preis-Leistungs-Verhältnis dieser Bauart muß also schlechter sein, als bei 180°-Karus­sellen, doch nimmt man diesen Nachteil in Bügeleien mit kleinerer und mittlerer Kapazität bewußt in Kauf. Um den Rumpf z.B. eines Sakkos oder Mantels in vier Teiloperationen zu bügeln, genügen ja zwei 120°-Karusselle, nämlich eines für die Vorderteile und eines für die Rücken. Eine alternative Lösung wären vier 180°-Karusselle, näm­lich je eines für jede Teiloperation. Der Investitionsaufwand wäre beträchtlich höher; wer die damit erkauf­te höhere Mengenleistung aber nicht nutzen kann, ist mit 120°-Karussellen besser bedient.

 

Die folgende Tabelle zeigt, um welche Größenordnungen es geht:

Karussell                     -Bauart                                                                 120°           180°

                                      -Anzahl                                                                     2                 4

Bedienungs-Personen                                                                                2                 4

Tauto                                                s/Rumpfviertel                                    20               20

Tman                                                s/Rumpfviertel                                    24               24

Leistung                                         Rümpfe/h                    75                 150

Preis                                                DM/Maschine                              60000,-      48000,-

Gesamt-Investition                       DM                                              120000,-    192000,-

Investition                                       DM pro Rumpf/h                           1600,-        1280,-

 

Wenn nur etwa 40 Rümpfe/h zu bügeln sind, kann man natürlich auch zwei 120°-Karusselle, nämlich das für die Vorderteile und das für die Rücken zu einem Arbeitsplatz zusammenfassen und von einer Person bedienen lassen. Man stellt sie zweckmäßigerweise so auf, daß die beiden Belade­stationen im Winkel von etwa 90° zueinander stehen, wie es auch bei Klapparm-Maschinen-Sätzen seit eh und je Brauch ist. Die Gesamtinvestition bleibt gleich, gerechnet pro Arbeitsplatz verdoppelt sie sich; bezogen auf den möglichen Durch­satz pro Stunde verdoppelt sie sich nicht ganz. Ein sol­cher, nun wirklich sehr teurer Arbeitsplatz bietet der Bedienungsperson in jedem Augenblick Zugriff auf 2 untere Bügelkörper, deren einer leer ist, während auf dem anderen ein bereits teil-gebügeltes Werkstück liegt. Wenn man immer abwechselnd ein Vorderteil, einen Rücken, das andere Vorder­teil und den anderen Rücken bügelt, ist zwischen den 4 Teil­opera­ti­onen eines Rumpfes keine Zwischenablage-Station notwendig und damit ist die manu­elle Zeit pro Werkstück minimiert. Mit diesem kleinen Zeitgewinn sind die hohen Investitionskosten eines solchen Arbeits­platzes natürlich nicht zu amortisieren. Ich kenne aber eine Firmengruppe der Bekleidungsindu­strie, die sich aus einem ganz anderen Grunde für eben diese Arbeitsplatzgestaltung entschieden hat, obgleich die Produktions-Stückzahlen mehr als ausreichend wären, den Ein­satz von Tandem-180°-Karussellen zu rechtfer­tigen:

 

Der Bügler hat an jedem Werkstück einen größeren Anteil; er liefert nicht 150 Bruchstücke eines Sakkos in der Stunde, sondern 40 heile Rümpfe, seine Rümpfe, für die er verantwortlich ist, die ihm aber auch eine größere Befriedigung vermitteln, als eine allzu atomisierte Arbeit es könnte. Solches "Job-enrichment" ist heute noch die ganz seltene Ausnahme; ob durch bessere Motivation eine höhere Produktivität erzielt wird, aus der sich letztlich die höheren Arbeitsplatzkosten bezahlen lassen, bleibt abzu­warten.

 

3.4             Entlade-Geräte

3.4.1          Problemstellung

Wenn man den Arbeitszyklus an Bügelmaschinen, die den derzeitigen Stand der Technik ver­körpern, auf Rationalisierungs-Reserven hin abklopft, gelangt man zu dürftigen Ergebnissen:

 

An der eigentlichen Bügelzeit Tauto ist nichts holen. Sie ist mittels einer kom­fortabel zu pro­grammierenden Steuerung minimiert; außerdem wird sie von der manuellen Tätigkeit der Bedie­nungsperson voll überlappt, beein­flußt also die Zykluszeit gar nicht. Deren überwiegender Anteil wird für das Einlegen und Positionieren des Werkstückes benötigt. Vieles spricht dafür, daß schon in naher Zukunft Handhabungsgeräte verfügbar sein wer­den, die ein zu bügelndes Kleidungsstück aus einem Vorrat greifen und auf den Bügelkörper legen könnten. Warum der Konjunktiv? Weil ein solcher Roboter nur dann wirtschaftlich sinnvoll wäre, wenn er ein Kleidungsstück auch positionie­ren könnte! Das aber wird noch auf lange Zeit ein unerfüll­barer Wunschtraum bleiben. Da Klei­dungsstücke nun einmal keine auch nur annähernd geometrisch exakt definierten Gebilde sind - und im halbfertigen Zustand während ihres Herstellungsprozesses schon gar nicht -, werden zum Positionieren, Glattstreichen, Zurechtzupfen und für andere vorberei­tende Arbeiten sensorische und motorische Fähigkeiten verlangt, über die nur die menschliche Hand und das menschliche Auge, in absehbarer Zeit aber keine Roboter verfügen.

 

Lösbar ist in vielen Fällen jedoch die Aufgabe, das Werkstück nach dem Bügeln automatisch aus der Maschine herauszuholen und zum nächsten Arbeits­platz zu fördern. Wenigstens die dafür sonst erforderliche Hand­ling-Zeit kann dadurch eingespart werden. Mit anderen Worten: Ein Schnipp­sel­chen Tman verwandelt sich in Tauto!

 

Unter der Voraussetzung, daß das Werkstück nicht zur Nachbehandlung in die Beladestation zurückkehren muß, kann darüber hinaus an 180o-Karus­sellen auch noch die Zeit der Drehbewe­gung eingespart werden, während der die Bedienungsperson sonst untätig warten muß. Wenn der untere Bügel­körper nämlich leer in die Beladestation zurückkehrt, kann die Bedie­nungsperson schon unmittelbar nach Drücken des Starttasters, also wäh­rend der Drehbewegung zum nächsten Werkstück greifen.

 

Ein Entladegerät für eine bestimmte Bügelmaschine zu bauen, ist dann - und nur dann - möglich, wenn sich eine Stelle des Werkstückes finden läßt, an der ein geeignetes Greiforgan es erfassen und vom unteren Bügelkörper abziehen kann. Das ist in fast allen Fällen möglich; einige wenige, wie z.B. das Entladen einer im folgenden noch vorzustellenden Kragen- oder Schul­ter-Bügelmaschine dürften hoffnungslos sein, wenn man nicht einen immen­sen technischen Aufwand treiben will.

 

Zwei Arten von Greiforganen kommen in Betracht: Sauggreifer und mecha­nische Hände. Die Erfahrung lehrt, daß eine künstliche Hand, wenn sie nur irgend einsetzbar ist, wegen ihrer höheren Zuverlässigkeit den Vorzug vor einem Sauggreifer verdient.

 

Die Bewegung, mit der das Werkstück aus der Maschine gezogen wird, kann kreis­bogenförmig oder geradlinig sein. Eine zirkulare Bewegung ist meist konstruktiv einfacher zu verwirklichen als eine lineare.

Um ein Entladegerät so einfach, zuverlässig und kostengünstig wie möglich zu halten, wird sich sein Konstrukteur bemühen, mit möglichst wenigen Freiheitsgraden auszukommen. Im Minimum sind das zwei: Erstens muß die - noch offene - künstliche Hand zur gegebenen Zeit an das Werk­stück heran­fahren (und später natürlich mit ihm in die Ausgangslage zurück­kehren). Zweitens muß sie sich dann schließen, um es zu ergreifen (und später natürlich wieder öffnen, um es abzulegen).

 

3.4.2          Lösungsbeispiel

Eine schwierige, zugleich aber auch lohnende Entlade-Aufgabe stellt sich an einem Hosenbein-Karussell nach Abb. HRLC. Beide Stationen sind mit je einem Unterschuh für das rechte und linke Hosenbein ausgerüstet. Die Hose wird mit einer Hand an beiden Säumen ergriffen und senkrecht nach unten hängend in den Spalt zwischen den beiden unteren Bügelplatten eingeführt. Dann wird das eine Bein auf den linken Unterschuh gelegt und in korrekter Position mittels Vakuum festgehal­ten, danach das rechte Bein auf den anderen Unterschuh. Die Oberhose hängt zwischen den beiden Platten nach unten durch. Da zumindest enge Hosen eigentlich dressiert sein müßten, es aber nicht immer sind, muß in vielen Fällen damit gerechnet werden, daß die Beine sich in der Fertigbügel­maschine äußerst widerspenstig verhalten und trotz Unterstützung durch die Absaugung nur mühsam positioniert werden können. Deshalb besitzt jede Station noch einen Niederhalterahmen, dessen Stoffbespannung sich nun auf beide Hosenbeine legt und damit hilft, widerspenstige Hosen­beine zu bändigen, indem z.B. überschüssige Länge im Kniebereich so fein verteilt wird, daß beim Pres­sen keine Falten entstehen. Sobald die Bedie­nungsperson den Startknopf gedrückt hat, kann sie sofort zur nächsten Hose greifen, da sie weiß, daß die aus der Preßstation zu ihr zurückkehrenden Unterschuhe leer und somit unverzüg­lich wieder neu zu belegen sind. Der in die Beladestation zurückkehrende Nie­­der­halte­rahmen öffnet sich automatisch, sobald er die Schutzver­klei­dung der Maschine verlassen hat.

 

Gegen Ende des Bügelprogramms fährt eine von außen kommende eiserne Hand zur Mitte der Preßstation. Ihre flachen Finger schieben sich unter dem nach unten hängenden Bund hindurch und klammern ihn dann ein. Wenn die Absaugung und damit das eigentliche Bügelprogramm abgelau­fen ist, kehrt die Hand nach außen zurück und zieht dabei die Hose mit sich, wobei die gebügelten Beine zunächst über die Unterplatten, dann durch den Spalt dazwischen und schließlich über den Maschinentisch gleiten.

 

3.4.3          Weitertransport

Da hängt sie nun und stellt die stumme Frage: Wie geht es weiter? Ein Entladegerät hat seine Pflicht getan, wenn es das Werkstück in einer diesem zuträglichen und definierten Lage zum Wei­tertransport bereitstellt. Mit welchem Fördermittel das geschieht, muß jeder Betrieb selbst ent­schei­den.

 

Eine - auf den ersten Blick billige - Möglichkeit besteht darin, die Hosen auf einen Bündelwagen abzulegen. Zu bedenken ist jedoch, daß dieser spä­testens alle 5 Minuten gegen einen leeren ausge­wechselt und von Hand zum nächsten Arbeitsplatz geschoben werden muß.

 

Denkbar ist auch ein Automat, der die Hosen aus dem Entladegerät nimmt und in ein Förder-System einfädelt, mit dem sie - am Saum aufgehängt - weiter transportiert werden. Ein solcher "Roboter" dürfte schätzungsweise noch einmal soviel kosten wie die gesamte Bügelmaschine.

 

Die wirtschaft­lichste Verbindung zwischen einem Hosenbein-Karussell und den - meist drei - darauf folgenden Bund-Bügelmaschinen ist ein speziell für diese Aufgabe entwickeltes Förderband!

 

Der Entlader legt die Hosen auf einen Gurt, der über ein rundes Trägerrohr läuft, so daß sie kei­nerlei Markierungen bekommen, auch dann nicht, wenn sie über Nacht darauf hängen bleiben. Mit jedem Arbeitszyklus des Bein-Karussells taktet das Band um eine einstellbare Strecke weiter. Jeder Bund-Bügler kann die Hosen mit seiner Rechten ergreifen und von rechts auf den Unterschuh sei­ner Maschine ziehen.

 

     Nach dem Bundbügeln hat man wiederum die freie Wahl des Fördermittels. Empfohlen wird, daß jeder Bundbügler die von ihm gebügelten Hosen auf das gleiche Förderband zurücklegt, mit dem sie dann auch noch zum folgenden Arbeitsplatz weiterbefördert werden, sei es zum Schlitzbü­geln, Komplet­tieren oder zur Endkontrolle. Jedwede Unsicherheit, welche Hose denn schon gebü­gelt ist und welche noch nicht, wird ganz einfach dadurch ver­mie­den, daß man sie mit dem Bund zur anderen Seite auf das Band zurücklegt.

Die Grundrißskizze "Hosen-Bügelei" bietet einen Vorschlag, wie Bein- und Bund-Maschi­nen optimal beiderseits des Förderbandes aufgestellt werden können.

 

Gegen dieses Fördersystem spricht nur ein Argument: Seine geringe Pufferkapazität! Sie läßt sich zwar durch einen Zähler vervielfachen, der das Band nur nach jeder x-ten Hose weitertaktet, doch bleibt sie begrenzt, weil die zu unterst liegenden Hosen nicht unter dem Gewicht eines zu hohen Stapels leiden dürfen.

 

Seit langem wird das Bündel-Verfahren einer streng taktgebundenen Arbeitsweise vor allem deswegen vorgezogen, weil es der individuellen Leistungsfähigkeit besser gerecht wird und jedem mehr Frei­heit läßt, seine Arbeit über den Tag zu verteilen.

 

Das ist richtig, aber nicht die ganze Wahrheit: Eine Pufferung des Material­flusses durch Bündel jedweder Form kostet Platz, bindet Kapital, verlän­gert die Durchlaufzeit und erschwert die Über­sicht. Außerdem können die Bund­bügler letztlich nicht mehr Hosen bügeln, als von den Bein-Bügel­maschinen vorgelegt werden. Entscheidend aber ist die Produkti­vi­täts-Stei­gerung durch die Kombination von Entlader und Förderband. Sie ist so durchschlagend, daß man sogar zusätzliche bezahlte Pausen gewähren und dann erwarten kann, daß eine Büglermannschaft während der kurzen Arbeitszeitblöcke beieinander bleibt.

 

An einem modernen Bein-Karussell ohne Entlader sind 100 Hosen/h (ent­sprechend 36 s/Hose) guter Durchschnitt. Wenn die Wartezeit während des Drehens und das manuelle Entladen entfallen, werden mindestens 7 Sekun­den ein­gespart. Das ist eine rechnerische Leistungssteigerung von 24% ! Mit den bereits installierten Anla­gen wurden weit darüber liegende Produktivi­täts-Sprünge erzielt. So ergeben sich Amortisations-Zeiten, die näher an einem als an zwei Jahren liegen!

 

Wenngleich Entlader an anderen Bügelmaschinen die Leistung nicht so eindrucksvoll steigern, so halte man sich doch immer vor Augen: bei einer Zykluszeit von etwa einer halben Minute bedeutet die Einsparung jeder Sekunde einen Produktivitätszuwachs von gut 3 % !

 

3.5             Steuerung

3.5.1          Aufgabe

Eine Analyse des zeitlichen Ablaufs aller Teiloperationen inner­halb eines Bügelzyklus führte schon früh zu der Erkenntnis, daß für einige die Hand, das Auge und die geistigen Fähigkeiten des an der Maschine arbeitenden Menschen unverzichtbar sind; die maschi­nellen Funktionen hingegen kann man automatisieren, und unter drei bedeutenden Gesichtspunkten muß man sie sogar automatisieren:

 

3.5.1.1        Menschliche Arbeitskraft ist zu teuer, als daß man sie mit dem Betätigen von Venti­len, Hebeln oder Zylindern verschwenden dürfte.

3.5.1.2        Die immer wiederkehrende Folge solcher mechanischen Tätigkeiten läßt den Men­schen keine Befriedigung und Erfüllung in seiner Arbeit finden.

3.5.1.3        Eine Automatik erledigt die Steuerung der immer wiederkehrenden Maschi­nen­funktionen aber nicht nur billiger, sondern auch gleich­mäßiger, als es der tüchtigste und bemühteste Mensch könnte. Automatisierung bedeutet deshalb zugleich auch Qualitäts-Sicherung!

 

Um eine Antwort auf die Frage zu finden, was eine Automatik denn können muß, werfen wir am besten einen Blick auf die verschie­denen Arten von Programm-Steuerungen, die im Laufe der Jahre für Bügelmaschinen ent­wickelt wurden. Verglichen mit den Ansprüchen, die etwa spanende Werk­zeug­maschinen an ihre Steuerung stellen, ist die Aufgabe, eine Bügelma­schine zu steuern, recht einfach; handelt es sich doch ganz überwiegend darum, daß bestimmte Bügelfaktoren zur rechten Zeit zu wirken beginnen und wieder aufhören.

 

3.5.2          Zeitschaltuhr

Das Herz einer jeden Programmsteuerung ist also eine Art Uhrwerk. Die ersten, die etwa Mitte der fünfziger Jahre auf den Markt kamen, bestanden im wesentlichen aus einer Zeitschaltuhr, auf neu-deutsch auch "Timer" genannt. Ein kleiner, mit definierter Drehzahl laufender Elektromo­tor trieb Wellen mit rotierenden Steuerkurven an, die ihrerseits elektrische Kon­takte schlossen und öffneten, ähnlich wie die Nockenwelle die Ein- und Auslaßventile eines Motors betätigt. Für jede zu steuernde Funktion wie Ober- und Unterdampf, Absaugung etc. war ein kurvengesteuerter Kontakt vorhanden. Die Zeitdauer, während der jeder einzelne Kontakt geschlossen blieb, war über Potentiometer zu verstellen, so daß die wirksame Dämpf­zeit, Absaugzeit usw. dem jeweils zu bügelnden Mate­rial angepaßt werden konnte. Wenngleich eine solche Uhren­-Steuerung aus heutiger Sicht höchst unzu­länglich erscheinen mag, so darf man keineswegs den großen Fort­schritt verkennen, den sie mit sich brachte, indem sie eine überlappende Arbeitsweise einer Arbeitskraft an zwei Bügelmaschinen ermöglichte.

 

Die Schwächen dieser ersten Steuerung zu analysieren, heißt zugleich, sich Gedanken zu machen über bessere Lösungen. Eine Einschränkung lag darin, daß zwar die Dauer der einzelnen Teilzeiten vom Anwender selbst verän­dert werden konnte, nicht aber die Struktur eines Programms. Ein Bei­spiel: Der Oberdampf konnte innerhalb der festgelegten Grenzen zeitlich variiert, aber innerhalb eines Programmablaufes nicht wiederholt werden. Oder: Die Absaugung ließ sich verkürzen oder verlängern, nicht aber mit der Ober­dampf-Zeit überlappen. Selbstverständlich gab es Tricks, in dieser Hinsicht doch etwas zu tun, doch bedurfte es schon eines gewieften Fach­mannes, um die Steuerkurven auf ihren Wellen gegeneinander zu verdrehen. Da der Markt eine immer breiter wer­dende Vielfalt verschiedener Stoffe erzwang, kann man sich leicht vorstellen, wie die Außendienst-Monteure der Bügel­maschi­nen-Hersteller durch die Kundschaft gondelten, um immer diffizi­lere Programme hinzutricksen und dadurch den Steuerungen eine Flexibilität abzulisten, die ihnen eigentlich von ihrem Entwurf her nicht mit auf den Weg gegeben war.

 

Eine zweite Schwäche dieser Uhrenautomatik lag darin, daß sie zwar die Einwirkdauer der Bügelfaktoren, nicht aber deren Höhe steuern konnten. Im Klartext: Zwar konnte man die Preßzeit an einem Potentiometer verstellen, die Preßkraft, sprich den in den Antriebszylinder einzuspeisen­den Luft­druck aber mußte man über handbetätigte Druckregelventile einstellen. Das ist zumutbar, wenn Veränderungen nur in größeren Abständen vorgenommen werden müssen, im Idealfall etwa beim Wechsel von der Sommer- zur Wintersaison. Wenn aber die Gesamtproduktion einer Kleider­fabrik aufge­splittert wird in kleine und kleinste Lose aus verschiede­nen Materialien, müßte oft schon nach wenigen Teile eine Reihe von Einstellungen verändert werden. Das aber ist bei einer solchen, wenig flexiblen Steuerung zu mühsam und unterbleibt deshalb zu Lasten der Qualität.

 

3.5.3          Programmkarte

Der Gedanke liegt nicht fern, alle für einen bestimmten Arbeitsgang und eine bestimmte Ware erforderlichen Bügelparameter in einem Datenträger festzulegen, aus dem die Steuerung ihre jewei­lige Aufgabe ablesen kann. Der Datenträger jener Jahre war die Loch­karte; deren nicht aus Papier, sondern aus robusterem Kunststoff bestehende Schwester brachte den nächsten Fortschritt in der Steuerung von Bügelmaschinen. Eine solche Kunststoffkarte hatte z.B. 12 Funktions-Bahnen oder -Kanäle, die sich in 12 Längsrippen verkör­perten. In jede Rippe konnte an jeder beliebigen Stelle mit einer speziellen Zange eine Vertiefung geschnitten werden. Wenn man sie dann mit definierter Geschwindigkeit in Längsrichtung durch das Steuergerät transportiert, kann jede Bahn von einem zugehö­rigen Stift abgetastet werden. Wo sie ausgeschnitten ist, betätigt der Abtaststift einen Kontakt. Die Programmkarten-Steuerung ermöglicht eine sehr frei­zügige Programmierung, die ihre Grenzen nur in der Zahl der Funktions-Bahnen und deren körperlicher und damit auch zeitlicher Länge findet. Es läßt sich jede beliebige, sinnvolle Programm­struktur verwirklichen, also auch Überlap­pungen und Wiederholungen. Außerdem läßt sich auch die Höhe der Preßkraft als Funktion der Zeit in der Programmkarte niederlegen.

 

Kräfte und Drücke sind physikalische Größen, die stufenlos jeden belie­bigen Wert annehmen können. Solche Größen nennt man analog; das Gegen­teil dieses Begriffes ist digital, d.h. "an den Fingern abzähl­bar". Den Preß­luftdruck in einem Antriebszylinder analog zu steuern, erfordert einen hohen technischen Aufwand, den kein Maschinenkäufer zu zahlen bereit wäre. Außerdem sei daran erinnert, daß es weder Regeln für die Ermittlung des optimalen Soll-Wertes noch Berechnungs- oder Meßmethoden für den Ist-Wert der Flächen-Pressung gibt. Glücklicherweise beweist die Praxis, daß es völlig ausreicht, eine begrenzte Zahl von Druckstufen bereitzu­stellen. Man digitalisiert also den Preßluft-Druck (und damit natürlich auch die Flächenpressung zwischen den Formplatten), indem man ihn nicht belie­big zwischen 0 und seinem Maximum variieren, sondern ihn nur aus­ge­wählte Werte, wie z.B. 0, 1, 3, 5 und 7 bar annehmen läßt. Mit dieser Entscheidung schafft man sich die Möglichkeit, die von Natur aus analoge Einflußgröße Kraft im digitalen Datenträger Pro­gramm­­karte niederzulegen. Der Vorzug, sie damit in den Griff des Programmierers zu bringen, wiegt schwerer, als der Verlust an Feinstufig­keit.

Die Zahl der an jeder Bügelmaschine zur Verfügung stehenden Programme ist unbeschränkt, da die Kunststoffkarten ja externe Datenspeicher sind, die in beliebiger Zahl angefertigt und bereitge­stellt werden können. Welche Wünsche also läßt eine Programm­karten-Steuerung noch offen?

 

Weil das Sortiment der zur Verfügung stehenden Programmkarten nicht "on-line" ist, kostet der Wechsel von einem Programm zum anderen etliche Sekunden für das Herausnehmen der einen und das Aus­wählen und Einführen der nächsten Karte. Schwerer aber wiegt der Zeitaufwand für das Erstellen und Optimieren eines Pro­gramms. Bei der Analyse der Bügelfaktoren sind wir zu dem unbe­friedi­genden, aber nicht zu leugnenden Ergebnis gekommen, daß ihre Optimal­werte nicht aus vorgegebenen Daten formelhaft berechnet werden können, sondern ausgehend von einem gewissen Erfahrungs­fundus durch Probieren optimiert wer­den müssen. Nun erfordert es schon einige Mühe und Zeit, eine Programmkarte durch Ausknipsen der Funktions­bahnen zu erstellen. Wenn der unmittelbar darauf erfolgende Versuch ergibt, daß noch Änderungen nötig sind, kann man diese nur selten durch Nachknipsen vornehmen; meist muß die be­tref­fende Karte weggeworfen und eine neue von Anfang an geschnitten werden. Der dafür erforderliche Material- und Zeitauf­wand wirkt hemmend darauf, ein Programm wirklich bis ins Letzte zu optimieren. In der Regel wird man sich damit begnügen, ein halbwegs brauchbares Ergebnis zu erzielen.

 

Bei der guten alten Klapparm-Bügelmaschine brauchte eine Steue­rung im wesentlichen nur die Aufgaben zu übernehmen, die bis dahin der Mensch durch Tastendruck und Pedaltritt ausgeführt hatte. Die wesentlich kompli­ziertere Karussell-Bauart stellt Ansprüche an die Steuerung, die dar­über weit hinausgehen. Es gibt bei diesen komplexeren Maschinen eine Reihe von Aufgaben, um die sich weder Bediener noch Programmierer küm­mern können und sollen, die aber gleichwohl im Hintergrund erfüllt werden müssen. Ein Beispiel soll das verdeutlichen: Die Maschinenfunktionen, die zur Dreh­bewe­­gung eines Karussells not­wendig sind, laufen zwischen zwei Anwender-Programmen ab. Daß sie richtig ausgeführt werden, darf weder den Bediener noch den Program­mierer belasten.

 

Glücklicherweise stiegen im Laufe der Zeit nicht nur die Forde­run­gen der Anwender, sondern auch die Möglichkeiten, die die Technik, insbesondere die Elektronik, zu erschwinglichen Preisen bot. Es ist nicht möglich und auch nicht erforderlich, alle Zwischen­stadien dieser Entwicklung, z.B. die ebenfalls einen Fortschritt darstellende Steckerfeld-Steuerung nach Abb. S eingehend abzuhandeln, und so springen wir jetzt zum neuesten Stand der Technik, der

 

3.5.4          Mikro-Computer-Steuerung

Es wird niemanden überraschen, daß als Herz einer modernen Steue­rung ein Mikroprozessor schlägt, oder präziser gesagt, getak­tet wird. Wir alle wissen, daß ein Mikroprozessor, der zusammen mit der ihn umgebenden Peripherie einen Mikro-Computer darstellt, nicht denken kann, nicht kreativ ist, und man ihn deshalb auch nicht ein Elektronen-Gehirn nennen sollte. Andererseits erleich­tert es Elektronik-Laien wie uns die Beschrei­bung und das Verständnis seiner Arbeitsweise beträchtlich, wenn wir zunächst die Fiktion aufrecht erhalten, er sei doch ein intelligentes Kerl­chen. Was also tut er? Der Bediener meldet durch Drüc­ken einer Taste oder eines Fußschalters seine Wünsche an, z.B. zu starten. Der Prozessor schaut daraufhin in seinem Vorschriftenbuch nach, was er in die­sem Falle zu tun hat. Seine Instruktionen, die in ihrer Gesamt­heit das Programm darstellen, sind in elektronischen Speicherbausteinen hinterlegt. Häufig müssen zunächst gewisse äußere Bedin­gungen erfüllt sein, bevor ein Befehl ausge­führt werden darf. Signal­geber, die in Form von End-, Druck- und sonstigen Schaltern an strategisch wichtigen Stellen angeordnet sind, halten den Prozessor laufend über den Zustand der Bügel­maschine informiert. Wenn er nun feststellt, daß alle geforderten Bedingungen erfüllt sind, z.B., daß sich die Oberplatte in ihrer Ruhestellung befindet, erteilt er den zuständigen Magnetventilen den Befehl, die Drehbewegung des Karus­sells zu starten. Sodann schaut der Prozessor im Programm nach, was als Nächstes zu tun ist, und arbeitet es so Schritt für Schritt ab.

 

Elektronische Bauelemente, wie der Mikro-Prozessor selbst und Speicherbausteine sind im Laufe der Entwicklung billig geworden. Größeren Auf­wand erfordert es, von all den im elektroni­schen Dunkel gespeicherten Infor­ma­ti­onen diejenigen für den Anwender sichtbar zu machen, die ihn interessieren. Zur Visualisierung besitzt eine moderne Steuerung ein Display, und je aussage­kräftiger dieses ist, um so besser. Die als Beispiel vor­gestellte Steuerung verfügt über eine Kathodenstrahl-Röhre als Monitor, auf dem dem Bügler, Programmierer oder Techniker jederzeit alle gewünsch­ten Informationen dargeboten werden.

Siehe Infos „MA Prospect“ etc., die dieses Kapitel ersetzen!

      

3.6    Sicherheits-Einrichtungen  (siehe auch  Info „Secur D“

Wo immer sich kraftbetätigte Maschinenteile aufeinander zubewegen, lauert die Gefahr, daß Teile des menschlichen Körpers zwischen ihnen geklemmt, gequetscht oder gar abgeschert werden. Wenn die Maschinenteile gar noch wie die Formplatten einer Bügelmaschine beheizt sind und zusätz­lich Dampf ausströmen lassen, besteht außerdem die Gefahr, Verbren­nun­gen zu erleiden. Alle Unfallverhütungs-Vorschriften der Berufs­genos­sen­­schaften stehen deshalb unter dem Leitgedanken, daß der Mensch gegen gefahrbringende Bewegun­gen von Maschinenteilen wenn irgend möglich durch

 

3.6.1 Schutz­verklei­dungen

gesichert sein muß. Klapparm-Bügelmaschinen weisen zwei Gefahrenbe­rei­che auf: Der hin­tere Arm des Haupthebels, der an seinem vorderen Ende die obere Formplatte trägt, bildet zusam­men mit der Rückseite des Maschinenständers eine gefährliche Schere. (Im Englischen wer­den Klapparm-Bügel­maschinen oft als "scissor-type presses" bezeichnet). Dieser Bereich läßt sich ohne großen Aufwand mit einer Schutzhaube verkleiden, so daß bei normalem Betrieb die Gefahr gebannt ist. Wartungs- und Reparaturarbeiten können jedoch oftmals nur ausgeführt werden, wenn Schutzverkleidungen abge­nom­men werden. Deswegen ist es Vorschrift, daß Verkleidungen und Verdeckungen von Antrieben und bewegten Maschinenteilen so gestaltet sein müssen, daß sie sich nur mit Hilfsmitteln, d.h. Werkzeugen öffnen oder entfernen lassen. Eine entsprechende Vorschrift gilt auch für Deckel elek­trischer Schaltkästen. Damit soll sichergestellt werden, daß nur Fach­leute solche Arbeiten ausfüh­ren, die wegen der notwendigerweise entfern­ten Schutzmittel ein erhöhtes Risiko bergen.

 

Stellt man Überlegungen an, wie die zweite Gefahrenzone sicher gemacht werden kann, stößt man auf ein Problem, das Bügelmaschinen mit vielen anderen Arbeitsmaschinen gemein haben: der Arbeitsraum zwischen den Formplatten kann nämlich nicht vollständig und nicht dauernd gekap­selt sein, weil der Mensch die Werk­stücke ja wenigstens in die Maschine einlegen und aus ihr heraus­nehmen muß. Wenn sich aus diesen Gründen eine vollständige Verkleidung nicht verwirklichen läßt, müssen andere Schutz­ein­richtungen vorhanden sein. Wie sie gestaltet werden können und wie sie funktionieren, soll an einigen Beispielen verdeut­licht werden:

 

Unter bestimmten Voraussetzungen gilt eine Klapparm-Bügelmaschine auch dann als sicher, wenn sie mit einer sogenannten

 

3.6.2          Hand-Folgeschaltung

aus­ge­rüstet ist. In diesem Falle darf die Oberplatte ohne weitere Schutz­maß­­nahmen durch Betätigen eines Handschalters abgesenkt werden, wenn sie

 

3.6.2.1.       einen wärme-isolierenden Belag besitzt, der so beschaffen ist, daß eine zwischen den Preßplatten liegende Hand beim Zurückziehen unter Schließ­druck nicht verletzt werden kann,

3.6.2.2        die Schließkraft nicht mehr als 300 [N] beträgt, und

3.6.2.3        die automatische Dampfabgabe und der Aufbau einer höheren Preßkraft als 300 [N] erst möglich ist, wenn Ober- und Unterplatte sich einander so weit angenähert haben, daß ein Hinein­greifen zwischen ihre Arbeitsflächen nicht mehr möglich ist.

 

Um von Hand zu dämpfen, einen höheren Preßdruck aufzubauen oder ein auto­ma­tisches Pro­gramm zu starten, muß man den betreffenden Schalter zusätz­lich mit der zweiten Hand betätigen, wodurch sichergestellt wird, daß keine Hand zwischen den Preßplatten gequetscht oder verbrannt werden kann.

 

     Bei manchen Arbeitsgängen, z.B. beim Hosenbund-Bügeln ist es notwendig, das Werkstück mit beiden Händen zu halten, bis die Oberplatte es berührt. Um dennoch die Sicherheit der Bedie­nungs­person zu gewährleisten, kann man in diesen Fällen 3.6.3         Schutzein­richtungen mit Annähe­rungs-Reaktion verwenden, die - wie ihr Name sagt - einen Abschaltvorgang auslösen, wenn sie sich einem Hindernis, z.B. einer Hand oder einem Arm oder sonsti­gen Körperteilen nähern. Ein

 

3.6.3.1 Sicherheits­rahmen

ist solch eine Schutzeinrich­tung mit Annäherungs-Reaktion. Ein Rahmen aus dünnwandigem Rohr umgibt die obere Formplatte ringsum und bewegt sich mit ihr auf und ab. Da er federnd an der Oberplatte befestigt ist, kann er sich relativ zu ihr ein wenig verschieben, wenn er auf ein Hin­dernis trifft. Diese kleine Relativbewegung wird dann abgegriffen und zur Betätigung eines Schalters verwendet, der ein unterbrechendes Eingangssignal an die Steue­rung sendet. Damit die aufstei­gen­den Dampfschwaden nicht am Sicher­­heits­rah­men kondensieren, muß er mit textilem Material umwickelt sein. Bei manchen Arbeitsgängen kann er aufgrund seiner - notwendigen - Voreilung etwas hinderlich sein.

 

Die Schutzhaube, die die Preßstation eines Karussells umgibt, kann natür­lich auch nicht völlig geschlossen sein, da die unteren Bügelkörper sich ja abwechselnd in sie hinein- und aus ihr heraus­drehen müssen. Wo diese aber einen Durchschlupf finden, könnte auch ein Arm in den Gefahren­bereich greifen; zwar nicht der der Bedienungsperson, doch muß auch an den Schutz Unbeteiligter gedacht werden.

 

     Diese Gefahrenstelle ent­schärft man mittels einer

 

3.6.3.2 Druckwellen-Leiste     

Ein an einem tragenden Stab befestigter dünnwandiger Schlauch eilt - ähnlich wie ein Sicher­heits­rahmen - dem sich abwärts bewegenden Ober­schuh voraus. Er steht nur unter dem atmo­sphärischen Druck, ist aber hermetisch verschlossen. Trifft er auf ein Hindernis, steigt der Druck in ihm an, und diese Druckwelle unterbricht einen Kontakt in einem Membran-Schalter.

 

Bei Karussell-Bügelmaschinen kommt die Dreh- als zusätzliche gefahr­brin­gende Bewegung ins Spiel. Die Antriebselemente des Drehtisches können  ohne großen Aufwand ebenfalls durch eine zylindrische - form follows function! - Schutzverkleidung abgedeckt werden. Nach oben wird dieser zylindrische Schutzmantel durch eine Tischplatte abgeschlossen, die sich zwar mit­dreht, von der aber keine Gefahren ausgehen, wenn man ihre Ober­fläche und ihren Umfang möglichst glatt gestaltet.

 

Bei einigen Tandem-Karussell-Bügelmaschinen, wie wir sie zum Bügeln von Vorderteilen und Rücken kennen­gelernt haben, ragen jedoch die Formplatten aus dem Umfang der Tischplatte her­aus. Es muß sichergestellt sein, daß die Drehbewegung nicht irrtümlich ausgelöst werden kann, solange die Bedienungsperson in der Beladestation zwischen den beiden unteren Formplatten steht. Das verhindert man mit Hilfe einer

 

3.6.3.3 Lichtschranke

die ein sperrendes Eingangssignal an den µikro-Prozessor sendet, wenn und solange ihr Lichtstrahl unterbrochen ist.

 

4.               Marktübersicht der Bügelmaschinen

4.1.            Ordnungs-Gesichtspunkte

Das Wissen über Bügelmaschinen, das wir bislang zusammen­ge­tragen haben, gleicht der Botanisiertrommel des Biologen: Ein nütz­liches Instru­ment, aber noch ein leeres Gehäuse, das wir jetzt mit Leben füllen wollen. Die Vielfalt der auf dem Markt angebotenen und in Konfektions-Betrieben eingesetzten Bügelmaschinen läßt sich nach verschiedenen Gesichts­punk­ten ordnen. Wir werden nach fol­gen­dem Schema vorgehen:

 

4.1.1          Art des Kleidungsstückes       

z.B. Sakko, Mantel, Hose, Rock etc. Dabei lassen sich Damen-Kostümjacken, Sakkos und Mäntel zur Klasse der "Großstücke" zusammenfassen. Innerhalb eines Kleidungsstückes unter­scheiden wir die verschiede­nen

 

4.1.2          Zonen

wie Kragen, Vorderteile etc. Viele von ihnen erfordern mehrere

 

4.1.3          Arbeitsgänge   

die wir in der Reihenfolge behandeln, in der sie im Fertigungsfluß notwen­dig werden. Der letzte Ordnungsgesichtspunkt wird dann die geforderte

 

4.1.4          Mengen-Leistung

sein, wenn für ein und dieselbe Operation unterschiedliche Bauarten zur Verfügung stehen.

 

4.2             Groß-Stücke

4.2.1          Rücken

4.2.1.1      Dressieren

Damit der Rücken eines Sakkos richtig "fällt", d.h. sich dem Körper seines Trägers anschmiegt und nicht von ihm absteht, muß er dem Schulterblatt Raum bieten. Die benötigte Weite, die der Schneider auch Länge nennt, kann man dem Rücken auf zweierlei Weise verleihen: Natürlich wäre es möglich, sie durch einen Abnäher zu schaffen. Was nun beim Vorderteil gang und gäbe ist, wird aus irgendwelchen, traditionellen, jedenfalls nicht rational erklärbaren Gründen beim Rücken nicht akzeptiert. Folglich muß man die gewünschte Weite dadurch schaffen, daß man dem zunächst ebenen Stück Stoff im fraglichen Bereich eine Dehnung abverlangt, mit anderen Worten, eine Beule in das Rückenteil prägt. Diesen Vorgang bezeichnet man als Dressur. Dazu bedient man sich einer Maschine nach Abb. RD5S: Ihre Unterplatte weist dort, wo die Schulter­blatt­weite benötigt wird, nur eine schwache Erhebung auf. Dieser Hügel ist jedoch als ein Stempel ausge­bildet, der sich mit­tels eines Preßluftzylinders relativ zur restlichen Unterplatte anheben und in eine dafür vorgesehene Aussparung in der Oberplatte hineinfahren läßt. In der Regel legt man zwei oder vier Lagen Stoff, also die Zuschnitte für ein oder zwei komplette Rücken übereinander auf die Unterplatte. Je nachdem, wie hoch sich der vom Schulterblatt-Stempel gebildete Hügel bereits in seiner Ruhestellung aus der Umgebung erhebt, strahlt - ausgehend vom höchsten Punkt - rings um ihn eine gewisse Weite ab. Das ist erwünscht, möchte man doch die Bereiche um das Schulterblatt herum eher stauchen, mindestens aber kurz halten. Man darf das aber auch nicht übertreiben, sondern muß das richtige Maß finden, weil andernfalls die abstrahlende Weite nicht "verbügelt", sondern in Falten gequetscht wird. Die sich schließende Oberplatte klammert dann die Rückenteile überall fest ein, mit Ausnahme des Schulterblatt-Bereiches. Wenn der Stoff durch das Dämpfen plastisch gemacht ist, fährt der pneu­matisch angetriebene Dressierstempel hoch und verleiht dem Rücken die erwünschte, lokal begrenzte Dehnung für das Schulterblatt.

 

Wenn es der Schnitt des Kleidungsstückes erfordert, kann man den Rücken im Taillenbereich durch einen keilartigen weiteren Stempel, der ansonsten nach dem gleichen Prinzip arbeitet, eine zusätzliche Dehnung verleihen.

 

Die Ruhestellung sowohl wie auch der Hub eines jeden Dressier-Stempels sind von Hand ein­stellbar, können also nicht schnell und häufig verändert werden und müssen das auch nicht; ob aber ein Taillenstempel überhaupt wirksam werden soll oder nicht, wird natür­lich vom Programm bestimmt.

 

Die Abbildung zeigt weiter noch ein zangenartiges Entladegerät, das die Rückenteile nach dem Dressieren am Saum ergreift und nach links auf einen Bock oder ein anderes Transportgerät ablegt. Auf dem Foto, das bereits viele Jahre alt ist, erkennt man im Vordergrund noch ein mit Programmkarte arbeitendes Steuergerät.

 

4.2.1.2 Nähte ausbügeln

Wenn die beiden Rückenhälften durch die Mittelnaht miteinander und durch die Seitennähte mit den beiden Seitenteilen verbunden sind, müssen die Nähte "ausgebügelt" werden.

 

Viel Gehirnschmalz ist schon darauf verwandt worden, das Öffnen der Nähte zu automa­tisie­ren. Diese Bemühungen sind bislang aus dem gleichen Grund erfolglos geblieben, der auch einem automa­tischen Beladen aller Bügel­maschinen entgegensteht: Weil unsere Werkstücke geome­trisch nicht exakt definiert sind, müßte ein Roboter heute noch nicht verfügbare senso­rische und moto­rische Fähig­keiten besitzen, um ohne menschliches Zutun mit irgend einem Werkzeug einer ihm vorgelegten, noch geschlosse­nen Naht folgen und sie öffnen zu können. Selbst wenn das eines Tages technisch machbar sein sollte, würde der Kapital­aufwand dafür immens sein.

 

Bis heute gibt es keine rationellere Methode, eine Naht zu öffnen, als von Hand ein Dampf­bügeleisen wie einen Pflug zwischen den Nahteinschlägen hin­durchzuschieben. Das geschieht selbstver­ständ­lich unter gleichzeitiger Ein­wirkung von Dampf auf einer der Naht­form entspre­chenden beheizten und absaugbaren Formplatte. Wenn das Material nicht zu widerspenstig ist, wird in vielen Fällen allein schon mit dieser manuellen Arbeit ein befrie­di­gen­des Bügelergebnis erzielt. Man benötigt dann keine Bügelpresse, sondern kann sich mit einem wesentlich billigeren Bügeltisch begnügen.

 

Bei härteren Materialien und höheren Ansprüchen an die Schärfe des Naht-Bruches muß dem manuellen Öffnen ein maschineller Preß­vorgang folgen, z.B. auf einem Naht-Bügelkarussell gemäß Abb. FA4C. Da die Maschine eine einwandfreie Nahtqualität sicherstellt, braucht man bei der Arbeit mit dem Dampfbügeleisen keine Mindest-Einwirkdauer einzuhalten. Es genügt, wenn die Naht nur gerade so weit geöffnet wird, daß sie von der sich schließenden Ober­platte nicht "übergebügelt" wird.

 

Die Möglichkeiten, die Holme für Mittel-, Seiten- und Schulternähte mit­einander zu kom­binieren, sind Legion. Beim Naht-Bügel­karussell FA4C befinden sich in jeder der beiden Stationen drei Holme, nämlich je einer für die Mittel- sowie die rechte und linke Seitennaht. Ihre Länge ist so bemessen, daß sie nicht nur für Sakkos, sondern auch für Mäntel ausreicht. Beim Baumuster FA6C, das nur für Sakkos bestimmt ist, sind der vordere und mittlere Holm nach links hin hornförmig so verlängert, daß ein Paar Schulternähte darauf aufgezogen werden kann. Das geht natürlich nur dann, wenn die Schulternähte in dieser Fertigungsphase auch bereits geschlossen sind. Da das eine "Ufer" aller Schulternähte durch die Klebefixierung des Vorderteils (siehe Abschnitt 6) versteift und dadurch widerspenstig ist, sollten Schulternähte immer nach dem manuellen Öffnen maschinell ge­preßt werden. Wenn ein solches Karussell dann noch mit einem Entladegerät ausgerüstet wird, ergibt sich eine sehr rationelle Griff- und Lege-Technik: Mit jeder Drehbewegung fahren zwei Sakkos in die Preßstation. Das auf den drei langen Holmen liegende wird anschließend automatisch entla­den. Das andere, von dem nur erst die Schulternähte gepreßt sind, kehrt in die Beladestation zurück und wird dann unmittel­bar auf die frei nach vorn zurückgekehrten drei Längsholme aufgelegt.

 

4.2.1.3 Fertigbügeln

Solange im Laufe des Herstellungsprozesses, der ja überwiegend vom Nähen geprägt ist, nur einzelne Teile eines Kleidungstücks, wie etwa der Rücken, das Vorderteil etc. zu bügeln sind, bestimmt die Größe der Einzel­teile auch die Größe der Formplatten. Beim Fertigbügeln eines Großstücks jedoch ist zu überlegen, wie viele Teiloperationen aufzuwenden sind, um seine gesamte Oberfläche zu erfassen.

 

Ideal wäre es natürlich, wenn dazu ein Schlag genügte. Immer wieder einmal wurde die Bügelmaschine Modell "Denkmal" neu erfunden, aber nie zur Funktionsreife gebracht. Den Mit­telpunkt einer solchen Traum-Maschine bildet eine dem menschlichen Körper nachempfundene Puppe, auf die ein ganzes Sakko oder ein Mantel gezogen wird. Danach fahren dann gleich­zeitig aus allen  Richtungen Außenplatten heran, um das Teil zu dämpfen und zu pressen. Aus mehreren Gründen muß das ein Traum bleiben. Die wichtigsten seien hier genannt: Da die von zwei benachbarten Außenplatten zu bügelnden Bereiche einander überlappen müssen, können diese nicht gleichzeitig, sondern nur nacheinander wirken.

 

Die Ärmel müßten irgendwie hochgeklappt werden, um die Seiten­teile errei­chen zu können. Wie die Ärmel selbst zu bügeln wären, mag dahin­ge­stellt bleiben.

 

Ein ähnliches Problem erhebt sich am Kragen, der, wenn er selbst gebügelt wird, sich in der Normallage befinden, aber hochgeklappt sein müßte, während die Schultern gebügelt werden.

 

     Das schwerwiegendste Hindernis jedoch, das einer solchen hoch­inte­grier­ten Lösung entgegen steht, ist die Größen- und Schnittvielfalt. Damit alle Zonen eines Großstückes gleichzeitig korrekt auf der Innenbüste hingen, müßte diese in allen Größen und Schnitten zur Verfügung stehen. Das ergebe einen so umfangreichen Bügelmaschinenpark, daß kleine Kleider­fabriken ihn nicht finan­zie­ren und selbst größte seine Mengenleistung nicht ausnutzen könnten. Von dem immensen Aufwand für neue Formplat­ten, die notwendig würden, wenn sich auch nur eine Zone aus modischen Grün­den ändert, wollen wir gar nicht erst sprechen, sondern Abschied nehmen von der Utopie einer hochintegrierten Bügel­maschine.

 

Der Möglichkeiten, ein Großstück zum Bügeln in Zonen aufzuteilen, sind viele, und es dürfte kaum eine geben, die nicht im Laufe der Ent­wicklung ein­mal ausprobiert wurde. Zwei Wünsche stehen dabei im Widerstreit: Je größer der mit einem Bügelschlag erfaßte Bereich ist, desto weniger Schläge und damit auch Auflage- und Abnehm-Operationen sind notwendig, desto schwerer aber ist es auch, aus verschiedenen Größen und Schnitten resultierende Differenzen zu überbrücken. Macht man umgekehrt die Teil­bereiche zu klein, so arbeitet man zwar sehr "flexibel", aber zeit­auf­wen­dig; außerdem präsentiert sich das fertige Werkstück dann nicht wie "aus einem Guß".

 

Seit langem hat es sich als der beste Kompromiß herauskristalli­siert, den Rumpf eines Groß­stücks in vier Zonen aufzuteilen, näm­lich das rechte und linke Vorderteil sowie den rechten und linken Rücken. Vorderteil- und Rückenbereich überlappen sich im Seiten­teil, die beiden Rüc­ken­bereiche in der Mitte.

 

Nach diesem Prinzip sind alle Rumpf-, also auch alle Rücken-Fertigbügel–Maschinen gebaut, unabhängig davon, ob sie in 120°- oder 180°-Karussell-Bauweise ausgeführt werden, und ob sie für Kostümjacken, Sakkos oder Mäntel bestimmt sind.

 

Bei einer Klapp­arm-Bügelmaschine ist es zumindest möglich, die Ober­platte einmal probe­weise herunter kommen zu lassen, um festzustellen, ob das Werkstück korrekt eingelegt ist. Bei Maschinen mit getrenn­ter Belade- und Preß-Station geht das nicht; vielmehr muß sicher­gestellt sein, daß das Werkstück richtig positioniert ist, wenn es in die Preßstation ein­fährt. Insbesondere ist es wichtig, daß die Oberplatte bis möglichst nahe an den Ärmel heranreicht, diesen aber keineswegs beschädigt. Da Markie­rungen auf dem Bezug der Unterplatte nichts nützen, weil sie ja vom Klei­dungs­stück zuge­deckt werden, ordnet man in geeigneter Höhe Lampen an, die Markie­rungen in Strich- oder Kreuzform auf das Kleidungsstück pro­jizieren und damit der Bedienungsperson zei­gen, bis wohin die Oberplatte reicht.

 

Während der Drehbewegung eines Karussells werden die Absaugventile der in die Preßstation hineinfahrenden Unterplatten zwangsläufig geöffnet, so daß der Sog ein Verrutschen des Bügel­gutes infolge der Zentrifugalkraft verhindert. Eine gut überlegte Software sorgt dafür, daß die Absaugventile der aus der Preß- in die Belade-Station zurückkehrenden Unterplatten wäh­rend der Drehbewegung nur dann geöffnet werden, wenn im zuvor abge­laufenen Programm auch die Funk­tion "Unterabsaugung" programmiert war.

 

Beim Fertigbügeln von Rümpfen ist es fast immer notwendig, daß die Werk­­stücke in die Beladestation zurückkehren, damit hier Schlitz- bzw. Pattenabdrücke manuell mit einem Dampf­bügeleisen entfernt werden kön­nen. Folglich kann ein automatisches Entladegerät nicht dazu ver­helfen, die Dreh­zeit des Karussells produktiv zu nutzen. Gleich­wohl kann es einige Sekun­den ein­sparen, was am Beispiel des schon früher vorgestellten Tandem-Rücken-Karussells gemäß Abbil­dung RRLC gezeigt werden soll:

 

Nehmen wir an, beide Rückenhälften des in der Belade-Station links lie­gen­den Sakkos seien bereits gebügelt, zunächst die rechte und im unmit­tel­­bar vorangegangenen Arbeitsgang die linke, gleichzeitig mit der rechten Rückenhälfte des rechts liegenden Sakkos. Während nun die Bedie­nungs­person den Schlitzabdruck am linken Sakko manuell entfernt, ergreift eine von außen heran­fahrende künstliche Hand es am Kragen. Wenn das Dampfbügeleisen auf seine Ablage zurückge­stellt wird, drückt man einen dort angebrachten Hand­taster, der die Entladehand mit dem Sakko in ihre Ruhe­stellung zurückkehren läßt. Die Bedie­nungs­person legt jetzt das rechte Sakko auf die inzwischen frei gewordene linke Unterplatte und startet erneut.

 

Solche Entladegeräte zu bauen, bedarf im Einzelfall mancher Stunde des Nachdenkens und Probierens und Verbesserns, doch läßt sich in den meisten Fällen eine funktionsfähige, nicht zu komplizierte und damit wirtschaft­liche Lösung finden. Weit schwieriger ist auch hier die Frage zu beantwor­ten, wie der Weitertransport zum nächsten Arbeitsplatz erfolgen soll. Insbesondere muß zumindest ein kleiner Puffer zwischen zwei benachbar­ten Arbeitsplätzen geschaffen werden, damit gewisse Schwankungen im indivi­du­ellen Arbeitstempo ausgeglichen werden können. Dabei sind so viele betriebsspezifische Gesichtspunkte zu berücksichtigen, daß kein Patent­rezept, sondern nur ein Beispiel gegeben werden kann:

 

Links im Bild ist ein einfacher Kreisförderer zu sehen. Man könnte ihn auch einen dreh­baren, sechsarmigen Garderobenständer nennen, der immer dann, wenn der Entlader ein Kleidungsstück aus der Maschine herausgeholt hat, um 60° weiterschaltet. Dabei fährt eine Kugel des Kreisförde­rers dicht unter dem halbschaligen Knauf der Entlade-Hand hindurch, streift das mit dem Kragen darauf hängende Werkstück ab und übernimmt es. So verfügt der folgende Arbeitsplatz immer über einen kleinen Vorrat an Werkstücken, wenn der vorhergehende einmal aus irgend welchen Grün­den kurzzeitig die Durch­schnittsleistung unterschreitet. Umgekehrt muß vielleicht gelegent­lich ein Bügler ein paar Werkstücke selbst vom Kreisförderer abnehmen und auf Kleiderbügeln beiseite hängen, wenn der Kollege am nächsten Arbeits­platz etwas ins Hintertreffen geraten ist.

 

4.2.2          Vorderteile

4.2.2.1 Nähte ausbügeln

Als sich der Schneider von Ulm und Schneider Böck aus Niedersachsen ein­mal auf der Her­ren-Modewoche in Köln trafen, diskutierten sie lebhaft über die Notwendigkeit und die beste Methode, einen Sakkorücken zu dressie­ren. Über die Dressur des Vorderteiles wurde nie gespro­chen, denn seitdem am Textilienmarkt Bärenfell von der Schurwolle verdrängt wurde, steht es für Fachleute außer Frage, daß die für Brust und Hüfte erforderliche Weite durch einen Abnäher im Taillen-Bereich erzeugt wird. Der Abnäher muß, wie alle Nähte, ausgebügelt werden, und dazu gibt es bis heute, wie schon bei den Rückennähten dargelegt wurde, kein rationelleres Gerät als das von Hand geführte Dampfbügeleisen. Solange nur die Oberstoffschicht des Vor­der­teils abgenäht wurde, begnügte man sich mit dem Bügeleffekt, der zwischen Bügeleisensohle und Bügeltischfläche zu erzielen war. Erst als die sogenannte Frontfixierung, die im Kapitel 6 noch zu behandeln sein wird, an die Stelle der bis dahin eingenähten, stützenden Leinwand-Einlage trat, konnte die Quali­tät eines von Hand ausgebügelten Abnähers nicht mehr genügen. Seine Nahteinschläge sind in der Regel schmal und durch die ein­ge­klebte Fixiereinlage steifer und widerspenstiger. Da freut sich der Bügel­­maschinenbauer, schlägt sich doch nun auf seinem Erlöskonto eine Nahtbügelmaschine statt eines -Bügeltisches nieder. Um den ohnehin viel teureren maschinellen Nahtbügel-Arbeits­platz nicht noch teurer zu machen, liegt es natürlich nahe, den flachen Bügeltisch dadurch zur Bügel­maschine aufzurüsten, daß man ihm eine ebenfalls plane Oberplatte ver­paßt.

 

Falls man sich darauf beschränkte, auf einer solchen Flach­platten­maschine nur den Abnäher zu öffnen und zu pressen, wäre dagegen nichts einzuwen­den. Da das Vorderteil zu diesem Zwecke nun ohnehin in eine Bügelmaschine eingelegt werden muß, ist es sinnvoll, diese so zu gestal­ten, daß in ihr in einem Aufwaschen auch die Seitenteil-Naht mit ausge­bügelt werden kann. Außerdem müs­sen frontfixierte Vorderteile noch an einigen Stellen, wie z.B. am Armloch, am Revers, Saum oder im Taschen­bereich durch kleine Teile aus klebendem Einlagematerial zusätzlich ver­stärkt werden, was vorteilhaft in der gleichen Maschine geschehen kann, wenn man diese nur richtig gestaltet.

 

 Es leuchtet wohl ohne weiteres ein, daß Formplatten, die so groß sind, daß sie ein ganzes Vor­der- nebst Sei­ten­teil aufnehmen können, nicht plan sein dürfen. Der primär auszubügelnde Abnäher dient doch gerade dazu, im Brust- und Hüftbereich Weite zu schaf­fen, und es wäre unsinnig, diese zwischen planen Platten wieder platt­zuschlagen. Trotz dieser ganz elementaren Erkenntnis sind viele Maschinen mit planen Bügelkörpern für diesen Arbeitsgang in aller Welt im Einsatz, weil sie "so schön einfach" sind. Die Schwierigkeiten, die sich aus der unzu­länglichen Gestaltung der Plat­ten ergeben, versucht man dadurch zu umgehen, daß man kritische Bereiche "ausklammert", also die Bügelplatten so konturiert, daß z.B. die Taille oder der Revers-Bereich nicht gebügelt werden und damit auch nicht verbügelt werden können. Das aber ist nur ein Herumdoktern am Symptom, und die einzig vernünftige Lösung besteht darin, die Formplatten so zu gestalten, daß sie die ange­strebte dreidimen­sionale Form der Vor­der­teile fördern und nicht in die Zwei-Dimensionalität zurückstoßen. Das impliziert, daß für rechte und linke Vorderteile spiege­lbildliche Form­platten-Paare und damit auch zwei Preßstationen geschaf­fen werden müs­sen. Diese können, wie es Abbil­dung SVRL6A zeigt, in einem 120o-Karussell zusammengefaßt werden.

 

Da beim Ausbügeln von Nähten das Werkstück notwendigerweise mit der linken, der inneren Kleidungsstück-Seite nach oben sich darbieten muß, könnte man argumentieren, daß es in diesem Falle nicht auf der konvexen Formplatte liegen darf, wie es die Abbildung zeigt, sondern daß es in der konkaven Formplatte liegen müßte. Diese Überlegung ist richtig, und es wäre ein leichtes, abweichend von der Normalausführung die überwiegend konkave Formplatte als untere und die überwiegend konvexe als obere zu montieren. Dagegen spricht wiederum, daß es schwierig ist, mit einem Bügel­eisen in einer Schüssel zu arbeiten, weil dann natürlich an hohlen Stellen nur seine Spitze und sein Ende tragen. Außerdem lehrt die Erfah­rung, daß der Fehler, den man theoretisch macht, wenn das Vorderteil "falsch herum" gebügelt wird, sich in der Praxis nicht nachteilig aus­wirkt. Man denke an einen schwach gewölbten Dosendeckel, den man zwar mit den Fingern zur falschen Seite hin durchdrücken, aber ohne bleibende Verfor­mungen auch wieder zur richtigen Seite hin zurückdrücken kann. Ob die Formplatten normal oder über Kopf montiert werden, ist nicht so wichtig; wichtig ist, daß sie die vom Abnäher erzeugte Weite bewahren.

 

In qualitätsbewußten Betrieben folgt ohnehin bald darauf im Fertigungs­ablauf, nämlich wenn die Taschen eingesetzt sind, das

 

4.2.2.2 Vorbügeln

In diesem nicht unbedingt notwendigen, der Qualität aber förderlichen Arbeits­­gang, der auch als Zwischenbügeln bezeichnet wird, erhält das bis­lang nur mit dem Seitenteil zusammengenähte Vor­derteil zum ersten Mal seine richtige Gestalt, wie in der Abbildung SVRL59A dargestellt. Es han­delt sich um ein 120o-Karussell, dessen untere Formplatte für das linke Vor­derteil sich gerade in der Beladestation befindet.

 

Wenn eine höhere Mengenleistung gefordert wird, verdient die 180°-Karus­sell-Bauart den Vor­zug. In Abbildung SVRL59C sind die 4 unteren und die 2 oberen Formplatten zu sehen. Diese arbeiten zwar gleichzeitig, brauchen aber nicht unabhängig voneinander angetrieben und gesteuert zu werden, weil sich ja immer ein zusammengehöriges Paar Vorderteile in der Preß­station befindet.

 

Sie daraus automatisch zu entladen, bietet prinzipiell keinerlei Schwierig­keit: Wie die Abbildung CS99 zeigt, kann man die Teile mit pneumatisch betä­tigten Fingern greifen, sie aus der Preßstation ziehen und auf ein För­der­band oder ein anderes Transportmittel ablegen.

 

Bei einem 120°-Vorbügel-Karussell wäre es schwieriger, eine konstruktive Lösung für ein auto­matisches Entladegerät zu finden. Bislang wurde diese Auf­gabe auch noch nicht gestellt, weil diese Bauart ohnehin nur in Betrie­ben einge­setzt wird, die keinen Wert auf eine maximale Mengen­lei­stung legen.

 

4.2.2.3 Fertigbügeln

Das rechte und linke Vorderteil eines Großstücks fertigzubügeln, gleicht in hohem Maße der Aufgabe, die wir bereits beim Rückenbügeln diskutiert haben; folglich ergeben sich auch die glei­chen maschinellen Lösungen, also 120°-Karusselle für kleinere bis mittlere und 180°-Karusselle für mittlere bis große Stückzahlen. Am Beispiel eines 120“-Karussells zum Fertig­­bü­geln von rechten und linken Mantel­vorder­teilen gemäß Abbildung MBORLA soll gezeigt werden, daß auch hier ein Entladegerät einen Rationali­sie­rungs-Beitrag leisten kann:

 

Wenn das erstgebügelte Vorderteil, hier ein rechtes, aus seiner Preß- in die Belade-Station zurückgekehrt ist, beginnt die Bedie­nungs­person damit, den Pattenabdruck mittels eines Dampfbü­gel­eisens manuell zu entfernen. Während sie damit beschäftigt ist, fährt eine Schwinge aus ihrer äußeren Ruhestellung zur Mitte und schiebt dort einen Fin­ger so vor, daß er hinter den Kragen greift. Wenn das Dampfbügeleisen auf seine Ablage zurück­gestellt wird, drückt man einen dort angebrachten Hand­­taster, der die Entla­de­schwinge mit dem jetzt am Kragen aufgehängten Werk­­stück in die Ruhe­stellung nach außen zieht. Dort dient er als Zwischen­­station, bis er das nächste Mal als Entlader tätig wird. Die Bedie­nungs­person legt inzwischen ein rohes Teil ein, startet die Maschine und ent­fernt dann den Patten­abdruck an dem jetzt vorn befindlichen, als zwei­tes gebü­gelten linken Vorderteil. Während dessen fährt ein zweiter, zum ersten spiegelbildliche Entlader zur Mitte und zieht dieses Werkstück auf Befehl dann ebenfalls nach außen und übergibt es an einen Kreis­för­derer.

 

4.2.3          Kanten

4.2.3.1 Nähte ausbügeln

Die Kantennaht, die das Besetzen mit dem Vorderteil verbindet, muß zunächst geöffnet wer­den. Es genügt, das mit einem Dampfbügeleisen auf einem schmalen, amboß-förmigen Bügelbock zu tun. Das

 

4.2.3.2 Pressen

geschieht dann in einem Arbeitsgang, den man als die Nahtstelle zwischen der Vor- und der Fer­tig-Bügelei ansehen kann. Weil beim Pressen der Kante in den meisten Fällen das Besetzen durch Klebe­streifen noch zusätzlich mit dem Vorderteil verbunden werden soll, hat es sich als zweckmä­ßig erwie­sen, daß es in diesem Arbeits­gang oben liegt. Das wiederum hat zur Folge, daß die untere Form­platte im Bereich der Hauptkante konkav, im Revers-Bereich hingegen konvex sein muß.

 

Damit das Revers im fertigen Zustand unter allen Umständen zum Körper hinrollt, benötigt es hin­­reichende "Deck­weite". Das Besetzen, welches ja im oberen Bereich die Außenfläche des Revers bildet, muß also  gegenüber dem Vorderteil eine gewisse Mehrlänge haben, die beim Kantenpressen nicht verbügelt werden darf.

 

Um das sicher­zu­stellen, bieten einige Her­steller Kantenpressen mit einer zweigeteilten Ober­platte an: Eine Teilplatte bügelt das Revers, eine andere den Rest des Kantenbereiches. Entlang der späteren Revers-Bruch­linie überlappen sich die beiden nicht, sondern lassen einen schmalen Spalt frei, in dem die aufgebrachte Deckweite überleben kann.

 

Den gleichen Effekt erzielt man aber auf einfachere Weise, indem man die Oberplatte entlang der späteren Revers-Bruchlinie mit einer tunnelför­mi­gen Aussparung versieht, in der die Deckweite Platz findet und bewahrt wird. Klar ist, daß der Bruchbereich weder bei der einen noch bei der anderen Methode wirklich gebügelt wird; das ist aber nicht weiter schlimm, weil er beim Fertigbü­geln des Kragens und der Revers erfaßt wird.

 

Abbildung KT9C zeigt ein 180°-Karussell mit unteren Formplatten, die einen konkaven Mit­telbereich besitzen und an beiden Enden je einen kon­vexen Bereich für ein rechtes bzw. linkes Revers. Eingelegt werden kann immer nur eine Sakko-Kante, hier die rechte, während der andere Revers­bereich frei bleibt. Obgleich nur eine Preßstation mit entsprechend gestal­teter Oberplatte vorhanden ist, ergibt sich eine günstige Griff- und Lege­technik, wie wir sie an Tandem-Karussellen bereits kennengelernt haben: Ein in die Beladestation zurückkehrendes Werkstück, dessen eine Kante soeben gebügelt wurde, wird abgenommen und unmittelbar auf die andere Seite der Unter­platte hinübergelegt, ohne daß es einer Zwischenstation bedarf. Für größere Stückzahlen stehen natürlich auch Karusselle in Tandem-Bauweise gemäß Abb.  KTRL9C zur Verfügung.

 

4.2.4          Taschenpatten

und ähnliche hohle Kleinteile werden zweckmäßigerweise auf Nähauto­maten genäht und anschließend von einer Maschine gemäß Abb. FG2S gebü­gelt. Sie gehört zu den wenigen, die plane, rechteckige Formplatten besit­zen. Die Oberplatte braucht nur einen kurzen, geradlinigen Hubweg zu durch­fahren, weil die Patten nicht unmittelbar von Hand in die Maschine ein­gelegt werden müs­sen. Sie werden nämlich zunächst auf Schablonen aus dünnem Niro-Stahlblech gezogen, deren Umrisse genau ihren Konturen ent­sprechen müssen. Jede Schablone ist in zwei Hälften, eine feste und eine beweg­liche Hälfte unterteilt, die durch leichten Federdruck auseinander ge­spreizt werden. Die vor der Maschine sitzende Bedienungsperson kann über einen Fußschalter die bewegliche gegen die feste Schablonen-Hälfte drücken, so daß sie eine Patte bequem aufziehen kann. Dabei ist es ein leichtes, sie zugleich mit einem geschickten Griff von links auf rechts zu wenden. Läßt man den Fußschalter wieder los, so spreizen sich die Schab­lonen-Hälften auseinander und setzen die Patte unter leichte Zugspannung. Dabei bildet sich fast von allein der gewünschte Paspel, da der Oberstoff ja ringsum um ca. 1 mm größer bemessen ist als das Pattenfutter. Mittels eines Handta­sters wird dann der automatische Programmablauf gestartet: Ein kugelgelagertes Wägelchen trägt die Schablonen mit den Werkstücken zwischen die Formplatten, die Oberplatte schnappt mit geringer Preßkraft zu, die Schablonen werden zusammengedrückt und fahren dann aus den Patten heraus, zurück in die Ausgangslage. Die Reibung zwischen den Form­platten­bezügen und den Werkstücken halten letztere in der Preßstation zurück. Sodann kann die Bedienungsperson damit beginnen, einen weiteren Satz Patten auf die Schablonen zu ziehen, während in der Preßstation das Automatik-Programm abläuft. Wenn es beendet ist, schiebt ein Auswerfer  die gebügelten Teile von hinten nach vorn aus der Maschine, wo sie auf einen Auffangtisch fallen. Obgleich die Maschine der früher bereits vorge­stellten Schiebetisch-Ausführung ähnelt, hat sie dieser doch den Vorteil voraus, daß Tman und Tauto einander fast vollständig überlappen. Das verdankt man dem glücklichen Umstand, daß die Schablonen während des Bügelns nicht in der Preßstation verbleiben müs­sen, sondern sofort wieder in die Beladeposition zurückkehren können, weil sie dünn und plan sind.

 

4.2.5          Ärmel

Die Zahl der verschiedenen Maschinen und sonstigen Geräte zum Bügeln von Ärmeln ist erschreckend hoch. Dennoch sei der Versuch gewagt, einen Über­blick über diese verwirrende Viel­falt zu gewinnen. Dringend zu empfeh­len ist, die Ärmel dann zu bügeln, wenn sie in sich fertig, aber noch nicht eingesetzt sind. Um einen Ärmel allseitig zu bügeln, muß er praktisch ein­mal um seine Längsachse gedreht werden. Wenn dabei der ganze Rumpf mitgedreht werden muß, so ist das sehr zeitraubend und birgt das Risiko, daß bereits gebügelte Bereiche wieder beschädigt werden, zumal diese Prozedur zweimal durchzuführen ist.

 

4.2.5.1      Vor dem Einsetzen

4.2.5.1.1   Konventionelles Verfahren

Die gebräuchlichste Methode ist es, zunächst sowohl die Ellbogen- als auch die vordere Naht zu schließen und dann beide auszubügeln. Für die Ellbogennaht benötigt man einen konvexen Holm, für die vordere Naht einen planen, der jedoch im Grundriß eine leicht Krümmung aufweist, die der der vorde­ren Naht entspricht. Diese Holme können in unterschiedlicher Weise mit­ein­ander kom­biniert werden:

 

In dem Karussell nach Abb. ARTTC sind in einer Station zwei konvexe Holme für ein Paar Ell­bogennähte zusammen­gefaßt.

 

Das Karussell ARMC dient dem Öffnen und Pressen der vorderen Nähte eines Ärmelpaares.

 

Eine vorteilhafte Grifftechnik bietet das Karus­sell ARMTC: Man zieht zunächst einen rechten Ärmel mit einer Ellbogennaht auf den konvexen Holm auf und den zugehörigen linken mit seiner vorderen Naht auf den dafür bestimmten planen Holm. Wenn ein Ärmelpaar danach aus der Preß- in die Beladestation zurückkehrt, wird der rechte Ärmel vom konvexen Holm ab- und auf den rechten planen Holm aufgezogen, ohne daß er dazu aus der Hand gelegt werden müßte. Anschlie­ßend zieht man den linken Ärmel von seinem flachen Holm ab und auf den nunmehr frei gewor­denen konvexen Holm auf.

 

Wenn der Ärmel dann gefüttert und auf rechts gezogen ist, muß er noch­mals gebügelt werden. Dazu benötigt man wiederum einen in Längsrichtung konvexen Holm für den Ellbogen- und einen nunmehr konkaven Holm für den vorderen Ärmelbereich. Beide Holme müssen im Querschnitt konvex ge­krümmt sein, wie aus Abb. ARKVC zu sehen ist.

 

Die beiden Holme können selbstverständlich auch in einer Klapparm-Bügel­maschine montiert sein, wie die linke Hälfte der 2-Stationen-Maschine UKVS zeigt. Es ist nicht schwierig, ein Ärmelpaar nach dem Bügeln auto­matisch von den Holmen abzuziehen. Das Entladegerät dient gleichzei­tig als Zwischenstation, in der die beiden Ärmel verbleiben, bis sie zum Bügeln der Ärmelflächen in die rechte Station eingelegt werden. Deren Form­platten sind plan, jedoch ist ihr Umriß so kontu­riert, daß die bereits ge­bügelten Nahtbereiche nicht miterfaßt werden. Lediglich der Schlitz-bereich wird mitgebügelt, weil er einen Bruch erhalten soll.

 

Schwierigkeiten ergeben sich bei diesem Arbeitsgang aus der Tatsache, daß die Formplatten so schmal gehalten werden müssen, daß kleine Ärmel keine ungewollten Brüche bekommen. Bei großen Ärmeln kann es dann vor­kommen, daß zwischen den zwei flachen und den zwei gekrümm­ten Zonen des Ärmels schmale Streifen ungebügelt bleiben.

 

Manche Betriebe versuchen dieser Schwierigkeit dadurch zu entkommen, daß sie ein flaches elastisches Polster in den Ärmel hineinschieben und seine Flächen zwischen hinreichend großen, planen Formplatten bügeln. Dieses Verfahren kostet zusätzliche Griffzeiten und kann auch qualita­tiv nicht befriedigen, da natürlich die Absaugung durch das eingeschobene Polster beeinträchtigt wird.

 

4.2.5.1.2       "Schildkröten"-Verfahren

Einen ganz anderen Weg, den Schwierigkeiten des Ärmelbügelns zu ent­gehen, schlagen erst wenige Firmen, diese aber mit gutem Erfolg ein. Man fertigt zunächst den kompletten Ärmel ein­schließlich des Futters, schließt jedoch noch nicht die vordere Naht. Dann wird der Oberstoff-Ärmel, wie aus Abb. ARWC gut zu ersehen ist, mit der linken Seite nach oben auf eine schildkrö­ten-förmige Unterplatte gelegt.

 

Erfahrungsgemäß genügt es, die beiden vorderen Nähte auf einem beheizbaren und mit Absau­gung ausgerüsteten Bügeltisch gemäß Abb. BTARM zu öffnen, wenn an­schließend noch eine Fertig-Bügelmaschine mit zwei konkaven Hol­men gemäß Abb. ARVVS zum Einsatz kommt. Jeder dieser beiden Holme für sich ist zwar schmal, doch sind sie in einem gewissen Abstand zueinander parallel angeordnet. Um Verkantungen zu vermeiden, empfiehlt sich eine Klapparm-Bügelmaschine mit zusätzlicher Senkrechtführung des Ober­schuhs, wenn nicht aus Kapazitätsgründen ohnehin ein Karussell eingesetzt wird.

 

Es erleichtert das Einnähen des Ärmels, wenn sein

 

4.2.5.1.3       "Röllchen"

vorgeformt ist. Das ist eine Wulst entlang des oberen Halb­kreis­es der Arm­kugel­naht, die dadurch entsteht, daß man den Rand des Oberärmels in diesem Bereich einkräuselt und dadurch verkürzt. Die Maschine nach Abb. ARRS besitzt zwei untere Formplatten, deren Grundform eine von einem Halbzylinder abgeschnittene Scheibe ist. An ihrem vorderen, halbkreisför­migen Rand tragen sie eine wulstartige Verdickung, auf die man den Ärmel mit seinem Röllchen hängt.

 

Es versteht sich von selbst, daß ein mit viel Mühe gebügelter Ärmel sorg­fältig behandelt werden muß. Das erfordert vor allem, daß er hängend und nicht etwa in ein Bündel eingeknüllt zu dem Arbeitsplatz transportiert wird, an dem er in den Rumpf eingenäht wird.

 

4.2.5.2 Nach dem Einsetzen

muß man die

 

4.2.5.2.1       Armkugelnaht ausbügeln.

Das geschieht auf einer Maschine gemäß Abb. ANS. Auch ihre unteren Form­platten sind Halbzylinder, die jedoch nicht parallel zueinander stehen, son­dern unter einem Winkel von ca. 45o. Dadurch ist es möglich, beide Schul­tern eines Sakkos gleichzeitig aufzulegen und die Armkugel-Nähte aus­zubügeln. Das in einem Konfektions-Betrieb aufgenommene Foto unter­streicht noch­mals sehr nachdrücklich, wie hoffnungslos es ist, einen Roboter konstruieren zu wollen, der ein Kleidungsstück in diesem kom­plexen und — man verzeihe den saloppen Ausdruck —

 

4.2.5.2.3       Nachbügeln

Die Abb. ARKKS stellt eine Maschine mit zwei konvexen Holmen dar, mit denen die Ellbogen­bereiche beider Ärmel gleichzeitig nachgebügelt werden können. Es ist augenfällig, wie unzuträg­lich eine solche Nachbehandlung dem bereits gebügelten Rumpf des Kleidungsstückes ist. Eines solchen restaurierenden Bügelns bedarf es aber auch nicht, wenn Ärmel gemäß den oben gegebenen Empfehlungen gebügelt werden.

 

4.2.6.  Schultern

Daß das

 

4.2.6.1 Ausbügeln der Schulternähte

kombiniert werden kann mit dem der Rückennähte, wurde bereits gezeigt. Daß die beiden dafür geeigneten flachen, leicht geschwungenen "Hörner" aber auch für sich allein einen Bügelplatz bilden können, versteht sich von selbst.

 

4.2.6.2 Vorbügeln

wird man die Schultern in der Regel nur dann, wenn im gleichen Arbeits­gang die Schulterpolster eingeklebt werden sollen. Die dafür in Betracht kommende Maschine nach Abb. AZS ähnelt sehr dem bereits vorgestellten Typ ANS zum Ausbügeln der Armkugel-Nähte. Nur kommt es jetzt auf eine  anatomisch richtige Gestaltung der Formplatten an.

 

In ihr muß sich wider­spiegeln, daß der Schulterbereich des menschlichen Körpers auf der Rück­seite zwar konvex, auf der Vorderseite aber schwach konkav ist. Ein Klei­dungsstück trägt sich bequemer, wenn es dem etwas vorspringenden Schul­ter­knochen Raum bietet, und der muß durch richtigen Zuschnitt ge­schaffen und beim Schulterbügeln erhalten werden.

 

     Da die Ärmel zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingenäht sind, kann man die einzuklebenden Schulterpolster durch die Armlöcher an Ort und Stelle schie­ben. Beim

 

4.2.6.3 Fertigbügeln

möchte man des guten Überblicks wegen vom Ärmel her in Richtung Kragen auf die Schultern blicken können. Leider lassen sich die Formplatten für die rechte und linke Schulter hier nicht in der gleichen Winkelstellung zuein­ander anordnen, wie das beim Vorbügeln möglich ist; dort kann jede Schulter - unabhängig von der Größe des Werkstücks - richtig auf ihre untere Formplatte gehängt werden, wobei die Rückenmitte gewissermaßen als Scharnier und Größenausgleich dient. In dieser späten Phase der Fertig-Bügelei aber wäre ein solches Verfahren dem Werkstück abträg­lich.

 

Es bleibt also nichts anderes übrig, als es zweimal einzulegen und heraus­zunehmen, wobei zwi­schen rechter und linker Schulter wiederum eine Zwischen­station notwendig wird. Zweckmäßiger­weise kann man die beiden Preßstationen so in einer Maschine vereinigen, daß sich die beiden Werk­stücke gegenseitig "anschauen", wie die Abb. A.S es zeigt. Während in einer Preßstation eine Schulter automatisch gebügelt wird, entnimmt die Be­dienungsperson der anderen ein gebügeltes Werkstück und hängt ein neues ein.

 

     Mehrere Hersteller bieten Maschinen an, in denen das Fertigbügeln der Schultern mit dem Anbügeln der Ärmel kombiniert wird. Abbildung HR558 zeigt eine solche 2-Stationen-Maschine. Die wiederum einander gegenüber stehenden unteren Halbbüsten sind so hoch angeordnet, daß einerseits die Bedienungsperson den zu bügelnden Bereich unmittelbar vor Augen hat, daß anderer­seits die ja bereits gebügelten Rümpfe der Werkstücke frei hängen können. Jeder der beiden Ober­schuhe besitzt einen unabhängig arbeitenden Linear-Antrieb. Um Belästigungen zu ver­meiden, ist ihr Hub so bemessen, daß ihre obere Ruhestellung sich über Kopfhöhe befindet. Addiert man dazu noch ihre eigene Bauhöhe und die der Antriebszylinder, so erklärt sich die auf den ersten Blick ins Augen fallende beträchtliche Gesamt-Bauhöhe der Maschine.

 

Das Wichtigste an ihr aber ist die kleine zusätzliche Preßplatte, mit der jede der beiden Unter­formen ausgestattet ist. Im Ruhezustand stehen sie senkrecht parallel zur Außenfläche der Schulter­form und in geringem Ab­stand von ihr. Ein Werkstück muß so auf den Schulter-Bügelkörper gelegt werden, daß die Anbügelplatte vom Armloch her ein wenig nach unten in den Ärmel ragt. Wenn man sie dann mittels einer waagerechten Kolben­stange, an der sie auch aufgehängt ist, gegen die Schulterform zieht, wird der untere Randbereich des Armlochs gepreßt, oder mit anderen Worten: der Unterärmel wird an das Seitenteil angebügelt. Prinzipiell ist dieses Ver­fahren der frü­her vorgestellten konventionellen Ärmel-Anbügelmaschine sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht überlegen.

 

Probleme können sich auch in diesem Falle wiederum daraus ergeben, daß in einer durch­schnittlichen Bügelei für alle Größen und für eventuell unter­schiedliche Schnitte nur eine Maschine zur Verfügung steht. Da die seit­lichen Anpreßplatten nur so groß sein dürfen, daß sie die kleinsten Arm­löcher nicht ausrecken, kann es geschehen, daß große nicht voll erfaßt werden. Ein Nachset­zen, wie es die konventionelle Ärmel-Anbügelmaschine zumindest erlaubt, ist bei dieser Methode nicht möglich.

 

Aus dem gleichen Grunde sind auch alle Versuche gescheitert, Schultern und

 

4.2.7          Kragen

in einem gemeinsamen Arbeitsgang zu bügeln, obgleich dieser Gedanke natürlich sehr nahe liegt. Die Maschine nach Abb. K.S besitzt als untere Formplatte eine "Büste ohne Kopf", auf der ein Sakko oder Herrenmantel nicht nur mit seinem Kragen und seinen beiden Revers, sondern auch mit seinen Schultern ruht. Die Breite der Formplatte ist allerdings so bemes­sen, daß die kleinsten Werk­stücke verspannungsfrei aufgenommen werden, während größere mit ihren äußeren Schulterberei­chen überstehen. Der Größen­­ausgleich erfolgt dadurch, daß der zwischen den Revers verblei­bende Spalt größer oder kleiner ist.

 

Das funktioniert aber nur deshalb, weil sich die ausgeprägt glockenförmige Oberplatte strikt darauf beschränkt, nur den Kragen und die Revers, nicht aber die Schultern zu erfassen.

 

Unter allen Umständen muß vermieden werden, daß die Revers ausgereckt werden. Da die untere Formplatte letztlich vom menschlichen Körper abge­leitet ist und deshalb sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite recht steile Flanken aufweist, muß der Konstrukteur dafür Sorge tragen, daß die Oberplatte möglichst senkrecht zur Oberfläche des Werkstückes auf dieses auftrifft. Auf den ersten Blick scheint ein Linear-Antrieb der geeignete zu sein, doch führt eine genauere Betrachtung zu einem anderen Ergebnis: Die Auf­treff-Verhältnisse auf der Rückseite sind nicht kritisch, weil hier nur der schmale Kragen liegt. Problematisch ist nur der lange und tief herunter reichende Revers-Bereich. Wenn man nun beim zirkularen Antrieb bleibt, die Drehachse des Haupt­hebels jedoch relativ hoch anordnet, dann haben alle Flächenelemente der Oberplatte im Revers-Bereich bereits eine schwache, nach hinten gerichtete Bewegungskomponente, wenn sie die Revers berühren. Sie treffen zwar nicht senkrecht auf, jedoch unter einem günstigeren Winkel, als es bei einem Vertikal-Antrieb der Fall wäre.

 

     Durch die Kragen-Bügelmaschine erhalten die

 

4.2.8          Revers

     von

 

4.2.8.1 Sakkos und Herrenmäntel

einen weit herunter reichenden scharfen Bruch. Sie sollen aber nicht flach und wie an die Vor­derteile "angeklatscht" wirken, sondern sollen sich dem Betrachter schwach konvex gewölbt prä­sentieren. Ihre Spitzen sollen zum Körper hin-, niemals von ihm wegtendieren. Ihr Bruch soll etli­che cm ober­halb ihres Wendepunktes auslaufen und in eine sanfte Rundung übergehen. Kurz: man muß die Revers noch "abrollen", und das geschieht auf einer Maschine, die wir bereits als typisches Beispiel für einen Zirkular-Linear-Antrieb kennen­gelernt haben. Die Abb. FSRLS+99 zeigt die gleiche Maschine, jedoch zusätzlich mit einem Entla­der und Kreisförderer ausgestattet. Das im Bild erkennbare, z.Zt. waagerecht stehende Rohr schwenkt gegen Ende des Programms senkrecht nach unten und schiebt sich als saugender Rüssel noch etwa 10 cm tief in den Halsloch-Bereich des Sakkos. Wenn er dann um 90o wieder in die Waagerechte gehoben wird, bleibt das Werkstück mit dem Kragen auf ihm hängen, bis der Kreisförderer es übernimmt.

 

4.2.8.2 Kostümjacken und Damenmäntel

sollen in der Regel keinen scharfen Kragen- und Reversbruch erhalten, sondern rund, weich und locker fallen. Die dafür geeignete Maschine haben wir mit Abb. FSRL23S im Abschnitt 3.3.3 bereits ebenfalls kurz besprochen. Der naheliegende Gedanke, Kragen und beide Revers in einem Schlag zwischen hinreichend großen, hufeisen-förmigen Bügelplatten zu bügeln, erweist sich als nicht gangbar: Da in der DOB noch weit größere Schnitt- und Größendifferenzen als in der HAKA täglich Brot sind, tut man besser daran, zwei an große Bana­nen erinnernde Unterplatten zu verwen­den, deren eine das linke Revers und die linke Kragen­hälfte eines Werk­stückes aufnimmt und die andere das rechte Revers und die rechte Kragen­hälfte eines zweiten Kleidungsstückes. Das Handling ist nicht ganz so griff­günstig wie bei der HAKA-Version, doch erkauft man sich damit eine höhere Flexibili­tät.

 

4.3             Hosen

4.3.1          Beine

4.3.1.1 Dressieren

Wenn man ein Stück Papier oder Stoff faltet, ist der dadurch entstehende Bruch eine gerade Linie. Ein frisch gebügeltes, plan auf dem Tisch liegendes Hosenbein kann man in erster Näherung als Trapez bezeichnen: oben breiter als unten, Längsseiten sind die beiden geradlinigen Brüche. Schaut man aber genauer hin, stellt man fest, daß zumindest der hintere Bruch einer engen, gut geformten Hose nicht geradlinig ist und auch nicht sein darf: Er soll der Ferse anliegen, muß dann aber der Wade Platz bieten, soll in der Kniekehle und am Oberschenkel dem Bein eng folgen und schließlich dem Gesäß den gebührenden Platz ein­räumen. Mancher Modellmacher wünscht darüber hinaus, daß die Vorderhose "elegant" auf den Fuß fällt, wozu ihr vorderer Bruch in Höhe des Unterschen­kels eine leichte Innenkurve aufweisen soll. Um das zu erreichen, muß der von Haus aus ebene Stoff räumlich verformt, mit anderen Worten dressiert werden. Die Aufgabe ähnelt der bereits be­handelten Dressur eines Rückens, ist bei der Hose nur komplexer und benötigt für ihre Lösung größere Platten mit mehr Dressierstempeln. Abb. HDC zeigt ein Karussell zum Dressieren von Hinterhosen. Ein großer Ei­­–förmiger Stempel schafft die für die Wade erforderliche Weite. Andere keilförmige Stempel dehnen den Stoff im Knie-, Oberschenkel- und Gesäß-Bereich.

 

4.3.1.2 Nähte ausbügeln

Wenn aus je zwei Vorder- und Hinterhosen zwei röhrenförmige Hosenbeine entstanden, aber noch nicht paarweise zusammengenäht sind, müssen ihre Seiten- und Schrittnähte geöffnet und gepreßt werden. Das Karussell nach Abb. CC15C verfügt in jeder seiner beiden Stationen über zwei schmale, lange und frei auskragende Holme. Man zieht zunächst ein Paar Hosenbeine so auf, daß im ersten Durchgang die beiden Seitennähte ausgebügelt werden können. Wenn sie in die Beladestation zurückgekehrt sind, dreht man jedes Bein um etwa 180o um seine Längsachse weiter, so daß nunmehr die Schrittnähte oben liegen und geöffnet wer­den können. Um alle vier Längs­nähte einer Hose auszubügeln, bedarf es also eines Doppelzyklus (= 2 Programmabläufen).

 

Das ist zu berücksichtigen, wenn eine solche Maschine mit einem Entlader ausgerüstet werden soll. Man kann aber eine Lichtschranke und die zu ihr gehörigen Reflektoren so anordnen, daß die Steuerung erkennt, ob soeben Seiten- oder Schrittnähte gepreßt wurden, ob der Entlader also tätig wer­den soll oder nicht.

 

4.3.1.3 Säume vorbügeln

Das Stoßband am Hosensaum kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn es ein wenig aus dem Hosenbein hervorsteht. Da es andererseits unsichtbar blei­ben soll, kommt es beim Bügeln des Sau­mes darauf an, einen überall gleich­mäßig schmalen Stoß­band­paspel zu bilden. Der Hosensaum-Bügelmaschine nach Abb. FG3S liegt ein ähnlicher Gedanke zugrunde wie der bereits vorge­stellten Patten-Bügelmaschine:

Zwei Blechschablonen, für jedes Bein eine, ragen nach vorn aus den nur wenig geöffneten Bügel­plat­ten heraus. Sie sind dreigeteilt, ihre äußeren Backen lassen sich zum leich­teren Aufziehen der Hosensäume durch Betäti­gung je eines zugeord­neten Fußschalters pneumatisch zusammen­fah­ren. Läßt man den Fuß­schal­ter los, so spreizen sie sich und spannen den Saum samt Stoßband, wodurch sich —unter­stützt durch leichtes Ausreiben von Hand — ein korrekter, überall gleich­mäßig breiter Stoßbandpaspel bildet. Dann fahren die Schablonen nach hinten. Da Ober- und Unterplatte auch bei offener Maschine nur wenig voneinander entfernt sind, unterstützt die Reibung zwischen dem Hosenbein und den Bezügen die Paspelbildung des Stoß­bandes. Sobald die Hosensäume in voller Breite zwischen die Bügel­platten gefahren sind, schließt sich die Oberplatte mit schwachem Druck und hält sie fest, während die Schablonen aus den Hosenbeinen heraus­glei­tend bis in ihre hintere Endlage weiterfahren. Des­wegen stehen sie leider nicht zur sofortigen Wiederbeladung zur Verfü­gung; die vor der Maschine sitzende Bedienungs­person kann die - kurze -Zeit Tauto des jetzt automatisch ablaufenden Bügelprozesses nur dazu benutzen, die vorher gebügelte Hose weg- und die nächste griffgerecht bereitzulegen.

 

Der geringe Zeitaufwand für das Vorbügeln der Säume wird zum guten Teil beim Abbügeln der Hosenbeine wieder hereingeholt: Da die Ansätze der Brüche schon vorgebügelt sind und somit die exakte Naht-auf-Naht-Lage gewährleistet ist, wird das Abbügeln der fertigen Hose wesentlich erleich­tert und beschleunigt.

 

4.3.1.4 Fertigbügeln

Die im Abschnitt 3.4.2 bereits behandelte Hosenbein-Bügelmaschine HRLC weist noch eine Besonderheit auf: Ihre beiden Oberplatten sind längs der Nahtlinie in zwei Hälften unterteilt. Die eine steht fest, die andere kann sich relativ zu ihr einige cm in der Waagerechten bewegen. Durch die Rei­bungskraft erfährt jedes Hosenbein eine leichte Querspannung, die den un­schönen Markierungen längs der Nähte entgegen wirkt. Da bei diesem Verfahren keine Flächenpressung auf die Nahtbereiche ausgeübt wird, ist ein intensives Ausbügeln der Nähte Vorbedingung für ein gutes Bügel­ergebnis. Um den

 

4.3.2          Bundbereich

zu bügeln, bedarf es einer ganzen Reihe von Bügelschlägen, für die man sich einer Maschine mit pilzförmigen Formplatten nach Abbildung HBSP bedient. Diese selbst ist nicht so interessant wie ein branchentypisches Phänomen, das man an ihr landauf, landab beobachten kann: Während es für jeden Betrieb selbstverständlich ist, Hosenbeine auf automatischen, d.h. pro­gramm­gesteuerten Maschinen zu bügeln, sieht man fast aus­schließlich manuell, oder präziser gesagt, über Fußschalter gesteuerte Hosenbund-Bügelmaschinen im Einsatz. Als Argument dafür hört man, daß zum Bügeln eines Hosenbundes zwar eine ganze Reihe, jedoch nur kurzer Bügelschläge erforderlich sei, die den Einsatz einer Automatik nicht lohnten. Als ob nicht jeder Quadratzentimeter im Bundbereich aus dem gleichen Stoff bestünde wie die Hosenbeine und folglich auch mit dem gleichen Programm behandelt werden müßte wie jene! Gelegentlich hört man ein Weinen über unbefriedigende Quali­tät beim Bügeln des Bundbereichs, doch zu der nahe­liegenden Lösung, zwei programmgesteuerte Bund-Bügelmaschinen in über­lappender Arbeitsweise von einem Bügler bedienen zu lassen, haben sich erst wenige Hosenhersteller durchgerungen.

 

4.4             Röcke

4.4.1          Markieren

Es erleichtert und beschleunigt das Fertigbügeln von Faltenröcken, wenn schon in einer frü­hen Produktions-Phase die Lage der Falten festgelegt wird. Dazu dient die Karussell-Bügelma­schine nach Abb. FA2C. Ihre obere und ihre beiden unteren Preßplatten sind plan, besitzen jedoch einen umlaufenden Rahmen, auf dem Dreikant-Stäbe befestigt sind. Diese wirken wie sehr stumpfe Messer und prägen das gewünschte Faltenbild in die zugeschnittenen, ansonsten aber noch nicht weiter verarbeiteten Rockbahnen ein. Die Dreikant-Stäbe können mit Hilfe von Maßskalen beliebig, in gewissen Grenzen auch schräg eingestellt werden. Bei häufig wechselnden Falten­bildern empfiehlt es sich, einen zweiten Satz Dreikant-Stäbe mit­samt Rah­men zu verwenden, damit die zeitraubenden Ein­stellarbeiten außer­halb der Maschine vorgenommen werden können,  während diese noch produk­tiv ist. Das

 

4.4.2          Ausbügeln der Nähte

von Röcken gleicht dem von Hosenbeinen, und deshalb gleicht auch die dafür ein­gesetzte Maschine CC7C bis auf die etwas geringere Länge der Holme dem bereits vorgestellten Karussell CC15C. Das

 

4.4.3          Fertigbügeln

geschieht am rationellsten mittels Formplatten, wie sie die Maschine nach Abb. RC besitzt. Sie weisen eine Wölbung zur Aufnahme der Hüftweite auf und erfassen pro Schlag eine Rockbahn in voller Länge vom Bund bis zum Saum. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß das Futter entweder noch nicht eingenäht oder so beschaffen ist, daß es mitgebügelt werden darf.

 

Wenn keine dieser beiden Bedingungen erfüllt ist, muß man mit den flachen Platten einer Universalbügelmaschine zwischen Oberstoff und Futter fah­ren; da beide jedoch meist am Reiß­verschluß, jedenfalls aber am Bund zusammen­genäht sind, kann dieser nicht im gleichen Schlag mit erfaßt, sondern muß in einem zusätzlichen Arbeitsgang auf einer pilzförmigen Maschine gebügelt werden.

 

4.5             Krumpf-Prüf-Bügelmaschine

Textile Flächengebilde sind während ihrer Herstellung mannigfachen mecha­­nischen Spannun­gen ausgesetzt, und wenn man ihnen in der Aus­rüstung keine Gelegenheit gibt, diese Spannungen abzubauen, tun sie es spätestens unter dem Einfluß der Tempera­tur und Feuchtigkeit des Dampfes beim Bügeln. Dieser auch Relaxation genannte Vorgang wirkt alles andere als "relaxend" auf den Beklei­dungs­hersteller: nicht der Spannungs-Abbau in seiner Ware, sondern die damit Hand in Hand gehende Längen- und Breiten-Veränderung seiner - bereits auf Maß zuge­schnittenen - Werk­stücke setzt nunmehr ihn unter Stress.

 

Um die Frage entscheiden zu können, ob eine durch Bügeln bewirkte Maß­änderung textiler Flächengebilde tolerierbar ist oder nicht, muß zunächst einmal definiert werden, wie sie zu ermit­teln ist. Das regelt die Norm DIN 53894 Teil 2 in allen Einzelheiten einschließlich der dafür zu verwenden­den Bügelmaschine.

 

5                Sonstige Bügelgeräte  

5.1             Manuelle Bügelgeräte  

5.1.1          Dampfbügeleisen

Nach dem heutigen Stand der Technik ist eine Reihe von Bügelarbeiten, z.B. das Öffnen von Nähten, nicht zu mechani­sieren, sondern kann nur mit von Hand geführten Bügel­eisen ausgeführt werden.

 

Mit Bügel­­maschi­nen haben sie gemein, daß sie Klei­dungs­­stücke unter dem Einfluß von Feuch­tigkeit und Wär­me durch Pressen umformen. Eine der "formbestimmenden Platten" ist ihre Sohle, die andere kann die Unterplatte einer Bügelmaschine oder ein Bügeltisch sein.

 

Auch ihr konstruktiver Aufbau ähnelt dem Bügelkörper einer Maschine: Über einen Teflon­schlauch wird ihnen Dampf von ca. 5 bar zugeführt, der sie auf ca. 140o C erwärmt. Das anfallende Kondensat, dessen frei werdende Kon­densations-Wärme über die Bügeleisensohle an das Bügelgut fließt, wird über einen zweiten Teflonschlauch abgeleitet. Betätigt man das Dämpf­ventil, so wird dem Kreislauf Dampf entnommen, der durch Kanäle in die Sohle und von hier durch kleine Bohrungen in das Werkstück strömt, dem er weitere Wärme und Feuchtigkeit bringt.

 

Wegen seiner einfachen Bauart ist ein Dampfbügeleisen robust; dann und wann fällige Repa­raturen sind einfach und kostengünstig auszuführen. Seine Energiekosten sind gering, die Tempera­tur seiner dampfbeheizten Sohle in engen Grenzen konstant, ohne es dazu eines Reglers bedarf.

 

Dieser letztgenannte Vorteil kann sich in gewissen Fällen als Nachteil er­weisen, nämlich dann, wenn das Bügelgut eine höhere Temperatur verlangt, als man sie bei einer Beheizung durch den überlicherweise zur Verfügung stehenden Bügelei-Dampf von 5 bar erzielen kann. Bestimmte Fut­terstoffe bügelt man deshalb mit

 

5.1.2          Elelektro-Dampf-Bügeleisen

     Wie ihr Name sagt, werden sie elektrisch beheizt. Der dazu notwendige Heizwiderstand kann entweder eingebaut oder in die Sohle eingegossen sein. Die installierte Leistung liegt im Bereich von 0,8 - 1 [kW]. Sie wird allerdings nur während der Aufheiz-Phase voll in Anspruch genommen, im laufenden Betrieb schaltet ein Regler die Heizung ab, wenn die gewählte Soll-Temperatur erreicht und wieder ein, wenn sie um ein bestimmtes Maß unterschritten wird.

 

Dampf wird auch einem Bügeleisen dieser Bauart zugeführt, jedoch nicht kontinuierlich, son­dern nur dann, wenn über einen am Handgriff angeord­neten Mikroschalter ein externes Magnet­ventil geöffnet wird. Er strömt dann mit nur noch geringem Überdruck durch einen Silikon-Gummischlauch und labyrinth-artige Kanäle in der Sohle zum Bügelgut. Dabei beheizt er nicht etwa das Bügeleisen, sondern nimmt im Gegenteil von ihm Wärme auf, die den Wärmeverlust deckt, den er auf dem Weg vom Magnetventil durch den Schlauch zum Eisen erleidet.

 

5.1.3          Bügeltische

Wenn die verarbeiteten Stoffe nicht allzu widerspenstig sind, reicht die Flächenpressung, die man von Hand an der Sohle eines Bügel­eisens erzeugen kann, zum Ausbügeln von Nähten aus. Unter dieser Voraussetzung kann man  diesen Arbeitsgang auf einem Bügeltisch oder -bock ausfüh­ren, der nur den Bruchteil der entsprechenden Bügelmaschine kostet, weil er im wesent­lichen nur aus deren Unterplatte besteht. Wie diese muß ein Bügeltisch absaug­bar sein, um die vom Bügel­­eisen in das Werkstück gebrachte Wärme und Feuch­tigkeit wieder abzutransportieren, und auch beheiz­t, damit der Dampf nicht auf ihm kondensiert.

 

Ein anderes Anwendungsgebiet finden Bügeltische beim Nachbügeln des Futters, wofür bis heute niemand eine Maschine erfunden hat.

 

5.2             Finisher

nennt man Geräte, die mit Bügelmaschinen das Ziel gemein­sam haben, fer­ti­ge Kleidungs­stücke durch Ein­wirkung von Feuchtig­keit und Wärme zu ver­schönern. Finishen unterscheidet sich vom Bügeln jedoch dadurch, daß nicht mittels Preßplatten Druck auf das Werkstück ausgeübt wird, sondern daß es durch von innen nach außen hindurch­geblasenen Dampf und nachfol­gende Luft unter Zugspannung ge­setzt und dadurch geglättet wird. (Der Name die­ser Geräte leitet sich nicht etwa von der lautmalerischen Wiedergabe der von ihnen erzeugten Zisch-Geräu­sche, son­dern vom engl. "to finish - den letzten Schliff geben" ab.)

 

Die Schwäche dieses Verfahrens besteht darin, daß die Werkstücke nicht die Form bekommen, die sie anneh­men sollen, sondern die, die sie anneh­men wollen (bzw. aufgrund ihres Schnittes annehmen können). Finishen ist des­halb nur bei Kleidungsstücken aus solchen Materialien ange­zeigt (und dann in der Tat oft das einzig Machbare), die die Einwirkung einer mechanischen Pres­sung nicht vertragen oder wegen geringer Qualitäts-Ansprüche ihrer nicht bedürfen. Als Beispiele seien genannt:

5.2.1          der Kragen-Dämpfapparat nach Abb. VK,

5.2.2          der Ärmelbläser nach Abb. AFS sowie

5.2.3          Hosen-Topper für Jeans.

 

 

9       Literatur-Verzeichnis

9.01  Maria Breuers und Angelika Augennadel:

         Bügelfaktoren Bekleidungstechnische Schriftenreihe Band 18 Berlin 1977

9.02  A. Augennadel, H.-J. Berndt, M. Breuers und M.-L. Kehren:

         Ermittlung optimaler Bügelbedingungen

         Bekleidungstechnische Schriftenreihe Band 32 Berlin 1981


6   Fixieren

6.1         Aufgabe

     Bestimmte Bereiche von Kleidungsstücken gewinnen und behalten eine gute Form nur dann, wenn der Oberstoff an diesen Stellen von einer zwei­ten, unsichtbaren Textilschicht gestützt wird. Das gilt für eine Vielzahl eng begrenzter Zonen, die beim Tragen besonders beansprucht werden, wie Tascheneingriffe, Armlöcher etc., aber auch für ga

nze Vorderteile. Man nennt solche Hilfsschich­ten "Einlagen". Der Ausdruck "stützen" wurde mit Bedacht gewählt; auch "ver­stär­ken" mag noch durchgehen; schon den so ähnlichen Begriff "versteifen" aber niederzuschreiben, sträubt sich die Feder Nadeldrucker: Steif wer­den und damit seinen weichen textilen Griff verlieren soll ein Kleidungs

­stück durch seine Einlagen unter gar keinen Umständen. Also gilt es zunächst, ein Einlage-Material zu finden, was stützend und formerhaltend wirkt, den schwer definierbaren "weichen Griff" aber nicht beeinträchtigt. Für jede nur denkbare Aufgabenstellung steht heute als Einlage-Material eine solche Fülle von Geweben, Gewirken und Vliesen

aus so vielen unterschiedlichen Fasern zur Verfügung, daß nur ein Spezialist den Überblick über diese Vielfalt behalten kann.

6.2         Verbindungs-Techniken

     Die nächste Aufgabe lautet dann, das Einlagematerial mit dem Ober­stoff dauerhaft zu verbin­den.  Als Verbindungsverfahren für tex­­tile Werkstücke hat

6.2.1      Nähen

     eine lange Tradition, und wenn es darum geht, Einzelteile entlang ihrer Ränder miteinander zu verbinden, auch keine Konkurrenz. Oberstoff und Einlage sollen aber flächig und zumindest auf der rechten Seite des Ober­stoffes unsichtbar miteinander verbunden werden. Bei einer gewissen Stoff­dicke ist das mit speziellen Nähmaschinen mit g

ebogener Nadel, sogenannten Blindstich-Maschinen möglich. Wenn aber dünne Oberstoffe - und gerade die haben eine Einlage ja am ehesten nötig - verarbeitet werden müssen, sind die Gren­zen der Nähtechnik bald erreicht. Außerdem ist ein solcher Nähvorgang schwer zu automatisieren und trotz hoher Stich­ge­schwin­­digkeit zeitauf­wendig.

     Also liegt es nahe, die äußere mit der inneren Textilschicht durch 6.2.2         Kleben

zu verbinden. Das ist grundsätzlich möglich, birgt aber eine solche Fülle von Problemen, daß sich dieses Verfahren erst seit Ende der sechziger Jahre, dann aber auf breitester Front durchsetzen konnte. Die an klebe-fixierte Kleidungsstücke zu stellenden Qualitäts-Anfor­de­run­gen aufzählen, heißt zugleich auch, eine Liste der damit verbundenen Proble­me zu erstellen.

6.2.2.1 Kleber

     Zunächst gilt es, eine Chemi­kalie zu finden, die an den beiden zu verbinden­den Oberflächen so fest haftet, daß sie sich unter den späteren Trage-Bean­spruchungen nicht mehr vonein­ander lösen können. Ther­mo­­plastische Kunst­stoffe sind dafür gut geeignet. Bei der Einstellung ihres Schmelz­punktes befindet man sich in fo

lgender Schere: Die Schmelz­­temperatur muß einerseits so hoch liegen, daß sie bei keinem spä­te­ren Arbeitsgang wieder erreicht wird, nicht beim Bügeln und auch nicht bei der Chemisch-Reini­gung; sie muß ande­rer­seits so niedrig wie irgend mög­lich sein, um beim Verkleben insbesondere den Oberstoff nicht unnötig ther­misch zu belaste

n, damit er nicht mehr als unver­meid­bar austrocknet und krumpft, und unter gar keinen Umständen Versengungen oder einen Farb-Umschlag erfährt.

     Außerdem darf der erweichte Kleber aus der Klebefuge weder zur rechten Seite des Oberstof­fes "durchschlagen" noch durch das Einlage-Material "rück­vernieten".

     Polyamide mit einer Erweichungs-Tem­pe­ra­tur von ca. 120 [°C] erfüllen diesen Anspruch ideal.

 6.2.2.2        Beschichtungsformen

     Obgleich Oberstoff und Einlage flächig miteinander verbunden wer­den müs­sen, darf der Kle­ber keinesfalls vollflächig aufgetragen werden, denn dann würde die Klebefuge nach dem Erkalten so steif, daß jeglicher Griff dahin wäre. Diese Klippe umschifft man, indem man den Kleber nicht als zusam­men­­hängenden Film, sondern als ein

sehr viele einzelne Verbindungs­punkte schaffendes Granulat anwen­det. Das geschieht nicht etwa erst im Konfek­tions­betrieb; vielmehr beschichtet schon der Hersteller die Einlage mit dem Kleber-Granulat in Rasterform.

6.3         Fixierpressen

 

     haben mit Bügelmaschinen eine Reihe elementarer Funktionen gemein: Sie werden mit tex­tilen Werkstücken beladen, müssen diese erwärmen, pressen und wieder abkühlen; anschließend werden sie entladen. Des­halb überrascht es nicht, daß beide Maschinen-Gruppen einerseits viele konstruktive Parallelen, andererseits aber wegen ihrer unte

rschiedlichen Zweckbestimmung auch deutliche Unterschiede aufweisen. Als erste sind hier die andersartigen

6.3.1      Heiz-Systeme

     zu nennen. Dem aus mindestens zwei Schichten, nämlich dem Oberstoff und der Einla­ge bestehenden Werkstück-Paar muß in möglichst kurzer Zeit so viel Wär­me zugeführt werden, daß in der Klebefuge eine Temperatur erreicht wird, bei der der Kleber erweicht und seine Klebkraft entfaltet.

     Je nach ihrer chemischen Substanz müssen heutige Kleber auf 110 bis 135 [°C] erhitzt werden, um eine zuverlässige Verbindung zwischen Einlage und Oberstoff herzustellen. Die Temperatur in der Klebefuge liegt also nicht nur höher als beim Bügeln, sondern muß darüber hinaus noch auf verschie­dene Werte eingestellt werden können. Die

se Forderung ist mit einer Dampf­­beheizung nicht zu erfüllen, und da Dampf auch nicht zur Befeuchtung der Ware benötigt wird, werden alle Fixierpressen mit einer elektrischen und die weitaus meisten von ihnen mit einer

6.3.1.1 Widerstands-Heizung

     ausgestattet. Sie muß so gestaltet sein, daß die Temperatur sowohl zeit­lich in engen Grenzen konstant als auch über die Preß­platten örtlich gleich­mäßig verteilt ist. Das erfordert hochwertige Regelgeräte. Nicht nur die elastischen Bezüge sowie Laderah­men-Bespannun­gen oder Transport­bänder wir­ken wärmeiso­lierend, s

ondern auch die Einlage selbst. Will man, um eine höhere Mengen-Leistung zu erzielen, im sogenannten "Sandwich"-Verfahren arbeiten, bei dem 2 Einlagen zwischen einem Paar spiegel­bild­licher Oberstoff-Teile liegen, so muß die Wärme auch noch durch eines von ihnen fließen. In jedem Falle muß die Temperatur in den Heizplatten deut­lich höhe

r sein als in der Klebefuge.

     Ein grund­sätzliches Dilemma beim Klebefixieren besteht nun darin, daß einer­seits das Tem­peraturgefälle zwischen Heiz­platte und Kle­be­­fuge groß genug sein muß, damit die Wärme in wirt­schaft­lich akzep­tabler Zeit die Haft­masse erreicht, daß aber andererseits das Werkstück-Paar und insbe­son­dere natürlich der Obers

toff ther­misch nicht höher belastet werden darf als unumgänglich. Je heißer er wird, desto mehr trock­­net er aus und krumpft, und desto höher ist die Gefahr, daß es zu Farb­­ver­änderungen kommt. Das ganze Sinnen und Trachten der Fixier­pressen-Hersteller ist des­­halb darauf gerichtet, die Tem­peratur-Differenz zwischen beheizter

Preß­platte und Klebefuge so groß zu machen, daß ein wirt­schaftlicher Mengen­durchsatz erzielt wird, und sie zugleich so klein zu halten, daß das Pro­dukt keine Schädigung erleidet.

6.3.1.2 Hochfrequenz-Heizung

     Ideal wäre es, die Wärme nicht von außen durch mehrere isolie­rende Schich­­ten an die Kle­bermasse heranzuleiten, sondern sie in ihr selbst zu erzeu­gen. Dieses Ideal kann man verwirklichen, wenn man als Heizsystem einer Fixierpresse ein hochfrequentes elektrisches Feld einsetzt.

     Zum besseren Verständnis dieses Verfahrens müssen wir uns einige wenige physi­kalische Elementar-Kenntnisse aneignen oder ins Gedächtnis zurück-rufen: Die Moleküle vieler Materialien, so auch des Fixiergutes und des Klebers bilden sogenannte elektrische Dipole. Die Elektronen ihrer Atome sind nicht gleichmäßig um sie herum verteilt

, sondern ballen sich an bestimm­ten Stellen. Dadurch wird ein solches Molekül dipolar, d.h. es besitzt einen positiven und einen negativen Pol. In einer Stoffmenge liegen diese Dipole, so lange kein elektrisches Feld angelegt ist, regellos und unge­ordnet. Legt man aber ein elektrisches Feld an, so richten sie sich darin in der Weise aus, daß

 ihr Pluspol zum Minuspol des Feldes weist und umgekehrt, da sich ungleichnamige Pole bekanntlich anziehen. Kehrt man die Feldrichtung um, so richten sich auch die Dipole neu aus, d.h., sie kippen um 180° herum. Erfolgt die Umpolung wiederholt und mit hoher Frequenz, so reiben sich die dauernd umkippenden Moleküle aneinander, wodurch sich ein Te

il der Feld-Energie in Wärme verwandelt.

     Sie entsteht genau dort, wo sie gebraucht wird, nämlich in den zu fixieren­den Teilen ein­schließ­lich der Klebmasse, und nur auf dem wirklich benötig­ten Temperatur-Niveau von ca. 120 [°C]. Das gilt auch dann, wenn viele Material­schichten im Stapel übereinander liegen, da die Umorien­tie­rung der Dipole an allen Stellen des h

ochfrequenten Feldes nach den gleichen physi­kalischen Gesetzen erfolgt. Dehalb kann man viele Werkstücke, als Viel­fach-Sandwich zu hohen Stapeln aufeinander gelegt, gleich­zeitig erwär­men; ja man muß es sogar tun, um eine akzeptable Mengen-Leistung zu erzie­len, denn die Aufheiz-Dauer liegt immerhin in der Größenordnung von ca. 3 Minu

ten. 

     Wo Licht ist, ist auch Schatten! Es überrascht nicht, daß ein Hochfrequenz-Generator teuer ist. Außerdem bedarf es kostspieliger Abschirm-Maßnah­men: Zum einen, damit er nicht zu einem "Rundfunksender" auf der Frequenz von 27,12 [MHz], entsprechend einer Wellenlänge von 11 [m] wird, die für industrielle Zwecke dieser Art mit einer T

oleranz von ± 0,6 % international zugelassen ist. Zum anderen dürfen die an der Maschine arbeitenden Menschen durch die hochfrequenten Schwin­gun­gen gesundheitlich nicht geschädigt werden. Es bleibt abzuwarten, ob die unbestreitbaren Vorteile dieses noch jungen Verfahrens seine Nachteile so klar überwiegen, daß es sich in der Bekleidungs-I

ndustrie durchsetzt.

6.3.2      Preßkraft-Erzeugung

     Damit sich Oberstoff und Einlage innig verbinden, müssen sie, wenn der Kleber weich ist, einer Flächen-Pressung ausgesetzt werden, die zwischen etwa 2 und 5 [N/cm2] beträgt. Je nach Größe der Preßplatten, die bis zu 200 x 90 [cm] betragen kann, werden beträchtliche Preßkräfte erforder­lich; bei Platten von z.B. 150 [cm] x 90 [cm]

= 13500 [cm2], die zu 90 % belegt und mit 3,6 [N/cm2] aufeinander gepreßt werden sollen, müssen es 43740 [N] sein. Weil außerdem die Preßplatten plan und die Werkstücke dünn, die Hübe also kurz sind, bietet sich der hydraulische Antrieb an. 

     Zwar braucht sich der Fixier­pressen-Konstrukteur nicht mit einem solchen Formen-"Reichtum" herumzuschlagen wie sein Kollege vom Bügel­maschi­nen­bau, doch den höchst unterschiedlichen Anforderungen hinsichtlich Größe der Werkstücke und Mengen-Leistung kann auch er nur gerecht wer­den mit einer Vielfalt verschiedener

6.3.3      Bauarten

     Es liegt auf der Hand, daß am Anfang der Entwicklung Fixier­pressen stan­den, die nach ganz ähnlichen Prinzipien gebaut wurden (und werden), wie wir sie bei Bügel­maschinen kennengelernt haben. Auch hier ist die mit Muskel­kraft angetriebene 6.3.3.1 Klapp­arm-Bauart

einerseits die konstruk­tiv einfachste und billigste; anderer­seits fallen ihre bekannten Schwächen in puncto Ergonomie und Mengen­leistung beim Klebepressen stärker ins Gewicht als beim Bügeln: Die Preßplatten sind noch heißer und die Arbeit unmittelbar im "Maul"  größe­rer Maschinen deshalb unzumutbar.

     Viele kleine Teile aus Einlagematerial einzulegen und auf den Oberstoff­teilen zu positionieren, ist zeitraubend. Wenn nicht die Maschine während Tman und die Bedienungsperson während Tauto blockiert sein sollen, muß außer der Preß- min­destens eine weitere Station zum Be- und Entladen vorhanden sein.

     Diese Forderung ist an einer Klebepresse, deren Werkstücke ja eben und dünn sind, grundsätz­lich viel einfacher zu erfüllen als bei einer Bügel­maschine. Es genügt ein ebenes Transport­mittel, um die zu verklebenden Teile in die Preß-Station hinein- und die verklebten wieder aus ihr heraus­zufördern. Dafür drängt sich eine

6.3.3.2 Schiebetisch-Bauart

     gemäß Abb. AHV-TPS geradezu auf. Das Transport-System besteht aus zwei Rahmen, die mit einer Art Trommel­­fell aus geeignetem Material, z.B. tefloni­siertem Glasgewebe bespannt sind. Einer von ihnen befindet sich in der Preßstation, der andere davor in der Be- und Entladestation. Schiebt man diesen in die Preßstation, kommt der dort

 befindliche heraus. Da die Belade­rahmen sehr flach bauen und keinerlei Leitungen an ihnen hängen, bewe­gen sie sich ohne Schwierig­keiten dicht übereinander hinweg. Bei die­ser Bauart empfiehlt es sich, daß die Oberplatte fest im Raum steht, wäh­rend die zu ihr immer parallele Unterplatte den Pressenhub durchfährt. Dabei wird der in de

r obe­ren Ebene laufende Beladerahmen nur ein wenig, der in der unteren Ebene sich bewe­gende etwas mehr von seinen Führungs­bahnen abgehoben.

     Wer nun glaubt, ein solcher Beschickungsrahmen könne so simpel sein wie ein Kuchenblech, das in einen Backofen geschoben wird, wird sich sehr bald mit einem weiteren Problem der Klebefixier-Technik konfrontiert sehen: Die thermoplastischen Haftmassen haben die Tendenz, zur heißen Platte hin zu wandern; dabei kann es geschehen, daß sie n

icht nur in das Einlage­material eindringen, was einer möglichst innigen Verbindung wegen ja erwünscht ist, sondern es bis zu seiner unbeschichteten Oberfläche durch­dringen, was zur Folge hat, daß das Werkstück an der Oberplatte kleben bleibt. Dagegen muß man Vorkeh­run­gen treffen, denn es ist eine unange­nehme und zeitraubende Arbeit

, sie von Hand aus der Maschine zu entfernen. Abhilfe kann man dadurch schaf­fen, daß der Beladerahmen noch mit einem zusätzlichen Niederhalte­rahmen ausgerüstet wird, wie wir ihn in ähnlicher Ausführung, wenngleich mit anderer Zweckbestimmung an Hosen­bein-Bügel­maschinen bereits kennen­ge­lernt haben. Ihn zu schließen und später wi

eder zu öffnen, kostet natürlich zusätzliche Handgriffe und damit Zeit.

     Je nach Anzahl der auf einen Beladerahmen passenden Werkstücke kann die dafür notwendige manuelle Zeit deutlich länger werden als der Preßvor­gang selbst (Tman > Tauto). Dann kann man den Belade-Rahmen und den Klapp-Rahmen an ihm so anord­nen, daß zwei Personen daran arbei­ten können. Reicht auch das nicht, so liegt der Gedanke na

he, an zwei einan­der gegen­überliegenden Seiten der Maschine je eine Be- und Entlade-Station oder sogar deren 2, also insgesamt 4 anzuordnen. Es gibt wohl keine denkbare Variante, die im Laufe der Entwicklung der Fixierpresse nicht ausprobiert worden wäre. Mit ihnen läßt sich zwar eine fast hundert­prozentige Aus­lastung der Maschine erzi

elen, jedoch entstehen für die Bedienungs­personen entweder Warte- oder Wege-Zeiten, und die sind noch weniger hinzunehmen als Still­stands­zeiten der Maschine.

     Also hat man nachgedacht, wie alle drei Verlust-Zeiten zu vermeiden sind, und wandte das Prinzip der

6.3.3.3 Transfer-Straße

     auf das Klebe-Fixieren an. Eine einfache Ausführung zeigt Abb. AHV: Von der Auflege- trägt ein Förderband die Teile in die Preß- und nach dem Verkleben in die Abnahme-Station. Damit sie nicht an der Oberplatte hängen bleiben, läuft um diese herum ein Teflon-Band mit, das "laufend" automatisch gereinigt wird. Sowohl Be- als auch Entla

de-Station sind auf 3 Seiten frei, sodaß an ihnen soviele Personen postiert werden können, wie der Arbeits-Anfall erfordert.

     Kernstück der in Abb. KIEFEL gezeigten Fixier-Transfer-Straße ist die Preß-Station. Ihre Platten stellen zugleich die beiden Elektroden eines Kon­den­sators dar, zwischen denen das hochfre­quente elektrische Feld schwingt und dadurch die Werkstücke erwärmt. Diese wandern auf Tabletts liegend von der Belade-Station aus durch die Anl

age. Aus der Not, daß die recht hohen Stoff-Stapel nur langsam auskühlen, hat man dadurch eine Tugend gemacht, daß diese Transfer-Straße nur auf den ersten Blick eine Einbahn-Straße ist. Schaut man genauer hin, dann sieht man, daß die Tabletts als "Untergrundbahn" zur Belade-Station zurückkehren, wo sie nun, nachdem die Teile sich auf ihrem

 langen Heimweg abgekühlt haben, auch entladen werden.  

     Wenn man aber am Ende der Transfer-Straße nicht in die Metro steigt, son­dern sich fragt, ob denn nicht mit einer kontinuier­lich arbeitenden Fixier-Presse höhere Leistungen zu erzielen sind als mit den bislang vor­ge­stellten intermittierend arbeitenden, gelangt man zur

6.3.3.4 Durchlauf-Presse

     Aus der Spitzenstellung dieser Maschinen im Markt muß man auf ein "Ja" schließen. Eine von ihnen wollen wir jetzt anhand der Abb. MultiStar näher betrachten. In ihrem langgestreckten Aufbau erkennen wir die anfangs genann­­ten Elemen­tar-Funktionen des Klebefixierens wieder: Von einem endlosen Förderband wer­den die Werkstücke von

 der Beladestation durch Heizzone und Preßstation zur Kühlstation getragen, die zugleich Entlade-Station ist. Das

6.3.3.4.1       Transportband

     wird von einem drehzahl-geregelten Getriebe-Motor über die hintere Umlenk­walze angetrieben; durch Verschie­bung der vorde­ren Umlenkwalze kann die richtige Bandspannung eingestellt werden. Außer­dem ist eine Steuerwelle vorhanden, die den seitlichen Bandlauf regelt.

     Vom Beginn der Heizzone an bis hinter die Preßstation werden das untere Transportband und die auf ihm liegenden Werkstücke von einem ebenfalls angetriebenen und mit gleicher Geschwindigkeit laufenden oberen Band be-gleitet. Beide Bänder und das Fixiergut zwischen ihnen durchlaufen die

6.3.3.4.2       Heizzone

     in einer schwachen Wellenform, die ihnen von den ebenfalls wellenförmig angeordneten Heiz-Elementen aufgeprägt wird. Warum das? Um den Ober­stoff zu schonen, darf die Temperatur-Differenz zwischen Heizplatten und Fixiergut nicht zu groß sein; andererseits soll die Wärme möglichst schnell bis in die Klebefuge transportiert werden, dam

it die Heizzone und damit die ganze Maschine nicht unnötig groß gebaut werden muß. Eine gute Wärmeleitung ist aber nur möglich, wenn zwischen Heizplatte und Fixier­gut ein enger Kontakt, sprich eine gewisse Flächen­pres­sung besteht. Dabei darf man nicht aus den Augen verlieren, daß die Heiz­platten ja ortsfest  einge­baut sind, währe

nd sich das Fixiergut an ihnen entlang bewegen muß.

     Zur Verdeutlichung werfen wir einen Blick auf eine als veraltet anzu­sehende Fixierpresse mit planen Heizplatten. Diese sind parallel zueinander mit einem hinreichenden Abstand montiert, damit der Lauf der beiden Transportbänder und der zwischen ihnen liegenden Werkstücke nicht blockiert wird. Infolgedessen besteht zwischen den verschie

denen Schich-ten dieses Systems praktisch keine Flächenpressung, der Wärmeübergang von den Heizplatten an das Fixiergut ist schlecht, die Temperatur steigt längs des Band­weges nur langsam. Damit man eine befriedigende Aufheiz- und Durchlauf-Geschwindigkeit erreicht, kompensiert man diesen Mangel durch eine höhere System-Temperatur, die wied

erum nachteilige Folgen wie erhöhte Krumpfung und Austrocknung der Ware im Gefolge hat.

     Vielleicht ist einmal ein Konstrukteur einer Fixiermaschine bei abge­nomme­ner Schutzverkleidung mit dem Finger zwischen Förderband und Umlenk-Walze geraten. Je nach Bandspannung, die ja - wie wir wissen - einstellbar ist, kann das ein wenig schmerzhaft sein. Wenn es so war, hat dieser Schmerz jedenfalls einen fruchtbaren Gedanken ausge

löst, den wir nun nachvollziehen wollen: Ein umlaufendes Trum an einer zylindrischen Walze wird um den Umschlingungswinkel @ umgelenkt, und wir wollen zunächst der Einfachheit halber annehmen, daß das ohne Reibung geschieht. Die Zugkraft B' im ablaufenden Trum ist dann die gleiche wie B im auflaufenden Trum. Dieses Band wirkt dann auf den Umlen

kzylinder senk­recht zu dessen Achse mit einer Kraft V ein, die sich errechnet zu

     Ohne daß es irgendeiner Gegenplatte oder Anpreßwalze bedarf, entsteht also allein durch die Spannung des Bandes zwischen ihm und der Umlenk­walze die für einen guten Wärmeübergang so erwünschte Flächenpressung, die in diesem Zusammenhang oft auch Kontaktdruck genannt wird. Dadurch, daß man mehrere gegenläufig gekrümmte Heizzonen

 hinter­ein­ander anord­net, ergibt sich die für Durchlauf-Fixierpressen charakte­ristische Wellen­­form des Transportsystems .

     Nun wäre es ja zu schön, wenn man auf diese elegante Weise eine Flächen-pressung erzeugen könnte, die nicht nur für eine gute Wärme-Übertragung, sondern auch für eine innige Verbindung der geschmolzenen Haftmasse mit dem Einlagestoff einerseits und dem Oberstoff andererseits ausreicht. Da der Sinus bei 90° sein Maximum erreicht, m

üßte ein Umschlingungswinkel von @ = 180° ideal sein; man brauchte dann nur noch die Zugkraft des Bandes hinreichend hoch einzustellen. In den Becher dieser Hoffnung fällt leider der bittere Tropfen der Reibung, die wir zunächst außer Betracht ge-lassen hatten. Man muß sich vor Augen halten, daß wir es ja nicht mit einem sich drehenden Hei

zzylinder zu tun haben, sondern mit ortsfest auf einer zylindrischen Fläche angeordneten Heizelementen, an denen die För­der­bänder entlanggleiten. Die Reibungskraft R zwischen ihnen ist aber erstens proportional zur Kraft im ziehenden Trum des Bandes und wächst zweitens nach einer Exponential-Funktion des Umschlingungswinkels @:

     R = B' * (eµ@ - 1)

     Um den Verschleiß der Transportbänder in erträglichen Grenzen zu halten, muß man in praxi mit kleinen Umschlingungswinkeln und entsprechend großen Krümmungs-Radien in der Größenordnung von etwa 3 m arbeiten, womit die für eine innige Verbindung von Einlage und Oberstoff notwendige Flächen­pressung nicht zu erzeugen ist. Vielmehr

 muß der Heizzone ein

6.3.3.4.3       Drucksystem

     nachgeschaltet werden, und da die Kontinuität des Pro­zesses Preßplatten nicht zuläßt, übernimmt ein Druckwalzen-Paar diese Aufgabe. Die obere ist fest im Maschinen-Gestell gelagert, die untere wird ent­weder pneumatisch oder motorisch mit einer einstellbaren Kraft gegen sie gedrückt. Wären die Walzen völlig starr, ergäbe sich n

ur eine Linien-Berüh­rung zwischen ihnen und dem Trans­port-System. Tatsächlich wird auch die Preßkraft pro Walzen­breite, also in [N/cm] eingestellt und angegeben. Da die Walzen jedoch mit einem elastischen Material ummantelt sind, flachen sie sich an der Wirkstelle wie ein Autoreifen an der Straßenoberfläche ein wenig ab, so daß doch ei

ne Flächenpressung zustande kommt.

     Dennoch ist die Einwirkzeit der Preßkraft sehr kurz: Nimmt man einmal an, daß die Abplattungszone, innerhalb der die Werkstücke eine Kraftein-wirkung erfahren, 10 mm breit ist, so beträgt die Einwirkdauer bei einer Bandgeschwindkigkeit von 3 [m/min] entsprechend 50 [mm/s] nur 0,2 [s]. Das reicht für hohe Ansprüche an die Verklebungsq

ualität - und ich kenne niemanden, der keine hohen Ansprüche stellt - offenbar nicht aus. Deshalb sind hochwertige Durchlauf-Fixierpressen mit zwei Preßstationen ausge­stattet. Ein Hersteller löst das Problem dadurch, daß er ein erstes Druck-walzen-Paar in der Mitte der Heizzone anordnet und ein zweites hinter ihr.

     In einer Maschine eines anderen Herstellers passieren die Werkstücke nach dem Aufheizen zunächst ebenfalls ein Walzen-Paar, das den Haupt-Fixier­druck erzeugt. Danach werden sie aber noch nicht freigegeben, sondern ver-bleiben zwischen den beiden Transportbändern, die nun noch um zwei dreh­bar gelagerte Walzen mit einem Umschlingungsw

inkel von je mehr als 180° herumgeführt werden. Dadurch bleiben die Werkstücke, während sie bereits abzukühlen beginnen, noch einer von der Bandspannung erzeugten Flächen­pressung ausgesetzt, wie wir bei unseren vorangegangenen Betrachtungen erkannt haben.

     Die

6.3.3.4.4       Abkühlung

     beginnt spätestens dann, wenn das obere Transportband das Fixiergut freigegeben hat. Ein Teil der ihm zuvor zugeführten Wärme ver­liert es von allein an die Umgebungsluft; man kann den Abkühlungsprozeß aber auch durch aktive Maßnahmen beschleunigen, indem man das Fixiergut entweder über eine wassergekühlte Platte oder über eine A

bsaugstrecke laufen läßt. Man sollte meinen, daß eine rasche, aktive Abkühlung sowohl unter qualitativen als auch quantitativen Gesichtspunkten vorteilhaft ist, doch gibt es auch Fachleute, die dafür plädieren, die Ware nur durch einfachen Wärme­austausch mit der Umgebungsluft abzukühlen, um einen Abkühl­schock und eine dadurch hervorge

rufene Beeinträch­tigung des Griffes zu vermeiden.

6.3.3.4.5       Entladen

     Irgendwo ist auch das längste Förderband zuende, und bevor die Werk­stücke dieses Ende erreichen, müssen sie abgenommen werden. Das geschieht entweder manuell oder durch automatische Entlade-Geräte. In aller Regel liegen mehrere unterschiedliche Werkstücke über die Arbeitsbreite des Trans­port­bandes verteilt nebeneinander. Bei d

er Planung eines Entlade­gerätes muß man also zunächst die Gesamt-Arbeitsbreite aufteilen in die gewünschte Anzahl von Arbeitsspuren. Jede Spur wird dann von einem von mehreren nebeneinander angeordneten Stapler-Modulen bedient. Die Bedie­nungspersonen in der Beladestation sind gehalten, das Fixiergut in der exakten "geographischen" Breite a

ufzulegen, damit es dem zugehörigen Stapler am Ende der Maschine auch griffgerecht "in die Arme läuft". Um die "geographische" Länge hingegen braucht sie sich nicht zu kümmern, da Lichtschranken ein ankommendes Teil erkennen und im richtigen Augenblick den Stapler veranlassen, das von der Kühlstation ablaufende Teil zu erfassen und als oberst

e Schicht auf den Stapel der bereits zuvor entlade­nen Werkstücke abzulegen. Wenn diese relativ lang sind, darf es nicht zu einer Relativ-Bewegung zwischen dem gerade entladenen Teil und dem bereits gebildeten Stapel kommen; dieser muß also mit dem Stapler-Modul hin und her fahren.

6.3.3.4.6       Automatische Beladung

     Während das automatische Beladen von Bügelmaschinen noch in unabseh­barer Ferne liegt, ist diese Aufgabe an Fixierpressen zumin­dest teilweise bereits gelöst. Sie ist auch leichter lösbar, denn bei aller Verschiedenheit in den Umrissen haben die Werk­stücke eines gemeinsam: sie sind eben und von geringer Dicke. Wie wir sehen werden

, ist selbst dieses relativ ein­fache Problem noch kompliziert genug und erfordert beträchtlichen kon­struk­tiven Aufwand. Der augenblickliche Stand der Technik verkörpert sich in einem Belade-Automaten, der mit einer kontinuierlich arbeitenden Presse zum Frontfixieren von Sakkovorderteilen verkettet ist. Um die Auf­gabe überschaubar zu hal

ten, beschränkt man sich also von vornherein auf zwei spiegelbildliche Werkstücke, deren Größe und Umriß nur in relativ engen Grenzen variieren kann, und doch bedarf es schon eines beträcht­lichen Steuerungs-Aufwandes, wenigstens den Größenbereich von Sakkos abzudecken.

     Die Oberstoffteile einerseits und die Einlageteile andererseits gelangen vom Zuschnitt aus in exakt übereinander liegenden Stapeln in je eine der dafür vorgesehenen Magazin-Stationen des Belade-Automaten. Wenn im sogenannten "Sandwich"-Verfahren gearbeitet werden soll, müssen sowohl Oberstoff als auch Einlagematerial doubliert geschnitt

en werden sein. Ein Paar Oberstoff-Vorderteile liegt also mit den linken Stoffseiten einander zugewandt, die zuge­hörigen Einlageteile kehren in ihrem Stapel einander die unbe­schich­teten Seiten zu. Eine elementare und unbedingt zu befolgende Regel in der gesamten Handhabungs-Technik fordert, daß eine ein­mal be­stehende Ordnung so lange w

ie irgend möglich aufrecht erhalten werden muß, weil anderenfalls die weitere automatische Handhabung unnötig kom­pliziert oder gar unmöglich gemacht wird.

     Als erster Schritt muß nun das zuoberst liegende Oberstoffteil - und nur dieses - von seinem Stapel abgehoben werden.

     Zangengreifer, wie wir sie beim Entladen von Bügelmaschinen kennen­ge­lernt haben, kommen dafür nicht in Betracht, weil sie nicht in der Lage sind, mit einem ihrer Finger gezielt in die Fuge zwischen dem obersten und dem zweiten Werkstück einzudringen.

Auch Sauggreifer sind ungeeignet, weil sie poröse Werkstücke nicht mit genügender Sicherheit ver­einzeln können: Je nach Dichte der Werkstücke besteht immer die Gefahr, daß ent­weder keines oder aber mehrere gleich­zeitig gegriffen werden.

Adhäsiv-Greifer hingegen sind brauchbar, um einzelne Stoffschichten auf­zu­picken. Da sie mit einem Klebeband arbeiten, ist ihre Haltekraft zwar begrenzt, reicht aber für die beim Frontfixieren vorkommenden Werkstück­gewichte aus. Wenn die Klebekraft an einer Stelle des Bandes erschöpft ist, wird es ein Stückchen weitertransportier

t.

     Wenn im Sandwich-Verfahren gearbeitet werden soll, müßte ein Adhäsiv-Greifer zweimal zupacken, um die 2 Einlageteile heranzuschaffen. Das kann ein Nadelgreifer schneller: Er setzt sich auf die Stapeloberfläche und läßt dann aus seiner Unterseite zwei gegenläufig sich bewegende Nadeln unter einem flachen Winkel in das Fördergut eind

ringen. Der Winkel und der Nadelvor­schub können in Abhängigkeit von der Schichten-Dicke so ein­justiert werden, daß genau die gewünschte Anzahl von Teilen angehoben wird.

     Zwischen sie und den restlichen Stapel schiebt sich nun ein teflon-beschich­tetes Tablett, das sie in die  Positionier-Station fördert.

     Hier ist der zweite, noch schwierigere Teil der Aufgabe zu lösen, nämlich die das Sandwich bildenden einzelnen Schichten paßgenau aufeinander zu legen. Von oben senkt sich eine rauhe Platte wie eine flache Hand herab auf das auf dem glatten Teflon liegende Werkstück(-Paar) und schiebt es nacheinander in X- und dann in Y­-Richtung so weit vor, bis entsprechend angeordnete Lichtsensoren die Vorschubbewegung stoppen. Während sich das glatte Förder­-Tablett zurückzieht, hält die Schiebehand die Teile noch in der richtigen Position, bevor sie selbst sich wieder hebt. So wird im Dreier-Takt aus erstem Oberstoff, Einlage-Stoffpaar und zweitem Ober­stoff ein Sandwich zusammengetragen.

 

Dieser Vorgang ist nicht nur kompliziert verbal zu beschreiben, er ist wirklich kompli­ziert. Noch komplizierter wäre es, auch noch die zusätz­lichen Klein­teile aus Fixier­material automatisch in das Sandwich einzu­legen. Deshalb haben die Entwickler dieser Belademaschine einst­weilen darauf verzichtet und sie mit einer vierten, der sogenannten Zulege-Station ausgestattet. An ihr steht eine Bedienungsperson, die das soeben erzeugte Sandwich mindestens teilweise von Hand wieder auf­klappt, die zusätzlich notwendigen kleinen Fixierteile einlegt und es dann wieder zuklappt. Kleine, raffiniert ausge­dachte Geräte, die ebenfalls mit Adhäsiv-Greifern ausgestattet sind, erleichtern ihr diese Arbeit, indem sie jeweils eines der erwähnten Kleinteile von magazinierten Stapeln abhe­ben und griffbereit halten.

 

Letzte Aufgabe der Bedienungs­person ist es dann, das komplettierte Sand­wich weiterzuschieben auf das Förderband der Fixier-Presse. Diese Nahtstelle, an der eine taktgebundene und eine kontinuier­lich arbei­ten­de  Maschi­ne aneinander stoßen, soll uns Anlaß sein, in einem

 

6.3.3.5.        Ausblick

kritisch zu fragen, ob die Continue-Fixier-Presse auch in der Zukunft ihre Vorrang-Stellung im Markt behaupten können wird, die sie bislang unbe­stritten einnimmt.

 

Als man sie mit Entlade-Geräten ausrüstete, stieß man zum erstenmal auf das Schnittstellen-Problem, einen kontinuier­lichen mit einem getakteten Vorgang zu verknüpfen, doch bereitete das keine Schwie­rig­keiten.

 

Wenn man aber das Transport­band einer Klebepresse betrachtet, das von einem Belade-Automaten beschickt wird, dann schmerzt es, daß die auf ihm  verbleibenden Lücken weitaus größer sind als die aufgelegten Werk­stücke. Dadurch wird der größte Teil der investierten Fixier-Leistung verschenkt. Wenngleich Handhabungs-Automa­ten in der Beklei­dungs-Industrie noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung stehen, so unter­liegt es doch keinem Zweifel, daß unabhängig von allen tech­nischen Fort­schritten das Zusammentragen von Einlage und Oberstoff ein takt­gebun­de­ner Arbeits­gang bleiben wird.

 

     Hält man sich dann noch die thermischen Vorteile der hochfrequenz-beheizten Maschine vor Augen, die aber ihrer Natur nach nur inter­mittie­rend arbeiten kann, so sei die Prognose gewagt, daß diese, ausgerüstet mit Be- und Entlade-Automaten, die Fixier-Presse der Zukunft sein wird.